Politik

Barbara Loth im Interview über ihren Einsatz für Unisextoiletten

23. Dez. 2015

Als erste Berliner Landesbehörde erhielt die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen Ende November Toiletten für alle Geschlechter. Vor allem Trans*-Personen und intersexuelle Menschen sollen sich so weniger diskriminiert fühlen. Doch Staatssekretärin Barbara Loth, die die WCs öffentlichkeitswirksam eröffnete, bekam längst nicht nur positive Reaktionen: „Ich habe gedacht, dass wir in der Diskussion längst weiter sind“, sagt sie im Interview mit SIEGESSÄULE.DE

Frau Loth, Sie haben Ende November 2015 in der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen die erste Toilette für alle Geschlechter in einer Berliner Landesbehörde eingeweiht. Wie sind die Rückmeldungen der MitarbeiterInnen und BesucherInnen bisher? Hier im Haus sind die Rückmeldungen sehr positiv. Die Anliegen trans* und intersexueller Menschen sind bei uns schon seit Jahren ein Thema. Bei den BesucherInnen lässt sich feststellen: Gerade die trans* und intersexuellen Menschen, die etwa zur Beratung zu uns kommen, sind absolut positiv überrascht.

Schon seit Jahren gibt es eine sehr emotional geführte Debatte um das Thema. Der Generalsekretär der Berliner CDU, Kai Wegner, aber auch viele andere kritisierten dabei unter anderem, Berlin habe Wichtigeres zu tun, als sich um neue Toiletten zu kümmern. Was sagen Sie dazu?
Genau dieser Einwand à la „Wir haben hier die Flüchtlingsproblematik und Ihr kümmert Euch um die Toiletten“ wurde von mehreren Seiten geäußert. Allerdings finde ich, dass diese Kritik fehl am Platze ist. Die aktuellen Herausforderungen bedeuten nicht, dass wir uns nicht mehr darum kümmern, Diskriminierung abzubauen. Und da handelt es sich eben oft auch um Dinge, die aus Sicht vieler vielleicht klein erscheinen mögen, aus Sicht der betroffenen Menschen aber ein sehr wichtiger und großer Schritt sind. Insofern bin ich davon überzeugt, dass wir hier ein relevantes Thema haben.

Sie haben in den letzten Wochen immer wieder Hass-Emails von Berliner BürgerInnen bekommen, die Sie für Ihren Einsatz für die Toilette für alle Geschlechter angreifen. Wie gehen Sie damit um? Tatsächlich hat mich eine Vielzahl von Nachrichten erreicht, die ich nur sehr ungern wortwörtlich zitieren möchte, da die Inhalte einfach unter aller Würde sind. Ich bin wirklich erschreckt und enttäuscht, weil ich gedacht habe, dass wir in der Diskussion längst weiter sind. Ich habe aber auch eine große Anzahl sehr positiver Emails erhalten, von Menschen, die gesagt haben „Endlich wagt das mal einer“. Das hat mir Kraft gegeben und ermutigt mich, weiter für das Thema zu kämpfen.

Senatorin Dilek Kolat teilte bereits im Juni diesen Jahres mit, dass die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales ebenfalls neu gestaltete Toiletten bekomme. Wann passiert das und wie ist der weitere Fahrplan? Darüber spreche ich gerade mit der Gesundheitsverwaltung. Ein konkretes Datum, an dem auch dort eine Toilette für alle Geschlechter eröffnet wird, gibt es noch nicht. Im nächsten Jahr werden wir aber einen allgemeinen Fahrplan entwerfen, bei dem gerade auch bauliche Aspekte berücksichtigt werden. Es dürfen nämlich nur solche Toiletten umgewidmet werden, bei denen man einen abschließbaren Raum einrichten kann. Es gibt also durchaus noch einiges zu tun.

In welchen weiteren Bereichen des Lebens würden Sie sich Toiletten für alle Geschlechter wünschen?
Ich kenne keinen Ort, bei dem ich sagen würde, dass ein WC für alle Geschlechter nicht funktionieren würde. Ein besonderes Anliegen wären für mich aber zunächst einmal die Schulen und die Universitäten. Denn die Neugestaltung der Toiletten löst immer auch eine Diskussion über das Thema Geschlecht aus. Und genau diese Diskussion wünsche ich mir in allen Bereichen des Lebens.

Interview: Daniel Segal

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