Von Jeff Stryker bis François Sagat: Singende Pornostars
So mancher Pornostar hat sich schon an einer Musikkarriere versucht, mit mehr oder weniger Erfolg. Im letzten Jahr veröffentlichte zum Beispiel der französische Schauspieler und Ex-Pornodarsteller François Sagat sein Debütalbum „Videoclub“
Natürlich gibt‘s schwule Pornostars, die auch für die „Geräusche“ berühmt sind, die sie machen. Man denke an Alam Wernik und seine ekstatischen „Squeaks“ in Sopranhöhe oder OnlyFans-Lieblinge wie „Mr. Deep Voice“ aka Thomas Johnson, der mit basso profondo flüstert, wo er den Schwanz seiner Partner haben will. Aber eigentlich gilt die alte Regel für Kandidaten mit entsprechenden Karriereambitionen: „Muss zwei von drei Dingen haben – Gesicht, Schwanzgröße, Body.“ Von stimmlichen Fähigkeiten ist da keine Rede.
Und doch offerieren queere Pornogötter ihrer Fangemeinde immer wieder Gesangskünste, bei denen man dahinschmelzen kann wie weibliche Teenager, die Shawn Mendes hören. Die haben sicher ähnliche Gedanken wie ältere Schwule, die sich an Jeff Strykers Country-and-Western-Album „Wild Buck“ von 1993 erinnern, mit Tracktiteln wie „Pop You in the Pooper“. Ein trashiges – aber unvergleichliches – Monument queerer Musikgeschichte.
Andere erinnern sich vielleicht an Silver Daddy Colton Ford und seine CD von 2014 mit dem Titel „The Way I Am“. Der Deutschamerikaner Jessy Ares drehte Pornos und machte nebenbei unter dem Künstlernamen Arestirado Musik, eines seiner Alben hieß „Shameless“. Es inspirierte Florian Klein aka Hans Berlin, in seinem Musical über die schwule Pornoindustrie eine der Hauptfiguren „Jesse Apollo“ zu nennen. Der träumt davon, die Sexindustrie zu verlassen, um seinen Musikertraum wahr werden zu lassen.
Die Musik fürs Stück „Shooting Star“ schrieb der Berliner Komponist Thomas Zaufke. Die Premiere in Los Angeles 2019 war ein Riesenerfolg, auch die Aufführungen in New York 2022. Aktuell arbeiten Klein und Zaufke daran, das Stück ins SchwuZ zu kriegen.
Erstes Album von François Sagat
Während wir darauf noch warten müssen, hat eine andere schwule Pornolegende sich ins Musikgeschäft gewagt: François Sagat. Der 1979 in Cognac im Südwesten Frankreichs geborene Sexgott hat schon einiges geschafft, was die meisten nie erreichen. Er ist seit einem Vierteljahrhundert erfolgreich in einem Geschäft, dessen Halbwertzeit notorisch kurz ist. Er lief bei der Paris Fashion Week über den Laufsteg, wurde vom Künstlerduo Pierre & Gilles porträtiert. Es gibt eine Doku über sein Leben („Sagat: The Documentary“), 2010 spielte er in Kinofilmen wie „Mann im Bad – Tagebuch einer schwulen Liebe“ von Christophe Honoré mit. Bruce LaBruce machte ihn ebenfalls 2010 zum Hauptdarsteller in seinem apokalyptischen „L.A. Zombie“.
Schon 2012 startete Sagat ein Musikprojekt mit dem Titel „Hadès“. Es folgten Singles wie „Camera“ (2015), „Trust Me“ (2018) und die EP „Chamelia“ (2019). Nun ist sein erstes Album erschienen: „Videoclub“. Mit synthetischen Handclaps, Cowbells und wabernden Keyboardflächen wird ein Soundteppich für House- und Trance-Tracks ausgebreitet, der komplett vom französischen DJ Tommy Marcus arrangiert wurde, der als Mark Clement schon Mitte der 90er ähnliche Klänge produzierte. Bereits 2019 regte er Sagat an, gemeinsam Amanda Lears Disco-Klassiker „Follow Me” (1978) neu zu interpretieren.
Mit dem Ergebnis schienen beide zufrieden, und dank Marcus‘ Ermutigung, ein komplettes Album in Angriff zu nehmen, fing Sagat in der Post-Corona-Zeit an, eigene englische Texte zu verfassen. Sein starker Akzent ist verführerisch, seine Gabe zur Selbstironie erfrischend. Etwa in „Fairytail“ (sic!) oder wenn er mit sonorem Timbre einlädt, den „Sagat Planet” zu betreten. Weniger Vocoder-Einsatz (wie in „The Boys Club”) und mehr vollmundige Refrains (wie bei „In Extasy”) hätten seinem Albumeinstand gutgetan. Als Hommage an einen Sound, den der noch vorpubertäre Sagat einst beim Radiohören liebgewonnen haben dürfte, ist „Videoclub” aber absolut stimmig.
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