Berlin

Treibhaus-Sauna ist Geschichte

5. Jan. 2014
Screenshot Facebook / Treibhaus

Die Treibhaus-Sauna in der Schönhauser Allee 132 musste nach zwanzig Jahren ihre Tür zum Paradies im Hinterhof schließen – und damit auch Bar, Dampfsauna, Whirpool, Sexkabinen, Spielflächen und Videoecken. Eben alles, wohin Männer sich ganztägig bis in die Nacht gemütlich zurückziehen und miteinander Spaß haben konnten. Aus und vorbei. 

Die Zukunft dieser schwulen Berliner Institution war schon einige Zeit ungewiss. Denn das Haus, in dessen Erdgeschoss und erstem Stock sich die Sauna befand, sollte schon länger verkauft werden. Zwar hatten einige der potenziellen Käufer Interesse am Erhalt der Sauna als größtem Mieter bekundet. Betreiber Achim Teitzel konnte also auf einen neuen Mietvertrag hoffen. „Leider erhielt ein Käufer den Zuschlag, in dessen Konzept zur zukünftigen Verwertung der Immobilie das Treibhaus wohl nicht passt und so auch kein weiterführender Mietvertrag abgeschlossen werden konnte“, heißt es nun auf der Facebookseite der Sauna.

Erlebt Prenzlauer Berg einen pinken Treibhauseffekt?

Erlebt Prenzlauer Berg einen pinken Treibhauseffekt – je heißer die Atmosphäre des Immobilienmarktes, desto weniger schwullesbische Infrastruktur? Das Treibhaus steht in einer Reihe von Institutionen, die in der Gegend aufgegeben haben: Die Namen Pick Ab, Midnight Sun, Romeo, Willis, Burgfrieden und Sonderbar verhallen leise in den ewigen Jagdgründen am Ende des Regenbogens. Dabei geht es nicht immer nur um unbezahlbare Mieten, sondern auch um eine zunehmend intolerante Bürgerlichkeit, die ihre Ruhe haben will – und so auch Nina Queers „Bar zum Schmutzigen Hobby“ aus dem Kiez vertrieb.

Auch in Schöneberg stehen gewachsene queere Infrastrukturen unter Dauerbeschuss, sei es durch überhitzte Immobilienpreise, intolerante NachbarInnen oder – darüber lässt sich nur spekulieren – Hilfestellung für die Entschwulung des Kiezes von Amts wegen.

Brauchen wir eine lokale Berliner Homo-Lobby – im Sinne eines Business-Netzwerks – um nicht über kurz oder lang in der geografischen und gesellschaftlichen Peripherie zu enden? Zum Clubben und Saunieren nach Falkensee? Die Schere zwischen Reich und Arm wird immer größer. Auf welcher Seite wollen wir stehen?

Klar ist jedenfalls, dass wir in den „Aufwertungsgebieten“ nicht mehr unbedingt erwünscht sind. Lange genug durften wir die Stellung halten: In baufälligen Häusern und zwielichtigen Straßenzügen haben wir mit dazu beigetragen, dass die Nachbarschaft sicher und attraktiv für Touristen und Einheimische wurde. Jetzt ist alles schön und neu und wir können gehen.

Torsten Schwick

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