Schwule Führungskräfte grenzen sich nicht von der AfD ab
Wie AfD-freundlich sind Deutschlands schwule Führungskräfte? Das ist eine Frage, die man seit der letzten Mitgliederversammlung ihres Vereins, dem Völklinger Kreis e. V., am 13. Oktober in Hamburg wohl stellen muss.
Denn dort fand offenbar ein Antrag zur Unvereinbarkeit einer VK-Mitgliedschaft mit einer Mitgliedschaft in der AfD – zunächst wohl auch für den Vorstand überraschend – keine Mehrheit unter den 143 anwesenden Mitgliedern, (und 194 zum Teil durch Vollmacht vertretenen Stimmberechtigten). Offensichtlich ein Ergebnis, das dem Vorstand der schwulen Führungskräfte so peinlich war, das ein „vorab nicht erkannter“ Geschäftsordnungsantrag in den Ring geworfen wurde, der die Abstimmung wieder aufhob und den Antrag zur Diskussion an den Regionalrat des Völklinger Kreises verwies. Das alles geht aus dem Protokoll der Mitgliederversammlung hervor, das SIEGESSÄULE vorliegt.
Offensichtlich vor kommenden Presseveröffentlichungen gewarnt, bemühte sich der neue Vize-Vorstandsvorsitzende Alf Spröde am 6. Dezember in einer E-Mail aus der Geschäftsstelle an alle Mitglieder des Vereins um Schadensbegrenzung. In dem Schreiben heißt es unter anderem: „In einer sich polarisierenden Gesellschaft und dem Aufkommen offener rechtsnationaler und extremistischer Tendenzen“ seien „sämtliche Formen von Rassismus, Frauenfeindlichkeit wie auch Homo- und Transphobie (...) nicht nur auf die Mitglieder einer Partei beschränkt, auch wenn sie dort vermehrt vorkommen.“
Den Antrag auf Unvereinbarkeit von AfD- und VK-Mitgliedschaft, der auf der Mitgliederversammlung keine Mehrheit fand, bezeichnet die Geschäftsstelle in dem Schreiben als „sehr kurzfristig eingebrachten Antrag, der jedoch nur Mitglieder einer Partei betraf. Im Sinne unserer grundsätzlichen und deutlichen Positionierung wollten wir keinen übereilten Beschluss fassen, sondern ein nachhaltiges Zeichen setzen.“
Doch die entscheidenden Fragen beantwortet Sprödes E-Mail nicht: Wieso kann sich die Mehrheit der Mitgliederversammlung eines schwulen Vereins, für den laut Eigendarstellung „Vielfalt und Wertschätzung nicht verhandelbar sind“ mehrheitlich nicht dazu durchringen, eine gleichzeitige Mitgliedschaft in der AfD auszuschließen? Wie tief und wie weit reichen die Sympathien für nationalistische und xenophobe Einstellungen innerhalb schwuler Führungskräfte in Deutschland und innerhalb des Vereins, der sie vertritt? Und: War der Geschäftsordnungsantrag, mit dem der Skandal abgewendet werden sollte, überhaupt rechtens und mit der Satzung vereinbar? Fragen, die der neu gewählte Vorstand des VK schnellstens öffentlich und unmissverständlich klären sollte.
Dirk Ludigs