„Wir brauchen mehr lesbische Sichtbarkeit – ob in Berlin, Falkensee oder Finsterwalde“
Über Gedenken, Vernetzung und Community bis hin zum Kampf gegen Rechts: aktuelle Themen und Fragestellungen rund um lesbisches Leben werden am Samstag beim Brandenburgischen Fachtag „Lesbisch* sichtbar werden“ diskutiert
Der zweite Fachtag zu lesbischen Themen in Brandenburg findet am 12. Juni auf Zoom statt, organisiert vom Lesben Leben Familie-LesLeFam e.V. Wir sprachen mit Constanze Körner vom Verein
Constanze, ihr organisiert zum zweiten Mal einen Fachtag zum Thema lesbischer Sichtbarkeit. Was erwartet uns dort? Diesmal gibt es keine Schnittchen und keine Ausstellung im Foyer, das Treffen findet virtuell statt. Aber wir greifen Themen vom ersten Fachtag auf, um sie weiterzudenken und daran weiterzuarbeiten. Aktivistinnen geben Inputs, dir wir dann in virtuellen Kleingruppen diskutieren. Ein Schwerpunkt liegt auf Community und Vernetzung. Denn wir brauchen mehr lesbische Sichtbarkeit – ob in Berlin, Falkensee, Finsterwalde oder im Spreewald. Und wir wollen zeigen: Es gibt lesbischen Aktivismus in Brandenburg!
Ein Thema auf dem Fachtag ist das Gedenken an im Nationalsozialismus ermordete lesbische Frauen. Wie ist da der Stand? Seit Jahren streitet Brandenburg über eine Gedenkkugel auf dem ehemaligen Gelände vom Frauen-KZ Ravensbrück. Politische Ausschüsse und Fachausschüsse haben auf die Forderung ablehnend reagiert, Alexander Zinn, der Vertreter der Opfergruppe der Homosexuellen im Beirat der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, warnt davor, damit würde die „Legende einer Lesbenverfolgung“ geschaffen. Wie der aktuelle Stand ist, wird uns auf dem Fachtag Ina Rosenthal berichten, die sich für eine Gedenkkugel einsetzt.
LesLeFam e. V. setzt sich für Regenbogenfamilien ein. Wie stehen die Chancen, dass der bald neu gewählte Bundestag endlich das Abstammungsrecht reformiert? Das kommt natürlich darauf an, wie er zusammengesetzt ist. Im besten Fall dürfte es relativ schnell gehen, jedenfalls schneller als ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das sich gerade mit dem Thema befasst. Aus unserer Perspektive ist allerdings wichtig, dass nicht nur die Zwei-Mütter-Familien im Fokus stehen, sondern auch die Familien mit trans* Eltern und Familien mit mehr als zwei Elternteilen.
Bei Mehrelternschaft geht es darum, dass ein Kind mehr als zwei Sorgeberechtigte haben kann, zum Beispiel zwei Mütter und zwei Väter. Was ist die rechtliche Leerstelle bei trans* Eltern? Momentan sagt das BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Mutter ist die Person, die das Baby geboren hat. Und wenn trans Männer ein Kind zur Welt bringen, dann werden sie mit ihrem Dead Name in die Geburtsurkunde des Kindes eingetragen, weil dort nur eine weibliche Mutter stehen kann. Das ist eine Riesendiskriminierung! Und zwar sowohl für das trans* Elternteil als auch für das Kind, was dann einen Elternteil hat, den es nicht mehr gibt.
Das Lesbenfrühlingstreffen, das am Pfingstwochenende virtuell stattgefunden hat, hat eine Debatte um Transfeindlichkeit in der lesbischen Community ausgelöst. Wie hast du diese Debatte wahrgenommen? Ich bin entsetzt darüber, wie unsolidarisch und rückwärtsgewandt einige Diskussionen verlaufen sind, gerade im Netz. Ich persönlich bin nicht in den 1970ern verwurzelt – da bin ich erst geboren. Wir haben uns gesellschaftlich unglaublich weiterentwickelt in den vergangenen Jahren. Es ist gut, dass wir mehr Vielfalt haben – auch innerhalb unserer Community. Trans* Personen darf nicht das Recht abgesprochen werden, ihre eigene Identität zu bestimmen.
Im September sind die Bundestagswahl und die Landtagswahl in Berlin. Auf dem Fachtag wird es auch um Rechtspopulismus gehen. Wo stehen wir im Kampf gegen Rechts? Dazu haben wir die Lesben gegen Rechts eingeladen. Ich bin selbst gespannt, welche Aktionen demnächst geplant sind, in einer Zeit, in der sich die Parteien immer mehr im Wahlkampf befinden.
Auf der einen Seite engagieren sich Lesben gegen Rechts – auf der anderen Seite ist die lesbische Politikerin Alice Weidel wieder Teil des Spitzenduos der AfD für die Bundestagswahl. Es ist unglaublich, dass die bekannteste Lesbe in diesem Land ausgerechnet die Spitzenkandidatin der AfD ist! Ich weiß nicht, wie sie in den Spiegel gucken kann, wo doch ihre Ehefrau in Sri Lanka geboren ist und die beiden gemeinsam zwei Kinder großziehen. Die AfD sagt klar, dass sie gegen Geschlechtervielfalt und sexuelle Vielfalt ist und argumentiert gleichzeitig: „Wir haben doch eine lesbische Frau an der Spitze, was habt ihr denn, wir sind doch ganz offen!“ Das erschwert die Auseinandersetzung. Aber wir wollen zeigen, dass wir hingucken – und dass wir viele sind.
Digitaler Fachtag zu lesbischen Themen in Brandenburg „Lesbisch* sichtbar werden“, 12.06., 13:00 bis 18:00 auf Zoom
Mit u. a. Ilona Bubeck, Ina Rosenthal, Martina Hape und Lisa Haring
Anmeldung unter: info@leslefam.de
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