Tanzperformance über Butchness: Generationen treffen aufeinander
In „Silver Butch und Baby Butch“ setzen sich Antonia Baehr (54) und Bettina Blanc Penther (33) mit der Figur der Butch-Lesbe auseinander. Wir trafen sie zum Interview
Antonia und Bettina, euch trennen fast 20 Jahre. Ihr seid beide Butches. Was lernen Silver Butch und Baby Butch voneinander auf der Bühne? Antonia Baehr: Eine Bühne zu teilen heißt für mich die Begegnung zweier Persönlichkeiten und künstlerischer Handschriften, das finde ich spannend. Die Unterschiede zwischen den beiden Butches, die wir hier herbeirufen, versuchen wir nicht zu kaschieren. Silver Butch hat zum Beispiel silbergraue Haare, einen Bauch und ist ein*e „She-Dandy“, könnte man sagen, eine stolze Butch in der Menopause. Baby Butch ist dagegen sehr sportlich und flink. Bettina Blanc Penther: Für mich ist es immer wichtig, so einfach es auch klingen mag, Butches auf der Bühne zu sehen. Auch wenn es offensichtlich ist, dass wir verschiedenen Generationen angehören, fühlt es sich jetzt so an, als würden wir aus derselben Altersgruppe stammen. Es gibt eine neue Generation von Baby Butches, die heute nach mir kommt. Ich bin mit meinen 33 Jahren nicht mehr wirklich eine Baby Butch.
„Für mich basiert Butchness auf einem Begehren, einer Kultur und auf den Butches, die vor uns kamen.“
Was macht eine Butch für euch aus? A. B.: (lacht) Für mich basiert Butchness auf einem Begehren, einer Kultur und auf den Butches, die vor uns kamen. Diese Kultur einer gewissen Männlichkeit und der Dinge, die dazugehören, wie das karierte Flanellhemd und bestimmte Bücher, wie „Stone Butch Blues“ von Leslie Feinberg. Als Kind war ich auch von der Butch beeindruckt, die in meine Mutter verliebt war, und ich dachte mir: „Oh ja, das geht auch als Möglichkeit, ein Leben zu führen!“ B. B. P.: Als Identität ist es nicht fix. Für mich ist Butch jemand, die mit dem Bild einer Person einhergeht, die hart ist. Es ist etwas von einer düsteren Einsamkeit dabei, selbst in einer Gemeinschaft von Freund*innen.
In der Performance befinden sich die beiden Butches in „der letzten Lesbenbar“. Was ist damit gemeint? B. B. P.: Es ist eine Lesbenbar, die fast leer ist, und das ist jeden Abend ein bisschen so. Wenn man die Butch am Eingang begrüßt und die Tür hinter sich zugemacht hat, weiß man nicht mehr, was draußen los ist, das ist wie Urlaub. Hier ist man vor dem Flüstern und den Blicken geschützt. Im Inneren wird die ganze Aufmerksamkeit vom Billardtisch eingenommen. Man spielt eine Partie nach der anderen, ohne die Punkte zu zählen, man kommt vor allem, um sich zu treffen ...
„Die ,letzte Lesbenbar' ist für mich eine Anspielung an die ,letzte Tanzperformance', die ich möglicherweise mit öffentlichen Berliner Geldern produzieren kann.“
A.B.: Es gibt einen Mythos von der „letzten Lesbenbar“, weil Lesbenbars überall schließen. Aber wir wollen diesen Ort für die trans* bejahenden Kämpfe und Kulturen behaupten und diese Wurzeln um den Mythos der „letzten Lesbenbar“ nicht den TERFs überlassen, genauso wenig wie die Begriffe Butch und Lesbe. Die „letzte Lesbenbar“ ist für mich auch eine Anspielung an die „letzte Tanzperformance“, die ich möglicherweise mit öffentlichen Berliner Geldern produzieren kann. „Silver Butch und Baby Butch“ ist eine typische Produktion der Berliner Freien Szene, die international so geschätzt wird. Aber wird es eine solche in Zukunft noch geben können, angesichts der drohenden drastischen Kürzungen, flankiert von umstrittenen Resolutionen, die unsere Grundrechte wie Meinungs- und Kunstfreiheit gefährden?
Silver Butch und Baby Butch
8.+19.12., 19:00
20.12., 20:30
21.12., 19:00
HAU3 hebbel-am-ufer.de
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