ACADEMY AWARDS

Oscars 2016: „Spotlight“ wird bester Film, Sam Smith gewinnt Oscar für James-Bond-Song

29. Feb. 2016

29.02. – Immerhin: Es ist ja schon ein Fortschritt, dass in diesem Jahr bei den Oscars überhaupt über die rassistischen Strukturen in der Academy geredet wurde. Auch wenn für den offensiven Umgang mit der Benachteiligung von People of Color vor allem der Komiker und Moderator des Abends Chris Rock zuständig war. Treffsicher bezeichnete er die Oscars als White People's Choice Awards und schlug auch einen In-Memoriam-Teil vor, in dem die Leute gezeigt werden, die auf dem Weg ins Kino von der Polizei erschossen wurden.

Der Diskurs über Rassismus verpackt als ironisches Entertainment – aber das zumindest so konsequent, dass es in der Nachberichterstattung überall zum Thema wurde. Erfreulich auch, weil in der Geschichte meist selbstverliebte Oscar-Reden an der Tagesordnung waren. Man denke zum Beispiel an George Clooney, der Hollywood vor einigen Jahren verlogen als progressiven, Grenzen sprengenden Raum feierte und Werke wie „Philadelphia“ zu Gralshütern verklärte, weil dort angeblich zum ersten Mal in einem größeren Rahmen Themen wie HIV und Aids zur Sprache gekommen wären.

Neben den rassistischen waren zumindest im Vorfeld auch die homophoben Strukturen in der Academy kritisiert worden, unter anderem von dem schwulen Starschauspieler Ian McKellen. Bei der Oscar-Verleihung 2006 wurde dies besonders deutlich, als mehrere Academy-Mitglieder sich weigerten, den Film „Brokeback Mountain“ aufgrund der darin erzählten schwulen Liebesgeschichte überhaupt zu sichten. Statt an „Brokeback Mountain“ ging der Oscar in der Kategorie „Bester Film“ damals an „Crash“.

Und auch in diesem Jahr wird heftig spekuliert, warum der am heißesten gehandelte Oscar-Favorit „The Revenant“ zumindest in der „Königskategorie“ leer ausging. Vor dem Hintergrund der ganzen Diskussionen im Vorfeld wäre es wohl angeblich ein falsches Signal von der Academy gewesen, solch kerniges Männerkino über den harten Überlebenskampf eines weißen Mannes in der Wildnis als den großen Gewinner des Abends nach Hause zu schicken. Stattdessen wurde der wesentlich stillere „Spotlight“ über die Enthüllung eines Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche als bester Film ausgezeichnet. Während Pädophilie und Homosexualität in diesem Zusammenhang oft in einen Topf geworfen werden, begeht „Spotlight“ diesen Fehler nicht, thematisiert dafür aber, wie homophobe Strukturen dazu führen, dass der Missbrauch von Kindern begünstigt wird. Also ein Film, der durchaus einiges richtig macht und dessen Auszeichnung man als positives Zeichen in Richtung Community werten kann. Das ganz große Statement blieb allerdings aus.

Todd Haynes‘ „Carol“, die Verfilmung von Patricia Highsmiths Lesbenklassiker „Salz und sein Preis“, mit Cate Blanchett in der Hauptrolle war sechsmal nominiert, ging aber leer aus. Einen Oscar gab es für Alicia Vikander als beste Nebendarstellerin. Sie spielt Gerda Wegener, die Partnerin der bekannten Transfrau Lili Elbe, in „The Danish Girl“. Der schwule Sänger Sam Smith gewann den Oscar für den besten Filmsong „The Writing's on the Wall“ aus dem James Bond-Film „Spectre“. In seiner Dankesrede widmete er seinen Preis der LGBTI-Community.

Der große Abräumer mit sechs Oscars – wenn auch nur in Nebenkategorien – war George Millers großartiges postapokalyptisches Filmspektakel „Mad Max: Fury Road“ - ein überwältigender Blockbuster, der mit seiner feministischen Story im letzten Jahr klare Kante zeigte.

Andreas Scholz

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