Polen

Travestie für Deutschland: „Helft dem Warschau Pride!“

18. März 2020 Paula Balov/as
Bild: Sally B.
Vivienne Lovecraft (li.) und Baffi (re.) von der TfD

Um den Warschau Pride am 20. Juni zu unterstützen, plante die „TfD – Travestie für Deutschland“ u. a. eine gemeinsame Fahrt von Berlin in die polnische Hauptstadt. Ob der Pride aufgrund der Coronakrise überhaupt stattfinden kann, ist im Moment zwar noch unklar. Die brenzlige Situation für polnische LGBTI* macht unsere Unterstützung jedoch notwendiger denn je

In Polen nimmt die Hetze gegen LGBTI* immer drastischere Züge an: Fast ein Drittel der Städte und Gemeinden haben sich bereits selbst zu „LGBT-freien Zonen“ erklärt. Anti-LGBTI*-Kampagnen werden gleichermaßen von Kirchenvertreter*innen wie auch von der klerikal-nationalistischen Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) vorangetrieben. Letzte Pride-Veranstaltungen in Städten wie Białystok standen unter dem Eindruck dieses feindseligen Klimas. Überschattet wurden sie von Drohungen bis hin zu tätlichen Angriffen seitens rechter Gruppierungen.

Immerhin: das Thema wurde in den letzten Wochen immer präsenter in den Medien verhandelt! Teile der deutschen Politik reagierten und forderten, die queerfeindlichen Beschlüsse zurückzunehmen – ansonsten sollten die Partnerschaften mit deutschen Städten erst einmal ausgesetzt werden. Auch die Berliner Community zeigte sich solidarisch. (SIEGESSÄULE berichtete) Doch es ist zu befürchten, dass durch die Coronakrise dieses wichtige Thema zunehmend in den Hintergrund gedrängt wird.

Geplant war etwa, dass die diesjährige Parada Równósci („Gleichheitsparade“) am 20. Juni in Warschau breite Unterstützung aus Berlin erhalten soll. Die Berliner Initiative „TfD – Travestie für Deutschland“, die sich in der Vergangenheit mit ihren satirischen Plakataktionen unter anderem schon gegen die AfD oder gegen Konversionstherapien eingesetzt hat, will einen gemeinsamen Trip zum Warschauer CSD 2020 auf die Beine stellen. Aktivist*innen aus den verschiedenen Berliner Communitys wurden bereits dazu aufgerufen, mitzufahren und mit Schildern, Plakaten und Flaggen durch die polnische Hauptstadt zu marschieren.

Am 20. Juni wollen die TfD und ihre Mitstreiter*innen mit einem eigenen Demo-Wagen, dem „Biedronka Express“, anreisen. „Biedronka“ bedeutet Marienkäfer und ist auf Polnisch ein Nomen mit femininem Genus – zugleich ist der Marienkäfer auch ein polnisches Nationalsymbol. Die TfD hat daraus ein feministisches Statement gemacht: „Der ,Lady Bug‘ steht für alles, was nicht männlich ist. Wie ein Schwarm Marienkäfer werden wir im Juni nach Warschau sumsen.“, sagt TfD-Koordinator Baffi. Der Name „Biedronka Express“ spielt außerdem auf den ersten offen schwulen Politiker Polens, den EU-Abgeordneten Robert Biedron, an, der als Hoffnungsträger für Minderheitenrechte im Land gilt.

Allerdings ist es fraglich, ob der Warschau Pride wegen der Pandemie überhaupt stattfinden wird. „Wir sind in ständigem Kontakt mit dem Orga-Team der Parada Równości, das in den nächsten Tagen entscheiden wird, ob und wann der Marsch durch Warschau stattfinden kann. Die TfD wird in jedem Fall ihren Biedronka-Express zum größten Tuntenfest Polens entsenden, auch wenn der Termin sich verschieben sollte“, sagt Baffi.

Soli-Events und Crowdfunding

Die TfD möchte den Warschau Pride in jedem Fall auch durch Spenden unterstützen. Über Soli-Events und eine Crowdfunding-Aktion sollen Gelder gesammelt werden, die queeren polnischen Initiativen zugutekommen. Um alles besser umsetzen zu können, hat die TfD beschlossen, einen Verein zu gründen. „Sobald das Vereinsregister diesen bestätigt hat, werden wir mit dem Crowdfunding umgehend beginnen. Aktivistische Queers brauchen neben unserem Beifall immer auch finanzielle Stützen, die wir mit dem Crowdfunding liefern wollen." Die circa dreißig LGBTI*-Organisationen, die in Polen momentan aktiv sind, arbeiten unter erschwerten Bedingungen, da das politische Klima ihre Handlungsspielräume stark einschränkt. „Wir haben gefragt, was diese Organisationen brauchen“, berichtet Baffi. „Die Antwort war: Solidarität, Anwesenheit und finanziellen Support.“

Mehr Infos soll es in Bälde auf der Homepage der TfD geben, auch zur Anreise, falls der Pride stattfinden wird. „Der Biedronka-Express ist nicht nur ein Bus oder ein Zug der Liebe durch Warschau – er ist die Idee einer deutsch-polnischen Verbundenheit. Generell interessieren sich Queers nicht für Staatsgrenzen, und deshalb gilt die politische Hetze in Polen immer auch uns. Wie immer unser Alltag nach Corona aussieht, wir werden den Reaktionären unsere Stöckel entgegen stellen.“

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