Polen

Wegen ihres Einsatzes für LGBTI*: Pride-Organisatorin gekündigt

10. Okt. 2019
Foto: Monika Drubkowska

Am Sonntag, den 13. Oktober, wird in Polen ein neues Parlament gewählt. Gewinnen wird vorraussichtlich wieder die rechtspopulistische Regierungspartei Prawo i Sprawiedliwość (Recht und Gerechtigkeit), die sich die „Bekämpfung der LGBTI*-Ideologie“ auf die Fahnen geschrieben hat.

Keine gute Aussicht – zumal sich in jüngster Zeit die Schreckensmeldungen über die Situation für LGBTI* in Polen häuften. Erst am vergangenen Samstag überwältigten Polizeibeamte in der Stadt Breslau einen Mann, der mit zwei Messern auf die Teilnehmer*innen der dort stattfindenden Pride zurannte. Die Pride-Parade in Białystok im Juli wurde von Hooligans angegriffen und die Teilnehmer*innen mit Steinen und Flaschen beworfen. Andere LGBTI*-Demonstrationen wurden im Vorfeld massiv bedroht.

Die Aktivistin Monika Drubkowska stellte im August einen Pride in ihrer Heimatstadt Gorzów Wielkopolski auf die Beine. Kurz darauf verlor sie ihre Arbeitsstelle als Marketing Director eines Unternehmens.

Sławomir Starosta hat mit Monika gesprochen

Monika, du hast den ersten Pride in deiner Heimatstadt Gorzów Wielkopolski federführend organisiert. Welche Probleme gab es? Der Bürgermeister und der Vorsitzende des Stadtrats wollten die Schirmherrschaft für unsere Veranstaltung nicht übernehmen. Es gab Hassreden, Drohungen und Beleidigungen in sozialen Medien. Und es wurden Aktionen von Dritten an Orten angemeldet, an denen unser Event geplant war. Damit versuchten sie, unser Vorhaben zu verhindern. Wir bekamen auch erstmal gar keine Erlaubnis, den Pride durchzuführen. Der Fall ging aber zum Gericht und schließlich wurde das Verbot doch aufgehoben.

Wie verlief dann der Pride? Am Marsch selbst nahmen ungefähr 1000 Menschen teil und auf den Bürgersteigen waren weitere 1000 unterwegs, die uns freudig begrüßten. Der Pride wurde von Drag Queen Lelita Petit angeführt. Es war eine tolle Stimmung – ganz im Zeichen der Liebe, der Gleichheit und der Akzeptanz.

Bis zu diesem Zeitpunkt warst du noch als Marketing Director einer Firma tätig, die sich um die Überwachung, Sicherheit und Reinigung von Industrieanlagen kümmert. Wie kam es dazu, dass du den Job verloren hast? Ich bin am Montag wie gewohnt zur Arbeit gekommen. Nach ein paar Stunden wurde ich in das Büro des Präsidenten der Firma gerufen und entlassen. Ich bat um eine Erläuterung der Gründe – doch ich erhielt keine Antwort. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden. Nervös schrieb ich an einen Anwalt und bat um ein Treffen. Seiner Meinung nach handelte es sich um Diskriminierung aufgrund meiner Beteiligung an der Pride-Organisation. Das wurde durch Aussagen von Personen untermauert, die mit dem Unternehmen in Verbindung stehen. Vor Kurzem erhielt ich von der Firma nun einen Brief, in der ich aufgefordert wurde, nicht weiter zu behaupten, dass die Organisation des Marsches und meine sozialen Aktivitäten die Gründe für die Entlassung gewesen seien. Alle diesbezüglichen Kommentare in den Medien solle ich entfernen, andernfalls werde der Fall vor Gericht gebracht.

Wie lief es auf deiner Arbeit vor dem Marsch? Ich war sehr erfolgreich im Verkauf. Dafür wurde ich u. a. mit einer Beförderung belohnt. Ich habe mehr Kunden gewonnen als meine Vorgänger*innen. Ich habe keinerlei Signale erhalten, dass ich die Unternehmensziele nicht erreichen würde – keine Bemerkungen, Ermahnungen, Bestrafungen oder Verweise.

Wie geht es jetzt weiter?
Mein Fall wurde von lokalen Medien aufgegriffen, die Nachricht verbreitete sich. Ich habe das Gefühl, in dieser Stadt keine Arbeit mehr finden zu können. Wahrscheinlich kursieren viele Meinungen und Urteile über mich. Organisator*innen von Märschen aus anderen Städten haben mir ihre Unterstützung und Hilfe angeboten, wofür ich dankbar bin. Meine Situation hat viele Menschen in ganz Polen berührt – das hatte ich so nicht erwartet. Gerade arbeite ich an der Gründung einer Stiftung mit dem Ziel, sozial ausgegrenzten Menschen zu helfen. Mein Traum ist es, ein Zentrum für soziale Integration errichten zu können, zusammen mit einer Unterkunft für LGBTI*-Jugendliche, die sich in Krisen befinden und Hilfe benötigen.

Bedauerst du die Organisation des Prides in Gorzów? Nein. Die negativen Konsequenzen sind nichts im Vergleich dazu, was ich für unsere Community ereichen konnte. Ich träume davon, dass jeder in Polen respektiert wird – unabhängig von seiner Herkunft, Körperlichkeit, Religion oder sexuellen Identität. Diese Märsche sind solange notwendig, bis wir vor dem Gesetz alle gleich sind.

Interview: S
ławomir Starosta
Übersetzung: Andreas Scholz

Unter folgendem Link könnt ihr Monika Drubkowskas Projekt unterstützen: 

pomagam.pl


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