Mit der Regenbogenfahne zu den höchsten Gipfeln der Welt!
Dastan Kasmamytov ist vieles. Er ist der erste Kirgise, der sich öffentlich als schwul geoutet hat. Er ist LGBTI*-Aktivist, Web-Entwickler, leidenschaftlicher Radfahrer und vor allem Bergsteiger. Auf den höchsten Gipfeln der Welt hisst er die Regenbogenflahne. Der 28-Jährige aus Bishkek lebt seit zwei Jahren in Berlin. Er macht einen offenherzigen Eindruck und hat immer eine positive Geschichte auf den Lippen, so ernst auch sein Anliegen ist. Wie ein Botschafter zwischen den Welten baut er Brücken, wo auch immer er landet.
Dastans Ziel ist es international auf LGBTI*-Rechte in Kirgisistan aufmerksam zu machen und positive mediale Berichterstattungen zu erwirken. In der ehemaligen Sowjetrepublik Kirgisistan wurde Homosexualität 1998 legalisiert. Ein Gesetz wie in Russland, das „Propaganda“ von queeren Lebensweisen verbietet, wurde entworfen, konnte 2015 jedoch gekippt werden. Trotz einzelner, positiver Veränderungen ist Homo- und Transfeindlichkeit in Kirgisistan weit verbreitet.
Dastan berichtet von Polizeigewalt gegen schwule und bisexuelle Männer und von seinem eigenen, öffentlichen Coming-Out bei einer Pressekonferenz der NGO Human Rights Watch. Sein Coming-Out löste in Kirgisistan einen homofeindlichen Backlash aus. „Inzwischen outen sich mehr Menschen und das ist gut,“ erzählt Dastan. „Die Sichtbarkeit bringt politisch neue Möglichkeiten. Vorher hieß es von offizieller Seite oft, es gebe keine Homosexuellen in Kirgisistan.“
Im Westen wird kaum über LGBTI*-Belange in Zentralasien berichtet und wenn doch, dann meist nur über die Missstände. Dastan will auch positive und inspirierende Geschichten über Queers aus seinem Heimatland lesen. Deswegen setzt er selbst ein Statement für Sichtbarkeit und inspiriert mit seiner Initiative „Pink Summits“ andere queere Menschen aus Zentralasien und der ganzen Welt.
Mit drei Mitstreitern, Hans Martin, Steffen und Christian, erklimmt er die „Seven Summits“, die sieben höchsten Gipfel jedes Kontinents. Dastan hat schon auf dem Gipfel des Elbrus in Russland und des Kosciuszko in Australien die Regenbogenfahne gehisst. Sein letztes Ziel war der Kilimandscharo in Tansania.
Dastan und seine Mitstreiter vor dem Kilimandscharo
Die Berge gehören seit seiner Kindheit zu Dastans Leben dazu: Seine Schulausflüge waren oft mit Bergwanderungen verbunden. Als Dastan LGBTI*-Aktivist wurde, gewann der Sport an Bedeutung für ihn. „Berge waren für mich ein Zufluchtsort. Oft fühlte ich mich dort sicherer als in der Stadt,“ erzählt er. „Klettern und professionelles Bergsteigen können sehr gefährlich sein, aber der queere Aktivismus war gefährlicher.“
Dastan hat in Bishkek das feministische Kollektiv SQ mitbegründet sowie eine Jugendinitiative koordiniert. Er war Mitglied in der kirgisischen LGBTI*-Organisation „Labrys“ und hat sich beim „Global Forum on MSM & HIV“ sowie der „Eurasian Coalition on Male Health“ engagiert. Sein Vorteil gegenüber vielen anderen kirgisischen Aktivist*innen war, dass er gut Englisch spricht und somit internationaler agieren konnte.
Vor zwei Jahren ist er, ebenfalls als erster Kirgise, mit dem Fahrrad von Bishkek nach Berlin gefahren und hat unterwegs Geschichten von queeren Menschen gesammelt. So wichtig queere Repräsentation für Dastan ist, so wichtig ist ihm auch als Bergsteiger aus Zentralasien sichtbar zu sein: „Die meisten Menschen, die die höchsten Berggipfel erklimmen, sind weiße Männer aus dem Westen mit Geld und Privilegien“, sagt er. Für seine Teammitglieder ist es viel leichter ein Visum für die jeweiligen Länder zu bekommen als für ihn.
Deswegen weiß Dastan noch nicht, wann die Reise zum nächsten Berggipfel, dem Aconcagua in Argentinien, losgehen wird. Die Zeit überbrückt er passenderweise mit Bergsteigen und wird den Mount Blanc zur Übung erklimmen. Den Mount Everest hat sich Dastan für den Schluss aufgehoben.
Paula Balov
Auf dem Gipfel des Elbrus