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Vorurteile abbauen: Respektpreis für den Türkischen Bund Berlin-Brandenburg

23. Dez. 2019

Anfang Dezember wurde der Türkische Bund Berlin-Brandenburg (TBB) mit dem Respektpreis ausgezeichnet, der jährlich vom Bündnis gegen Homophobie vergeben wird. Der Preis erkennt besonderen Einsatz für die Akzeptanz von LGBTI* an. 

Der TBB, als überparteilicher Dachverband, engagiert sich seit vielen Jahren auch für queere Menschen innerhalb der türkischsprachigen Community.

Wir sprachen mit Vorstandsmitglied Zülfukar Çetin, Professor für Migration und Diversity an der Universität Basel


Zülfukar, welche Arbeit leistet der TBB?
Wir sind in verschiedenen Bereichen tätig, auf politischer und gesellschaftlicher Ebene sowie in der Sozialarbeit. Wir unterstützen Menschen, die Fluchterfahrung und eigene oder familiäre Migrationserfahrung haben. Ganz konkret heißt das, dass wir bei Wohnungsangelegenheiten und bei Fragen im Arbeits-, Bildungs-, Gesundheits- oder auch im juristischen Bereich helfen. Auf der politischen Ebene arbeiten wir viel mit Vertreter*innen der politischen Parteien zusammen, außer mit der AfD natürlich.

Es gibt auch ein Antidiskriminierungsprojekt …
Das ist ein Beratungsprojekt, das es seit 16 Jahren gibt – das Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin (ADNB). Hier helfen wir Menschen, die aus verschiedenen Gründen diskriminiert werden. Das ADNB hat auch bei der Konzeption des Landesantidiskriminierungsgesetzes für Berlin mitgewirkt.

Was für Berührungspunkte mit queeren Communities in Berlin habt ihr?
Zum Beispiel ist GLADT e.V. Mitglied bei uns. Das ist eine Selbstorganisation von Schwarzen und of Color LGBTIQ* hier in Berlin. Wir haben Projekte gemacht für geflüchtete Queers, für Vielfalt und für Akzeptanz. Der TBB nimmt auch immer teil an Kundgebungen des Bündnisses gegen Homophobie. Unsere grundsätzliche Haltung ist, dass wir uns nicht nur als eine Organisation für Menschen mit türkischer Migrationsgeschichte und Migrationserfahrung verstehen, sondern auch als Menschenrechtsorganisation.

Welche Projekte habt ihr bereits gegen LGBTI*-Feindlichkeit umgesetzt?
Wir haben hier in Berlin zum Beispiel das Projekt „Mein Kind, ohne wenn und aber“, das wir 2018 begonnen haben. Die Idee ist, dass wir Eltern, die queere Kinder haben, unterstützen und ermutigen, damit sie hinter ihren Kindern stehen. Vorbild für diese Idee ist ein Verein in der Türkei von Eltern, die schwule, lesbische, inter* oder trans* Kinder haben. Inzwischen gibt es auch hier in Berlin eine Elterngruppe, die sich regelmäßig trifft.

Wie lange läuft das Projekt noch?
„Mein Kind, ohne wenn und aber“ endet in diesem Jahr. Aber wir wollen gerne weitermachen. Dazu brauchen wir Kooperationspartnerschaften mit unterschiedlichsten Organisationen und natürlich auch mit Fachkräften. Wir wollen weiter aktiv dabei helfen, in der Gesellschaft Vorurteile abzubauen.

Wie geht ihr damit um, dass türkischsprachigen Communities allein aufgrund ihrer Herkunft oft Homophobie unterstellt wird?
Wir können nicht davon ausgehen, dass automatisch eine Person irgendeiner Ethnizität oder Religion homophob ist. Homophobie und Rassismus sind in der gesamten Gesellschaft verankert. Es ist schwierig jemanden pauschal zu etikettieren. Mir selbst passiert es, wenn ich nicht als Schwuler erkannt werde, dann werde ich auch pauschal als "homophober Türke oder "homophober Araber" behandelt. Solche Zuschreibungen an äußeren Merkmalen festzumachen halte ich für sehr gefährlich.

Interview: Andreas Marschner

tbb-berlin.de

Begründungen zu den Nominierungen des Respektpreises 2019 

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