Pride Week

Fluss mit lustig – CSD auf der Spree, hier die Bilder

21. Juni 2013
Bild: Sally B

„Wir sind homosexuell und haben Spaß dabei!“ Gloria Viagra wird nicht müde, den verdutzten Touristen die zentrale Botschaft des CSD auf der Spree entgegenzuschmettern. Wie fast jedes der inzwischen auf zehn Boote angeschwollenen rosa-lila Flotte hatte auch das gemeinsame Schiff des Schwuz und der Siegessäule eine stadtbekannte Drag Queen als fröhlich-polternde Gallionsfigur geladen.

Die turmhohe Gloria, direkt vorne neben dem DJ Pult von Kenny D moderierend, übernimmt noch eine weitere Funktion: die der Brückentesterin. Kommt sie unbeschadet unten durch, muss auch die immer enthusiastischer tanzende und puschelnde Menge hinter ihr nicht um die Frisuren fürchten. Und wie immer verbindet Gloria Viagra offensive Feierwut mit politischem Kampfgeist: Denn auch die Botschaft des ständig weitergehenden Kampfes soll von der Spree aus in die Welt gehen.

Am einem der drei Anleger, demjenigen an der O2 World, hatte die Schirmherrin der Aktion, Renate Künast noch fleissig Interviews gegeben. Nun verteilt Gloria Viagra in der brütenden Sommerhitze wütende Buuuuhs sowohl an die chinesische Botschaft als auch an Projekte mit Luxus-Eigentumswohnungen. Alle politischen Brennpunkte kommen zur Sprache: Russland, Georgien, Frankreich und — ganz heißes Eisen zurzeit — barttragende Drag Queens.

Die eingeforderte Toleranz möchte Gloria Viagra allerdings längst nicht auf alles und jeden ausdehnen: „In Berlin wird ja vieles akzeptiert, aber teure Privatjachten brauchen wir nun wirklich nicht!“ Auch die Gäste des Grill Royal kriegen ihr Fett weg. Aber selbst die als „geleckten Viecher“ Titulierten blicken von ihrem überteuerten Mahlzeiten auf und winken höflich zurück. Überall entlang des Spreeufers kommt es zu spontanen Solidaritätsbekundungen: Heteros tanzen im Rhythmus der vorbeifahrenden Schiffe mit, begeisterte Omis winken aus Plattenbauten.

Wie so oft in Berlin hat sich eine gute Idee durchgesetzt, langsam und stetig anwachsend etabliert. Hat das Verteilen der Puschel in den ersten Jahren noch Verwirrung ausgelöst, wissen die erfahrenen Jungs und Mädchen was es gilt, wenn es wieder „Puschelalaaaaaarm“ heißt: Das gerade vorbeifahrende Boot an Lautstärke und Feierwut zu übertreffen.

Schnell waren auch dieses Jahr wieder alle Tickets ausverkauft. Wohl deshalb reihen sich als neuer Trend privat angeheuerte Jollen in die Parade ein. Und auch die Berliner Bevölkerung zeigt sich inzwischen immer besser vorbeireitet: Erstmals erscheinen auf den Brücken Zuschauer, die mit eigenen Puscheln ausgestattet sind.

Zugegeben: Die Idee der queeren Bootsparade ist natürlich aus Amsterdam geklaut — wo man gerade übrigens versucht, sich in einer frech-verzweifelten Gay-Marketing Kampagne als „Gay Capital of Europe“ zu verkaufen. Nun schlägt Berlin um so mächtiger zurück: Boot, dat könn‘we ooch! Wie als Beweis treibt zurzeit Frau Viagras Perücke, in der Hitze des Gefechts über Bord gegangen, friedlich Richtung Elbe und Nordsee — und kündet auch dort von einer fröhlichen Homosexualität.
Carsten Bauhaus

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