Deutsches „Drag Race”: Heidi als RuPaul?
Gerüchten zufolge soll es bald eine deutsche Fassung von „RuPaul’s Drag Race” geben - ohne queere Themen, dafür mit Bill Kaulitz und Heidi Klum. Zum Weinen, findet Jurassica Parka
Es ist traurig, es ist erbärmlich – eigentlich ist es tatsächlich ein Skandal. Bevor ich aber zu polemisch werde, erkläre ich euch schnell mal den Sachverhalt: Es geht um das TV-Format „RuPaul’s Drag Race”, eine Art „Germany’s Next Topmodel” für Transvestiten, in den USA seit 10 Jahren sehr erfolgreich am Start – präsentiert von einer der bekanntesten Dragqueens Amerikas: RuPaul. Das Format ist eine Mischung aus Seelenstriptease, hysterischem Gezicke und viel Dragshow, ziemlich großes Entertainment also. Aber allem voran ist die Show eines: sehr, sehr queer. Gut so.
Seit Jahren geht das Gerücht in unserer Community um, dass es eine deutsche Fassung der Castingserie geben wird. In Thailand läuft die ganze Chose schon seit längerem sehr erfolgreich – also warum nicht auch hier? Weil die deutschen TV-Sender kleine, armselige Pisser sind. So einfach ist das. Erklär ich euch gleich.
Die amerikanische Produktionsfirma Wow Presents hat die RPDR-Rechte an die deutsche RedSeven verkauft, ein Zulieferer für ProSieben. ProSieben ist sowieso der Feind. Wenn du einmal das Boulevardmagazin „taff” gesehen hast, dann ist dir eigentlich nur noch nach weinen zumute. Der Sender aus Unterföhring ist ja ein Garant für prollige, heteronormative Hirntoten-Unterhaltung.
Aber ich schweife ab. Zurück zum Moderationskarussel: Ich habe mal gehört, dass die damals Olivia Jones als Host angefragt haben. Liegt auch nahe. Wenn du mal aufgefummelt in irgendeinem deutschen Hinterfotzingen rumstöckelst, ist die erste Frage immer: „Bist DU Olivia Jones?” Das nervt – dafür kann aber Olivia nichts.
Naja, die Idee, dass die Hamburgerin den ganzen Kram präsentieren solle, verlief dann im Sande. Jahre gingen ins Land. Immer wieder mal tuschelte die Szene über einen Start von RPDR Germany. Conchita Wurst wurde wohl mal als Moderatöse angefragt. In meinen Augen wäre sie eine sehr gute Wahl gewesen. Conchita ist eine tolle Performerin und zeigt – und das finde ich noch viel wichtiger – Haltung. Gerade jetzt ist das als queere öffentliche Person ein Muss. Die hatte aber keinen Bock. Ich hörte davon, dass sie kein Abklatsch von RuPaul werden wolle. Versteh ich.
Und nun versetzen wir uns mal in die kleinen Arschkriechergehirne von RedSeven. Das Privatfernsehen hat ja sowieso null Interesse daran, queere Menschen in ihrer ganzen Vielfalt adäquat darzustellen. Es existiert nur der schrille, schwule Paradiesvogel. Das war’s. Das ist eine rein kapitalistische Angelegenheit, der Konsument wird bedient und sediert. Da klingelt die Kasse. Die Arschkriecher bei RedSeven haben immer Angst um ihre Werbezeiten. RPDR ist ist dann doch wieder viel zu schwul, die Zielgruppe zu klein. Und es gibt auch keine echten Titten. Das gefällt Jürgen Schulze in Hinterfotzingen gar nicht.
Die Arschkriecher baldowerten nun folgendes aus: viele Berliner Queens wurden unlängst gecastet, das Konzept der Show soll aber komplett entschwult werden. Szenerelevante Themen wie HIV oder Coming-Out haben bei ProSieben so gar nichts zu suchen. Dass das Leben als queerer Mensch ganz vielleicht auch etwas mit der Drag-Kunst zu tun haben könnte… soviel Transferleistung traut man in Unterföhring dem gemeinen Zuschauer nicht zu. Schade.
Und nun lüfte ich das Geheimnis um die Moderation, die steht wohl auch schon fest. Da Joko und Klaas sowieso schon alles auf ProSieben moderieren, kommen die schon mal nicht in Frage. Also muss die Casting-Uschi Heidi Klum ran, ihr Schwager in spe Bill Kaulitz wird in der Jury sitzen. Ich lasse das jetzt mal wirken und facepalme. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn da mal irgendwer an den Hebeln der Macht etwas Mut bewiesen hätte. Wirklich traurig.
Dem Format wünsche ich viel Glück beim Spagat. Ob es für die queere Community genauso relevant werden wird wie das Original? Ich kann es mir leider nicht vorstellen.
Jurassica Parka
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