Filmcheck der Woche

Mordgelüste: „King Cobra"

9. Jan. 2017
© Salzgeber

In „King Cobra“ spielen zwei Hollywood-Stars Rivalen im schwulen Pornogeschäft: Christian Slater und James Franco. Das sind zwei Pfunde, mit denen Regisseur Justin Kelly („I am Michael“) wuchern kann. Zudem ist der Name Brent Corrigan (Garrett Clayton) im Spiel, um dessen Karrierebeginn und Aufstieg zum Internet-Pornostar es am Anfang des Films geht.

Wir sehen ihn auf der Besetzungscouch bei Produzent Stephen, gespielt von Christian Slater. Der verliebt sich in den Jungen mit Basecap und rasierten Beinen. Er verpasst dem Newcomer, der eigentlich Sean Paul Lockhart heißt, den Namen Brent Corrigan und macht ihn bei seinem Label Cobra Video zum Number-1-Twink. „You‘re something very very special“, raunt er ihm ins Ohr. Dabei gibt Slater seiner Figur eine verklemmte Geilheit, die zugleich abstoßend wie anrührend ist. Daneben entwickelt Kelly einen zweiten Handlungsstrang, in dem es um das Leben und Treiben zweier im Vergleich mit Brent nicht mehr ganz taufrischer Escorts und filmischer Selbstvermarkter geht, die als Viper Boyz firmieren. Joe (Franco) und Harlow (Keegan Allen) sind auch privat ein Paar, was sich in leidenschaftlichen Szenen niederschlägt, darunter eine mit Franco als Bottom. Allerdings verlangt der aufwendige Lebensstil des Paares nach mehr Kapital. Sie versuchen also, Brent für ihre Pornoproduktion zu gewinnen, was nicht so einfach ist, denn Stephen besitzt die Rechte an dessen Namen. Und so schmieden die Viper Boyz einen mörderischen Plan.

Die Story basiert auf wahren Begebenheiten: Brent Corrigans Entdecker fiel tatsächlich einem Gewaltverbrechen zum Opfer, und auch der Tatbestand, dass Corrigan bei seinem ersten Dreh erst 17 war, ist verbrieft. Brent beziehungsweise Sean Paul sollte eigentlich einen Kurzauftritt im Film haben, wozu es aber nicht kam. Mittlerweile hat er sich von dem fertigen Werk distanziert, weil es nicht authentisch sei.

Die Einblicke in das Erwachsenen-Entertainment fallen für amerikanisches Mainstreamkino sicher ziemlich explizit aus. Im Vergleich mit dem, was im europäischen Kino an Freizügigkeit bei der Darstellung von Sex und Körpern möglich ist (siehe „Théo et Hugo“), wirken sie für das Sujet hingegen eher dezent. Die satirischen Momente sind gut gesetzt, zum Beispiel wenn Stephen eine grünliche Gesichtsmaske aufträgt oder die Viper Boyz permanent ihre Körper bräunen und tunen. Zwar sind die Szenen zwischen Franco und Keegan so inszeniert, dass sie etwas an „Cruising“ (1980) erinnern: Leder, Lack und Mordgelüste. Dennoch wird bei diesem Blick auf die schwule Pornoindustrie weniger das Negative betont als vielmehr ein erfreulich sexpositiver Vibe angeschlagen.

James Franco überzeugt auch hier in seiner schwulen Rolle, wie bereits als Allen Ginsberg in „Howl“ (2010) oder als Longtime Companion von Sean Penn in „Milk“ (2008). „King Cobra“ ist Milieustudie, Biopic und Drama, gut besetzt, die Ebenen geschickt miteinander verwoben. Nicht die Neuerfindung des Genres, aber gut genug für einen dunklen Winterabend.

Frank Hermann

King Cobra, USA 2016, Regie: Justin Kelly,
mit James Franco, Christian Slater,
Molly Ringwald, Garrett Clayton,
ab 12.01. im Kino


SIEGESSÄULE präsentiert:
Screening bei MonGay, 16.01., 22:00, Kino International

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