Zaho de Sagazan: „Ich denke, ich bin eigentlich pansexuell."
In Frankreich ist Zaho de Sagazan eine Sensation. Innerhalb von zwei Jahren hat sie es nach ganz oben geschafft. Und nur eineinhalb Jahre nach der Veröffentlichung ihres Debüt-Albums La Symphonie des éclairs bringt die queere französische Sängerin das Album erneut raus – mit sieben neuen Songs, featuring Tom Odell, sowie Cover-Songs von Bowie und Nena
Zaho, warum veröffentlichst du dein Album nochmal neu, so kurz nach seiner Erscheinung? Ganz einfach, weil es aus meiner Sicht noch nicht abgeschlossen war. Erstens war Le dernier des voyages – mein Lieblingslied – nicht auf dem Album, weil der Song bei der Veröffentlichung des Albums noch nicht fertig war. Ich singe dieses Lied bei jedem Konzert. Es sollte unbedingt Teil von der Symphonie des éclairs sein. Außerdem haben wir seit der Veröffentlichung des Albums anderthalb Jahre lang getourt, mehr als 400 Konzerte gegeben. Das erste Album ist ein Chanson-Album mit ein bisschen elektronischer Musik. Aber wenn du mich auf einem Konzert besuchst, siehst du keine kleine Sängerin, die hinter ihrem Klavier singt. Es gibt viel Techno. Und dann gibt es noch die anderen Lieder, die ich inzwischen geschrieben habe. Ich fand, dass es keinen Sinn macht, eine EP zu veröffentlichen oder ein weiteres Album herauszubringen. Erst wenn ich die Tour Ende 2025 beendet habe, möchte ich mich vier Jahre lang im Studio zurückziehen.
„Für mich ist ein Album ein eigenes Universum. Mit der ,Symphonie des éclairs' sind wir mit all den Konzerten und der Neuauflage am Ende dieses Universums angelangt.“
Vier Jahre? Das ist eine lange Zeit. Wer weiß, vielleicht werdet ihr mich auch schon in zwei Jahren wiedersehen. Was aber sicher ist: Ich möchte mit meinen besten Freund*innen in meine Höhle zurückkehren und experimentieren. Ich mag Chanson, ich mach Electro, aber ich mag auch Rock und so viele weitere Musikstile. Für mich ist ein Album ein eigenes Universum. Mit der Symphonie des éclairs sind wir mit all den Konzerten und der Neuauflage am Ende dieses Universums angelangt. Danach werde ich mir ein neues aussuchen. Und ich weiß nicht, ob es sechs Monate oder vier Jahren dauern wird. Aber sicher ist, dass ich eine Pause brauchen werde, um neue Musik zu hören, neue Synthesizer zu entdecken und dann zu experimentieren.
Im Oktober hast du ein Konzert in Berlin gegeben, das innerhalb von ein paar Stunden ausverkauft war. In Frankreich singst du in den Arenen … Im Dezember gibst du Konzerte in den USA, die zum Teil auch schon ausverkauft sind. Wie gehst du mit diesem Riesenerfolg um? Ich glaube, ich kann das immer noch nicht ganz realisieren. Ich frage mich: Warum ist das Konzert in Berlin ausverkauft? Warum machen wir drei Termine in New York? Das ist unfassbar und unglaublich! Als ich das erste Mal in Berlin war, dachte ich mir: „Ich will in Berlin spielen, ich will die Menschen und die Kultur, die ich so sehr liebe, berühren." Aber ich hätte nie gedacht, dass das so schnell passieren würde. Es gab aber auch Momente im letzten Jahr, in denen ich das nicht gut verkraftet habe. Ich spürte den Erfolg kommen und hatte Angst davor – hatte Angst, größenwahnsinnig zu werden, mich zu verändern, wenn ich viel Geld verdiene, meine Sensibilität zu verlieren. Aber letztendlich bin ich immer noch dieselbe, ich habe die gleichen Freund*innen, gehe immer noch in dieselbe Bar, alles ist in Ordnung. Gerade komme ich damit gut klar, denn ich tue das, was ich am liebsten tue, mit den Menschen, die ich am liebsten mag. Ich habe das Glück, unabhängig zu sein und mein eigenes Label gegründet zu haben, sodass ich entscheiden kann, mit wem ich zusammenarbeite.
Seit wann hast du dein eigenes Label? Meine beste Freundin, die auch meine Managerin ist, und ich haben das Label 2021 gegründet. Wir wollten von Anfang an unabhängig sein. Ohne sie hätte ich mich nie getraut, eine Firma zu gründen. Sie wusste aber, dass ich absolute Freiheit brauchte. Klar benötigt es viel Arbeit und viel Energie, sein eigener Boss zu sein. Man hat aber alle Freiheit der Welt in seinem Kopf. Du arbeitest mit wem du willst, du machst was du willst, wann du willst, niemand sagt dir etwas. Ich habe das Gefühl, dass dies die einzige Möglichkeit ist, Kunst zu machen. Ich weiß nicht, wie man es anders machen soll.
In einem Interview mit einem französischen Magazin sagtest du neulich, dass die meisten Menschen im Grunde bisexuell sind. War es eine Art diskreter Coming-out ? Nein. Ich habe das Gefühl, dass alle bereits Bescheid wissen.
Es gibt nicht viele Artikel, die deine Bisexualität erwähnen ... Und ich bin froh darüber, denn ich habe die Nase voll von diesen Dingen. Ich habe meine Bisexualität nie als großes Drama empfunden. Ich hatte das Glück, dass es für meine Eltern kein Thema war. Wäre ich in einer homophoben Familie aufgewachsen, wäre es ein großes Thema gewesen und vielleicht sogar ein Kampf. Bei mir war es aber natürlich, so zu sein, wie ich bin. Als ich die Aussage in dem Magazin gemacht habe, ging es mir nicht darum der Welt klar zu machen, dass ich bisexuell bin. Und ich denke, ich bin eigentlich pansexuell. Ich träume von einer Welt, in der Gender keine Rolle mehr spielt. Was in meiner Jugend eine viel größere Rolle gespielt hat, war die Entdeckung meiner Hypersensibilität. Ich habe lange nicht verstanden, dass ich hochsensibel bin. Das war sehr anstrengend, deswegen habe ich auch ein Lied darüber geschrieben [Die Symphonie der Blitze, Anm. d. Red.]. Aber eines ist sicher: Eines Tages werde ich ein Lied darüber schreiben, dass ich auch Frauen liebe. Aber bisher hatte ich noch nie eine Beziehung.
„Nur romantische Liebe habe ich noch nie erlebt und weiß nicht, wie sich das anfühlt. Ich war aber schon immer von der Liebe besessen."
Du hattest noch nie eine Liebesgeschichte? Ne. Ich habe aber dieses Jahr Sex entdeckt. Man kann das im Album hören [Hab Sex, Anm. d. Red.]. Ich war aber immer von Liebe umgeben, weil ich sehr viele Freund*innen und eine sehr liebevolle Familie habe. Nur romantische Liebe habe ich eben noch nie erlebt und weiß nicht, wie sich das anfühlt. Ich war aber schon immer von der Liebe besessen. Ich glaube, dass ich eine verrückte Liebhaberin der Liebe bin.
Ja, das spürt man in deiner Musik. Vielleicht liegt es daran, dass ich romantische Liebe nie erlebt habe und dadurch das Bedürfnis habe, so viel darüber zu singen. Bei mir geht das Kopfkino schnell los. Ich habe das Gefühl, dass ich bereits eine Milliarde Trennungen hinter mir habe ... Ich lebe viel in meinen Träumen und in meinen Liedern.
Zaho de Sagazan: La symphonie des éclairs (Le dernier des voyages)
Album Release: 25. Oktober
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