Indien: Homosexualität bleibt strafbar

28.01. Indien – Der Oberste Gerichtshof hat es heute abgelehnt, sein Gerichtsurteil zu Section 377 (Paragraph 377), welche homosexuelle Handlungen kriminalisiert, nochmals zu prüfen. Das Gericht wies entsprechende Forderungen der Regierung zurück. Der Paragraph 377 ist seit Ende 2012 wieder in Kraft. 2009 war das Überbleibsel aus der britischen Kolonialzeit für ungültig erklärt worden.
Die indische Regierung hatte sich um eine Neubewertung bemüht, um „ein schweres Fehlurteil zu vermeiden“. Es sei zu befürchten, dass aufgrund der Rekriminalisierung Tausende Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender einem hohen Risiko ausgesetzt, schikaniert und verfolgt würden, hieß es von Regierungsseite.
Hinter dem Streit um Section 377 steht ein erbitterter Machtkampf
Mit der heutigen Entscheidung wollen sich die indischen Queer-AktivistInnen und liberale JuristInnen nicht zufrieden geben. Harish Salve, Anwalt am Supreme Court, tweetete sogleich: „Das Grundrecht auf Freiheit der Wahl und des Gewissens ist dazu da, diejenigen in der Minderheit vor dem Mehrheitsprinzip zu schützen. Es sollte eine weitere Petition geben“.
Hinter dem Streit um Section 377 steht ein erbitterter Machtkampf zwischen der liberalen Regierungspartei Kongress und den religiös-nationalistischen Oppositionskräften des Landes. Im März wird in Indien die neue Regierung gewählt. Die rechts-konservative, hindu-nationalistische Partei Bharatiya Janata Party (BJP) gilt als kaum noch aufhaltbar. Initiiert wurde die Wiedereinführung der Section 377 allerdings von der muslimischen Organisation „All India Personal Muslim Law Board” (Bericht hier).
Volker Beck: „Bundesaußen- minister Steinmeier ist hier jetzt gefragt”
Eine erste Reaktion von politischer Seite aus Deutschland kommt von Volker Beck, innenpolitischer Sprecher Bündnis90/Die Grünen. Er fordert von der deutschen Regierung eine Reaktion: „Die Bundesregierung sollte auf die indische Regierung Einfluss nehmen, den Respekt der Menschenrechte von Lesben und Schwulen wiederherzustellen! Stimmen aus der Kongresspartei geben Anlass zur Hoffnung, dass eine Entkriminalisierung der Homosexualität auf gesetzgeberischen Weg möglich ist, damit dieses Relikt des britischen Kolonialrechtes endlich überwunden werden kann. Bundesaußenminister Steinmeier ist hier jetzt gefragt.”
Daria A. Eismann/cm
Link: Das indische Männermagazin startet die Gay-Kiss-Initiative „We don't give a damn”