Skandal an der Humboldt-Uni: Transfeindlichkeit ist keine Wissenschaft!
Im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaften sollte eine Biologiedoktorandin an der Humboldt-Universität einen Vortrag zum Thema Gender und Geschlecht halten. Nach Protesten gegen die als transfeindlich kritisierte Haltung der Rednerin wurde der Vortrag vorerst abgesagt. Das sorgte für Zündstoff, denn der Uni wurde „Cancel Culture" vorgeworfen. SIEGESSÄULE-Redakteur Andreas Scholz findet diese Vorwürfe ungerechtfertigt
Nachdem der Vortrag „Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht, Sex, Gender und warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt" von Marie-Luise Vollbrecht an der Humboldt-Universität abgesagt wurde, war die Empörung in den Medien und auch in Teilen der Politik groß. Die Universität hatte die Absage u. a. mit Sicherheitsbedenken begründet, weil Studierende Protest gegen die ihrer Auffassung nach transfeindlichen Positionen der Biologin angekündigt hatten.
Ein Sturm der Entrüstung folgte. Denn die Absage sei ein Sieg der „Cancel Culture" gegen die Wissenschafts- und Meinungsfreiheit. Woke Menschen würden versuchen Sprechverbote zu erteilen mit dem Ziel offene Diskussionsräume zu zerstören und wissenschaftliche Auseinandersetzungen zu verhindern. So lautete der Vorwurf, der sich durch zahlreiche Artikel u. a. in der taz, der Welt oder der FAZ zieht. Der Vorwurf der Transfeindlichkeit schien demgegenüber kaum bedeutsam. Gegenstimmen sind bisher rar, glücklicherweise gibt es sie.
Keine nüchterne Wissenschaft
So machte Sonja Dolinsek in ihrem Beitrag „Anti-Gender-Vortrag an der HU Berlin: Von Cancel Culture kann keine Rede sein“ für die Berliner Zeitung deutlich, dass die Empörung von falschen Voraussetzungen ausgeht. Denn mitnichten ist Vollbrecht eine nüchterne Wissenschaftlerin, die daran gehindert wurde ihre seriösen wissenschaftlichen Betrachtungen darzulegen.
Dolinsek führt aus, dass die Biologin bereits seit mehreren Jahren eine klare politische Agenda verfolgt, die sich gegen die Gender Studies, andere Geistes- und Sozialwissenschaften oder die Rechte von trans* Personen richtet. Im Schafspelz der nüchternen Wissenschaftlerin werden Positionen vetreten, in denen sich gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ausdrückt.
Berechtigter Widerstand
Dass Gruppen, Arbeitskreise und Studierende einer Uni das nicht einfach hinnehmen, sondern sich dagegen auflehnen und Verantwortung übernehmen, ist erfreulich und sollte im Grunde eine Selbstverständlichkeit sein. Eher stellt sich die Frage: Was hatte die Uni eigentlich als Reaktion erwartet? Es war klar, dass sich Widerstand regen würde, wenn in einer aufgeheizten Debatte einer hochumstrittenen Person eine solche Plattform geboten wird.
Zumal Vollbrecht als Co-Autorin eines transfeindlichen Pamphlets fungierte, das Anfang Juni unter dem Titel „Wie ARD und ZDF unsere Kinder sexualisieren und umerziehen“ in der Welt veröffentlicht wurde. Auf dämonisierende Weise wurde darin von queeren Aktivist*innen gesprochen, die mit ihrer „woken Transgender-Ideologie“ das Leben der Kinder gefährden würden und dass diese „bedrohliche Entwicklung“ gestoppt werden müsse. Dies führte u. a. zu einem Aufschrei in der queeren Community und dazu, dass die Karrieremesse Sticks & Stones die Zusammenarbeit mit dem Springer-Verlag – zu dem die Welt gehört – beendete.
Die Uni gehört in der Tat für ihr Verhalten kritisiert – aber nicht für eine angebliche „Cancel Culture", sondern weil sie trotz dieses Hintergrunds plante, Vollbrecht im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaften diesen Vortrag halten zu lassen und auch für das offensichtlich fehlende Verständnis dafür, wie dieser Diskurs wissenschaftlich sinnvoll aufgearbeitet werden kann. Transfeindlichkeit ist keine Meinung und sie ist erst recht keine Wissenschaft! Während es im Umgang mit anderen Formen gruppenbezogenen Hasses wie Rassimus oder Antisemitismus mittlerweile eine zunehmende Sensibilität gibt, ist das bei Transfeindlichkeit leider nicht so. Auch das zeigt dieser Fall erneut!
Umso wichtiger ist es, dass die Ampel-Regierung das versprochene Selbstbestimmungsgesetz für trans*, inter* und nichtbinäre Personen so schnell wie möglich umsetzt und damit ihre Rechte stärkt.
Nachholtermin am 14. Juli
Die Uni hat sich mittlerweile von dem in der Welt veröffentlichten Artikel, an dem Vollbrecht mitarbeitete, distanziert und für den 14. Juli einen Nachholtermin angekündigt, um den Vortrag im Rahmen einer Diskussionsrunde zu kontextualisieren und zu diskutieren. Man wird sehen, was dabei herauskommt. Ein klares Statement der Humboldt-Uni, dass Transfeindlichkeit unter dem Deckmantel der Wissenschaft keinen Raum bekommt, wäre die bessere Alternative gewesen.
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