Musik

Adam Lambert: „Lasst uns eine Lesbe ins Weiße Haus wählen!“

27. Sept. 2019
Adam Lambert © Franz Szony

Als der neue Sänger von Queen machte Adam Lambert Furore, nun bastelt er mit seiner aktuellen EP auch wieder an seiner Solokarriere. Wir sprachen mit ihm über seine Rolle als Aushilfs-Freddie, Homophobie und das politische Klima in den USA

27.09.19 – Adam, du tourst seit 2011 mit der Rockgruppe Queen. Was hast du durch Freddies Songs über den Menschen dahinter erfahren? Einige seiner Texte sind so esoterisch, dass man sich schon fragt, was er wohl damit sagen wollte – gerade bei Songs wie „Lap Of The Gods“. Dabei ging es ihm wohl darum, mit seiner Sexualität klarzukommen. Eben sinngemäß: „Es ist so einfach, die Wahrheit zu sagen – aber da ich nicht selbst aktiv werden kann, überlasse ich es dem Schicksal.“ Das ist harter Tobak ...

Freddie kam aus einer erzkonservativen Familie und konnte seine Sexualität lange nicht offen ausleben. War das für dich auch ein Problem? Nicht wirklich. Meine Familie ist völlig offen und hat mich immer unterstützt. Insofern habe ich solche Erfahrungen nie gemacht. Und ich bin dankbar, dass wir in einer Zeit leben, in der das kein Tabu mehr ist. Insofern bin ich in der Lage, authentisch zu leben und diesen schwulen Spirit zu repräsentieren. Das Interessante an der Rolle als Queen-Sänger ist auch: Die meisten Fans sind nicht schwul, sondern straight und sehr mainstreammäßig, im Sinne von normal und angepasst. Insofern würde ich sagen: Freddie war seiner Zeit weit voraus.

Dabei hat er – was sein Auftreten betraf – nie ein Geheimnis daraus gemacht. Im Grunde war es offensichtlich. Stimmt! In den 80ern sah er aus, als käme er direkt aus einer schwulen Leder-Bar. Mit Lenkerschnurrbart und schwarzem Leder. Aber die Leute haben nicht kapiert, dass er das ernst gemeint hat. Das war auch lange vor den sozialen Medien. Von daher gab es keine aufgeregte Debatte. All die Rockstars aus den 70ern und den 80ern waren sehr aufgestylt und haben nicht mit Make-up gespart, egal wie es um ihre Sexualität stand. Und ich muss sagen: die heutige Jugendbewegung kommt dem sehr nahe. In queeren und genderfluiden Kontexten passiert so viel, was an die späten 60er und frühen 70er erinnert. Ich finde es aufregend, das zu beobachten.

Hat das damit zu tun, dass wir politisch in ähnlich reaktionären Zeiten leben wie damals und die Jugend erneut rebellieren muss? Es hat sicher mit der politischen Unruhe zu tun und dem Aufeinanderprallen der Nischen- und Mainstreamkulturen. Durch die sozialen Medien hat sich die Kommunikation komplett verändert. Und junge Menschen können heute sein, was sie wollen. Diese Freiheit hatte noch keine Generation vor ihnen.

Was bedeutet das für die politische Führung eines Landes wie den USA, die aus reaktionären, alten Männern besteht? Wäre es nicht höchste Zeit für einen weiblichen oder schwulen Präsidenten? Fuck yeah – und wie! (lacht) Lasst uns endlich eine Lesbe ins Weiße Haus wählen! Das wäre das Coolste und Fortschrittlichste, was ich mir vorstellen könnte. Und sie sollte Schwarz sein.

Wäre Amerika bereit dafür? Wer weiß? Ich erinnere mich noch daran, wie Obama gewählt wurde. Das war wunderbar. Die Atmosphäre in der LGBT-Szene war euphorisch. Nach dem Motto: „Ist das nicht toll? Das ist Veränderung, das ist Fortschritt, das ist das nächste Level.“ Aber hätte man mich zehn Jahre früher gefragt, ob ich es für möglich halte, dass wir mal einen Schwarzen Präsidenten haben, hätte ich gesagt: „Niemals!“ Und ich denke, er war einer der besten, die wir je hatten. Das Problem war, dass das Land nicht geschlossen hinter ihm stand. Und jetzt haben wir jemanden, der einfach lächerlich ist. Womit ich auch nie gerechnet hätte. Es ist schockierend, was sich Trump herausnimmt. Also: höchste Zeit, positive Veränderungen herbeizuführen.

Interview: Marcel Anders

Adam Lambert: Velvet: Side A (More Is More, LLC/EMPIRE), ab dem 27.09. erhältlich

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