Designer und Co-Kurator Mal D‘Aurore: „Ich hasse Fashion, aber ich liebe Kleidung“
Der Vintage-Laden Wsiura in der Sanderstraße besticht durch Extravagaza, aber bleibt dabei angenehm bodenständig. Hier finden diejenigen, die gar nicht suchen, Designer-Einzelstücke aus den 80ern und 90ern. Ein Gespräch mit dem Designer und Co-Kurator Mal D‘Aurore
Mal D‘Aurore ist vor elf Jahren als Designer von Polen nach Berlin gekommen. Mit der Mode-Industrie hat er abgerechnet, aber für Kleidung brennt er mehr denn je. Seinen Stil zu beschreiben ist ein Ding der Unmöglichkeit: extravagant, theatralisch, besser spärlich dosiert. Heute arbeitet er als Kostümdesigner und kuratiert seinen eigenen Vintage-Laden mit dem gleichen Ansatz.
Unter dem Laden in Neukölln führt eine steile Treppe herunter in einen urigen Keller, der wie ein Verlies anmutet. Neben einem kitschigen Rentier-Prop (spendiert vom Theater) hängen hier Echtleder, Upcycling-Pieces und Vintage-Hosen vom Haken. Mit Absicht gibt es keine einheitliche Ästhetik, Norm im Chaos ist allein der Anspruch, den Mal D‘Aurore und Co-Gründer Dawid Mayzer teilen: hohe Qualität, Nachhaltigkeit und ein gewisser Luxus
Was ist besonders an Wsiura? Wenn du bei uns etwas kaufst, weißt du, niemand anders in Berlin hat’s getragen. Wir haben Einzelstücke, die du nicht unbedingt woanders bekommst. Was ich aussuche, ist schwierig. Es sind keine easy Picks.
Wo findest du diese schwierigen Exemplare? Ich kaufe vor allem in Frankreich und Italien ein. Wir haben auch Stücke, die im ehemaligen Meatpacking District von New York gemacht wurden. Da steht tatsächlich noch das Logo „Made in New York“. Wir reparieren und werten die Kleidung auf, sodass fast alles in einem perfekten Zustand ist. Daher auch die höheren Preise? Wir machen keine Fast Fashion. Ich kuratiere wie eine alte polnische Oma (lacht). Kein Acryl, stattdessen viel Wolle und Seide. Die Sachen, die du hier findest, hast du ein Leben lang. Daher bekommt man hier selten etwas unter 80 Euro. Bei unserem Schwester-Laden Wsiura Lite in der Wrangelstraße gibt‘s schon eher Schnäppchen.
„Wir machen keine Fast Fashion. Ich kuratiere wie eine alte polnische Oma.“
Gibst du auch Beratung? Ich such gern was aus und werde ehrlich sagen, ob‘s dir passt. Aber nicht, ob‘s gut aussieht. Manchmal schick ich Leute, die nach was Bestimmtem suchen, auch in Nachbar-Shops. Wir sind hier Community.
Was habt ihr gerade im Repertoire? 80er- und 90er- Vintage, EchtLeder, Counterfashion, Powersuits und Pelzmäntel. Auch unbekannte Designer. Und einige meiner eigenen Upcycling-Pieces und alten Designs aus Warschau verkaufe ich hier.
Wer trägt deine Sachen? Vor allem Performer*innen und Künstler*innen, ich bin ja Kostümdesigner. Was ich mache, ist ist ein bisschen theatralisch und übertrieben. Deswegen sage ich immer, dass ein einziges Kleidungsstück von mir genügt.
„Ich wollte was für exzentrische Leute kreieren, die sich aber selbst nicht dafür halten.“
Was hat dich inspiriert? Ich wollte immer reinpassen, aber ich bin ein Outsider – auch in der schwulen Szene. Ich vibe nicht. Ich wollte was für exzentrische Leute kreieren, die sich aber selbst nicht dafür halten. Wenn du Fashion hasst, weil du weißt, wie es in dieser Industrie zugeht, bist du bei mir genau richtig.
Du sprichst aus eigener Erfahrung? Ich hab das ganze Business mitgemacht. Ich hasse Fashion, aber ich liebe Kleidung.
SIEGESSÄULE-Redakteur*in Lara Hansen spottet jeden Monat queere Modetrends. Ihr habt ein eigenes Label oder eine coole Idee? Slide into their DMs @larahansen
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