Berlinale

Die Teddy Awards 2017

18. Feb. 2017
Daniela Vega, Monika Treut, Hui-chen Huang, Naoko Ogigami, Lia Hietala (v.l.) © Brigitte Dummer

Nach dem großen Saal der Poststation im letzten Jahr, war es im Haus der Berliner Festspiele an der Schaperstraße diesmal eher kuschlig. Es ist eben ein Theatersaal, was den Blick auf das Bühnengeschehen von allen Plätzen ermöglicht. Technische Pannen gab es so gut wie keine, außer dass die Drag-Assistentinnen sich mehrfach bitten ließen, bis sie die Preise auf die Bühne brachten. Da war vielleicht manchmal ein Schnaps im Weg.

Der kleinere Rahmen und ein abgespecktes Bühnenprogramm mit vier Acts, wenn man den singenden Moderator Jack Woodhead mitzählt, sorgten für einen kurzweiligeren – wenn auch bühnenmäßig weniger glamourösen – Abend als in vergangenen Jahren. Außer Woodhead traten Kerstin Ott („Die immer lacht“), Saleh Yazdani von der Artistenschmiede Base und Bettina Köster (ehemals Malaria!) auf. Die Veranstaltung wirkte mehr denn je wie eine Familienangelegenheit im allerbesten Sinn. In mehreren Wortbeiträgen, ob nun Grußworte oder Dankesreden, wurde daran erinnert, wie wichtig das Zusammenstehen gegen jedwede Bedrohung erreichter Freiheiten ist und erst recht der weitere gemeinsame Kampf gegen Diskriminierung in allen Ländern.

Zu den Preisen: Als bester Kurzfilm wurde „Min Homosyster / My Gay Sister“ (Schweden) von der Regisseurin Lia Hietala ausgezeichnet. Es ist die Geschichte eines jungen Mädchens, das von seiner großen Schwester und deren Freundin lernt, wie Liebe auch aussehen kann.

Der Spezialpreis der Teddy Jury ging an „Karera ga Honki de Amu Toki Wa / Close-Knit“ (Japan). Die japanische Regisseurin Naoko Ogigami zeigt, wie ein von der Mutter vernachlässigtes Mädchen bei seinem Onkel unterkommt. Dessen Partnerin ist eine Transfrau, die zur Pflegemutter wird, eine Aufgabe, die sie mit großer Empathie und leisem Humor ausfüllt. Ungekünstelte Dialoge und skurrile Einfälle sorgen dafür, dass den Film eine große Leichtigkeit trägt.

Der Preis für den besten Dokumentarfilm ging nach Taiwan. In „Ri Chang Dui Hua / Small Talk“ thematisiert die Regisseurin Hui-chen Huang ihre Familiengeschichte. Über 18 Jahre hat sie die sich der Beziehung zu ihrer Mutter gewidmet, die nach der Geburt ihrer beiden Töchter nurmehr lesbische Beziehungen hatte. Ergreifend, berührend und auch tragikomisch.

Den Spielfilm-Teddy bekam der chilenische Spielfilm „Una Mujer Fantastica / A Fantastic Woman“ von Sebastián Lelio, der dieses Jahr der einzige männliche Preisträger blieb. Die Jury lobte das Werk über die Beziehung einer Transfrau zu einem älteren Mann und ihren Kampf um Anerkennung: „Dieser Film zeigt ein sehr authentisches Universum, welches durch die faszinierende und natürliche Leistung von Daniela Vega als Marina geprägt ist.“ Die Hauptdarstellerin nahm den Preis für Lelio entgegen – mit berechtigtem Stolz – und mahnte zugleich, nicht nachzugeben im Kampf für gleiche Rechte, speziell auch für Transgender.

Die feministische Regisseurin Monika Treut nahm unter großem Jubel den Special Teddy Award entgegen. In ihrer Dankesrede forderte sie mehr Frauen in der Regie angesichts der noch immer „lächerlich niedrigen“ Quote und widmete die Auszeichnung zugleich allen weiblichen Filmschaffenden. Und auch sie betonte nachdrücklich, wie wichtig der Zusammenhalt aller diskriminierten Gruppen ist und rief zu Solidarität untereinander angesichts der aktuellen Situation in der Weltpolitik auf.

Es war ein frauendominierter Teddy Award, was die Preise anbetrifft, und mit Kerstin Ott und Bettina Köster waren zwei gestandene Lesben im Programm dabei. Jack Woodhead führte souverän durch den Abend und hinterließ einen mehr als guten Eindruck.

Frank Hermann

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