Politik

Bundestagsausschuss diskutiert Sukzessivadoption

4. Mai 2014
© Mia Brucheisen

Vor über einem Jahr erklärte das Bundesverfassungsgericht Teile des Adoptionsrechts für verfassungswidrig: Gleichgeschlechtliche Lebenspartner haben nach dem Urteil das Recht auf Sukzessivadoption – also das Recht, dass ein Lebenspartner nicht nur das leibliche Kind seines Partners adoptieren kann, sondern auch dessen Adoptivkind.

Das war am 19. Februar 2013. Das Verfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 30. Juni 2014 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen, also wird es langsam Zeit. Jetzt endlich gießt der Bundestag die Vorgaben des Gerichts in rechtliche Formen: In einer öffentlichen Anhörung diskutiert der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestags am 5. Mai (13 Uhr, Paul-Löbe-Haus, Saal 2.600) unter Vorsitz von Renate Künast (Bündnis 90 / Die Grünen) zwei Gesetzesentwürfe in der Sache:  Einer ist von den Regierungsparteien CDU/CSU und SPD, der andere von der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen. Beide Entwürfe setzen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts um. Einige Gesetze werden so geändert, dass Lebenspartner nacheinander ein Kind annehmen dürfen. Gültig ist die Sukzessivadoption übrigens bereits – laut Anordnung des Gerichts aufgrund der „unzumutbaren Nachteile“ durch das bis dahin geltende Verbot.

Trippelschritte zur Gleichstellung

Alles gut also? Könnte man so sehen: Die Erlaubnis der Sukzessivadoption ist ein weiterer Trippelschritt hin zur Angleichung der Rechte von homosexuellen Lebenspartnerschaften an heterosexuelle Ehen. Tatsächlich betont auch dieser Schritt die Ungleichbehandlung von Homo- und Hetero-Paaren: Homo-Lebenspartner dürfen zwar nacheinander ein Kind adoptieren, aber nicht gemeinsam. Hetero-Eheleute dürfen das nur gemeinsam – beides angeblich „aus Gründen des Kindeswohls“. Das ist absurd, und genau so nennen es auch Bündnis 90 / Die Grünen in ihrem Entwurf.

Kritik gibt es auch von zwei der sechs geladenen Sachverständigen, die die Entwürfe vorab schriftlich kommentieren. Constanze Körner, Leiterin des Regenbogenfamilienzentrums in Berlin, das Homo-Paare mit Kinderwunsch berät, kritisiert die Adoptionsregeln: „Die Verfahren sind kompliziert, wenig ermutigend bis hin zu diskriminierend. Lesben und Schwule stoßen immer wieder auf Vorurteile, klischeehaftes Denken und diskriminierende Handlungsweisen.“

Warum nicht gleich die Adoption für Homo-Paare öffnen?

Dr. Isabell Götz, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht München konstatiert, dass es in „absehbarer Zeit“ eine weitere Entscheidung des Verfassungsgerichts geben werde, „die das jetzt neu zu gestaltende Recht wieder als unzureichend und verfassungswidrig erachtet, wenn es sich tatsächlich auf die bloße Zulassung der Sukzessivadoption beschränken sollte“. Sie fordert, „mit wenigen Federstrichen das Adoptionsrecht für eingetragene Lebenspartner insgesamt verfassungskonform zu gestalten“.

Klartext: Irgendwann demnächst wird das Verfassungsgericht auch die „normale“ Adoption für Homo-Paare öffnen. Warum darauf warten und nicht gleich die Homo-Partnerschaft der Hetero-Ehe gleichstellen? Wobei es ja noch einfacher ginge: Lebenspartnerschaft abschaffen, Ehe öffnen.

mgo

Anhörung zur Sukzessivadoption, 05.05., 13:00, Paul-Löbe-Haus, Infos unter: bundestag.de

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