Wahlkampf der Rechten: Themen Transgender und Migration als Mittel für Propaganda
Die Wahlkämpfe von Donald Trump und AfD zeigen: Vor allem die Themen Transgender und Migration eignen sich als Mittel für Propaganda. Kulturwissenschaftlerin Katrin M. Kämpf beleuchtet das politische Kalkül dahinter und was die LGBTIQ*-Community dagegen tun kann
Seit der Wahl von Donald Trump wird Tag für Tag deutlicher, dass auch auf LGBTIQ* harte Zeiten in den USA zukommen. Als zukünftigen Gesundheitsminister nominierte Trump den Verschwörungsideologen Robert F. Kennedy, der mehrfach bekundete, Chemikalien im Trinkwasser führten dazu, dass Kinder trans oder gay würden. Als zukünftigen Grenzschutzbeauftragten stellte er den rechten Hardliner Tom Homan vor, der damit prahlte, Massenabschiebungen von bis zu 20 Millionen Menschen mithilfe des Militärs vornehmen zu wollen. Eine seit Jahren gut ausgebaute Deportationsmaschinerie, US Immigration and Customs Enforcement (ICE), und zahlreiche im letzten Jahr durchgesetzte Gesetze, die trans* Menschen aus dem öffentlichen Leben drängen sollen und den Zugang zur Gesundheitsfürsorge radikal einschränken, treffen nun auf eine Regierung, die willens ist, sie großflächig zu nutzen. Ergänzt wird diese Katastrophe von der Demütigung, dass sich bereits kurz nach der Wahl Stimmen aus dem demokratischen Spektrum mehrten, die behaupteten, die „transgender debate“ habe Kamala Harris den Sieg gekostet. Tatsächlich hatte Trump sich im Wahlkampf insbesondere auf zwei Themenkomplexe fokussiert: Transgender und Migration. So schwurbelte er, Kinder würden unter Harris in Schulen geschlechtsangleichende OPs verpasst bekommen und haitianische Migrant*innen Katzen essen, er versprach eine transmisogyne und binäre Sportpolitik und ein staatlich orchestriertes Im-Stich-Lassen von trans* Kindern. Transfeindliche Werbespots komplettierten Trumps diffamierenden Kampf ums Weiße Haus. Welche Rolle diese Motive beim Sieg gespielt haben, ist noch nicht im Detail erforscht. Eine Gallup-Umfrage deutet allerdings darauf hin, dass wirtschaftliche Überlegungen für Wähler*innen der Republikaner der wichtigste Faktor bei den Wahlentscheidungen waren.
Die Idee, es gebe eine unveränderliche, rassifizierte und vergeschlechtlichte Identität, [...] ist in rechten Strömungen traditionell dominant.
Auch in Europa schwören sich in den letzten Jahrzehnten Rechte und Neonazis zunehmend auf eine Mischung von Transmisogynie, Queerfeindlichkeit und Rassismus ein. Das zeigt nicht nur der Anti-Trans-Wahlkampf der Tories in Großbritannien bei den Parlamentswahlen im Juli. Das zeigen auch hierzulande die Angriffe auf CSDs in diesem Sommer. In Bautzen beispielsweise versammelten sich Faschos unter dem Motto „Gegen Genderpropaganda und Identitätsverwirrung” mit Bannern wie „Es gibt viele psychische Probleme, aber nur zwei Geschlechter” und brüllten rassistische und antimigrantische Parolen. Die Idee, es gebe eine unveränderliche, rassifizierte und vergeschlechtlichte Identität, die unter keinen Umständen destabilisiert werden darf, ist in rechten Strömungen traditionell dominant. So soll unter anderem die cisheterosexistische Geschlechter- und Familienordnung zementiert werden.
Politiken der Angst
Die Lügen über Kinds- und Katzenwohlgefährdung und das Schüren von Ängsten ist Teil einer autoritär-populistischen Strategie, die Moralpaniken instrumentalisiert, um letztlich staatliche und interpersonelle Gewalt denkbar und legitim erscheinen zu lassen. Hier können Faschist*innen und autoritäre Populist*innen nicht nur auf ihre eigenen Anhänger*innen zählen. Auch bürgerliche Vorbehalte sowie Gleichgültigkeit gegenüber trans* Menschen, Queers und migrantisierten Menschen bilden eine Basis für diese Strategie und schaffen Anschlussfähigkeiten für rechte Politik bis weit in die vermeintliche Mitte.
Wer nun wie paralysiert auf die AfD starrt, übersieht, wie bereitwillig quer durch das demokratische Parteienspektrum rechte und faschistoide Talking Points aufgegriffen werden
Der Saunaparagraf, die transmisogyne Erfindung eines Militärgeschlechts und die Zugangsbeschränkungen für Geduldete und Asylbewerber*innen im neuen Selbstbestimmungsgesetz, die Ampel-Abschiebeoffensive oder das Asylpaket sollten uns allen eine Warnung sein. Wer nun wie paralysiert auf die AfD starrt, übersieht, wie bereitwillig quer durch das demokratische Parteienspektrum rechte und faschistoide Talking Points aufgegriffen werden und einer zukünftigen rechten Regierung das Instrument für repressive Politik auf dem Silbertablett serviert wird.
Der anstehende verkürzte Wahlkampf wird diese Dynamik sicher noch zuspitzen. Queers müssen nun die alte transfeministische Message, dass trans*/queere Kämpfe immer auch Kämpfe gegen Armut, Rassismus, Wohnungsnot und Repression sind und von der Straße aus geführt werden müssen, umsetzen. Und zwar schneller als jemand „Aber die Kinder! Aber die Katzen!“ plärren kann.
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