Transphobe Gewalt gegen Sexarbeiterinnen eskaliert
Tätliche Angriffe auf trans* Sexarbeiterinnen im Froben-Kiez häufen sich. Emy Fem, Aktivistin und Sexarbeiterin, erläutert die Situation. Sie hofft auf Abhilfe durch mehr Polizeipräsenz
„Die Frobenstraße, der Berliner Straßenstrich für trans*
Sexarbeiterinnen, ist gerade am Sterben“, erzählt Emy Fem. Sie ist
Sexarbeiterin, Sexarbeitsaktivistin und Sozialarbeiterin und organisiert seit zwei Jahren das wöchentliche Abendessen für trans* Sexarbeiterinnen im Kurfürstenkiez bei Subway. „Viele Arbeiterinnen planen, wieder in ihre Heimatländer zurückzugehen, weil der Zustand auf der Frobenstraße unerträglich geworden ist. Die Situation ist eskaliert“, sagt Emy.
Denn seit Anfang des Jahres gibt es körperliche Angriffe auf die trans* Sexarbeiterinnen. Jedes Wochenende zur Hauptarbeitszeit, Freitag und Samstag Nacht zwischen zwei und vier Uhr, kommen unterschiedliche Wagen in die Frobenstraße, vollbesetzt mit Männern, die gezielt trans* Frauen angreifen. „Sie werden aus dem Auto heraus mit Glasflaschen beworfen und mit Messern attackiert. Einer Frau wurden die Zähne ausgeschlagen, einer anderen Seifenlauge ins Gesicht gespritzt“, beschreibt Emy die Situation.
Es sind gezielt trans- und homofeindliche Angriffe, da die Angreifer die trans* Frauen als „Hurensöhne“ und „Schwuchteln“ beleidigen. Emy vermutet, dass die Aggressoren männliche Gangs sind, die gerade von einer Party kommen, sich stark fühlen und ihre Männlichkeit beweisen wollen, indem sie „Transen klatschen“.
Viele trans* Sexarbeiterinnen sind deswegen verängstigt und würden am liebsten nicht mehr auf der Straße arbeiten. „Sie haben Angst. Aber das Problem ist: Sie haben keine Wahl. Sie müssen auf der Frobenstraße arbeiten, weil es für sie oft die einzige Möglichkeit ist, an Geld zu kommen“, erzählt Emy. „Sie nagen am Hungertuch. Die Kälte macht ihnen zu schaffen. Nur wenn es gar nicht anders geht, kommen sie auf die Straße und arbeiten.“
Emy fragte die trans* Sexarbeiterinnen beim wöchentlichen Treffen, was sie brauchen. FreundInnen von Emy hatten angeboten, eine Nachtwache oder eine Demo zu organisieren. „Aber das wollten die Mädels von der Straße nicht, weil sie Angst haben, dass das Kunden vergrault. Durch die Kälte ist es gerade sehr schwierig, ausreichend Kunden zu bekommen“, erzählt Emy. „Und genauso, wie Sexarbeit stigmatisierte Arbeit ist, ist es auch stigmatisiert, Kunde von trans* Sexarbeiterinnen zu sein. Vielen ist das peinlich, sie wollen nicht erkannt werden.“
Die Arbeiterinnen sagten Emy, sie wünschen sich professionellen Schutz durch die Polizei. „Normalerweise arbeite ich nicht mit der Polizei zusammen, aber ich respektiere den Wunsch“, sagt Emy. Sie verständigte sich mit der Polizei darauf, dass in Zukunft PolizistInnen auf der Frobenstraße präsent sein sollen, um bei Übergriffen einzugreifen, ihre KollegInnen zu rufen und beispielsweise das Autokennzeichen zu ermitteln. „Sie sollen unauffällig präsent sein, ohne den Geschäftsbetrieb einzuschränken“, berichtet Emy. Es wäre gut, wenn sich die PolizistInnen in Zivil kleideten. „Sonst vergraulen sie die Kunden. Aber sie müssen gegenüber den Sexarbeiterinnen als Polizei out sein. Und sie sollen keine Ausweise oder Arbeitsgenehmigungen der Sexarbeiterinnen kontrollieren. Anzeige erstatten sollen nur die Sexarbeiterinnen, die einen gültigen Personalausweis haben.“
Ab Ende April wird die Polizei versuchen, das Konzept umzusetzen. Emy hofft, dass so die Angreifer abgeschreckt werden.
Naomi Noa Donath
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