Kino

„Hete“ auf der Suche nach Sex mit Männern: „Beach Rats“

6. Jan. 2018
Bild: Edition Salzgeber

Das mehrfach ausgezeichnete Drama „Beach Rats“ ist gemessen an der Story ein eher karger Film, aber auch ein wahrhafter Bildertraum

Frankie ist ein Teenager in Brooklyn, New York, der irgendwie seine Ambivalenz managt: tagsüber straighte Sportskanone, nachts Dates und Sex mit Männern. Allerdings ist ein viel größeres Problem seine innere Hoffnungslosigkeit. Oder ist es Melancholie? Wie die Regisseurin Eliza Hittman ihren Protagonisten diesbezüglich in Szene setzt, ist sensationell und die Kameraarbeit von Hélène Louvart preiswürdig. Der junge britische Schauspieler Harris Dickinson als Frankie gibt mit seinen traurigen Augen und dem sehnsüchtigen Schmollmund einen so glaubwürdigen Lost Boy, dass es unter die Haut geht.

Frankies familiäre Situation ist gelinde gesagt schwierig. Der Vater ist quasi schon abwesend, liegt zu Hause im Sterben, die jüngere Schwester pubertiert aufs Heftigste, und die Mutter versucht, das alles zusammenzuhalten, bemerkt aber, wie ihr der Sohn zunehmend entgleitet.
Nur in raren Momenten wird Frankies Miene von einem Anflug von Lächeln erhellt. Nie, wenn er nachts mit etwas Älteren im Internet chattet, dabei kaum Licht im Zimmer ist, und er seine Kappe tief ins Gesicht zieht. Immer wieder wird er dazu aufgefordert, beim Skypen etwas mehr von sich zu zeigen. Was auch im übertragenen Sinn gilt, denn ebenso im Umgang mit seinen drögen Heterokumpels bleibt Frankie in sich gekehrt. Sie wissen (zunächst) nichts von seinem Doppelleben. Man hängt zusammen ab, dröhnt sich voll, ist auf der Pirsch nach Girls, die in sexistischer Weise taxiert werden. Erst im Hotelzimmer mit einem, der „Mr. Right“ sein könnte, löst sich Frankies starre Fassade auf, auch wenn er gleich nach dem Vollzug von seiner Freundin erzählt. Denn „gay“ ist er nach seinem Selbstverständnis nicht.

„Beach Rats“ ist nicht gerade ein Feel-good- Movie oder Muntermacher, fasziniert aber mit seiner Ästhetik, den Nahaufnahmen und den verwaschenen Farben, in denen selbst ein Ort wie der Vergnügungspark Coney Island, der zugleich Spielplatz der Clique ist, wie eine Ödnis wirkt. Endstation Sehnsucht unterm Riesenrad. Auch das allabendliche Feuerwerk wirkt trostlos in dieser makellosen Zustandsbeschreibung eines jungen Mannes, der womöglich in den Abgrund seines Daseins blickt.

Frank Hermann

Beach Rats,
USA 2017, Regie:
Eliza Hittman, mit
Harris Dickinson (Foto), auf DVD

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