Teddy-Award für Praunheim: „Vorsicht, Sie sehen gleich einen dicken alten Schwulen!“

Der zweite große Gewinner der Teddy-Award-Preisverleihung ist „Satanische Sau“, die neue Doku von Rosa von Praunheim. Der Film wurde mit dem queeren Preis der Berlinale für die beste Dokumentation ausgezeichnet
Eine satanische Sau sei er, sagt Rosa von Praunheim. In seinem neuesten Film hat er ein Porträt von sich angelegt, das mit allen komödiantischen Wassern gewaschen ist, provokant, aber auch poetisch. In seinem Hauptdarsteller Armin Dallapiccola hat er einen kongenialen Partner gefunden. Genauso schamlos wie Rosa, aber auch genauso humorvoll. Dallapiccola spielt nicht nur in vielen Szenen Rosa, sondern er wird auch noch als Privatperson interviewt, quasi ein Porträt im Porträt, und gibt einige Schwänke zum Besten. Freimütig redet er darüber, dass er als übergewichtiger und älterer Schwuler dank der Datingportale massenhaft Kontakte knüpft und viel Sex hat. Mit Jüngeren sowie mit Altersgenossen. Selbstironisch sagt er zu Beginn des Films, eigentlich bräuchte es eine Triggerwarnung: „Vorsicht, Sie sehen gleich einen dicken alten Schwulen!“ Was ja immer noch etwas Ungewöhnliches ist, nicht aber hier.
Den Jungs, die zu Besuch kommen und das Bett mit ihm teilen, wird schon mal ausgiebig der Anus geleckt oder auch einfach derselbe mit einer Blume verziert. Ein mehrgewichtiger Fan erdrückt Armin fast mit seiner Zuneigung. Buchstäblich. Auch Tiermasken kommen zum Einsatz, Affen und Schweine natürlich, merke: Man macht sich zum Affen oder wird zum Schwein. Alles mit viel Augenzwinkern. Und selbstverständlich bekommt auch der Klerus sein Fett ab in all seiner Verlogenheit.
Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit
Bei aller Komik spielt immer der Tod eine Rolle und die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit. Dafür sorgt der Regisseur mit Aufbahrungsszenarien und einem absurden Chor, der anstimmt „Großer Gott, wir loben dich!“. Garniert ist das alles mit teils haarsträubend komischen Reimen oder Aphorismen von Praunheim. Diverse Ausschnitte aus Werken des Regisseurs runden das Ganze ab, seine Entdeckung Lotti Huber hat hier noch mal einen großen Auftritt, auch die Outing-Affäre bleibt nicht ausgespart, denn als Rosa in der Fernsehsendung „Der heiße Stuhl“ Hape Kerkeling und Alfred Biolek geoutet hat, war das nicht nur spektakulär, sondern auch ein Coup der (Satanischen) Sau, die er so gern rauslässt. Das Ganze ist eine Collage, wird aber durch gelungenen Montage organisch und man schaut dem absurden Treiben gerne zu.
Das Ganze ist eine Collage, wird aber durch gelungenen Montage organisch und man schaut dem absurden Treiben gerne zu.
Anrührend geht der Film das Thema Trauer an, wenn es um ein Paar aus der direkten Nachbarschaft geht. Nach 53 Jahren ist einer der beiden verstorben. Da heißt es innehalten und die Träne quillt. Kathy Karrenbauer, die als Walter einst in der Serie „Hinter Gittern“ mit Armin Dallapiccola eine Szene sexueller Übergriffigkeit von ihm als Schließer erleben musste, hat einen kurzen Auftritt: „Ich bin auch eine satanische Sau!“ Hier dreht sie den Spieß um, und erniedrigt ihren ehemaligen Serienpartner. Apropos: Das nächste Projekt von Rosa kommt im April ins Kino. In der Doku „30 Jahre an der Peitsche“ geht es um die Arbeit und das Leben einer Domina aus der Nachbarschaft des Regisseurs.
Folge uns auf Instagram
#Berlinale#Rosa von Praunheim#Doku#Teddy Award#Satanische Sau#Dokumentarfilm