Selbstbestimmungsgesetz: FDP-Justizminister will Diskriminierung von trans* Personen ermöglichen
FDP-Justizminister Marco Buschmann äußerte sich zu den Verzögerungen beim Selbstbestimmungsgesetz. Dabei nutzte er transfeindliche Erklärungsmuster. Kritik kam u. a. aus der Politik und von Transaktivist*innen
Seitdem die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag ankündigt hatte ein Selbstbestimmungsgesetz auf den Weg zu bringen, wurde dieses Vorhaben von einer transfeindlichen Debatte begleitet. Bisher hatte sich die Ampel-Koalition davon unbeeindruckt gezeigt. Damit scheint nun leider Schluss zu sein, wie aus einem Interview mit Justizminister und FDP-Politiker Marco Buschmann am 6. Januar in der Zeit hervorgeht.
Verantwortlich für die Erarbeitung des Selbstbestimmungsgesetzes sind das Justiz- und Familienministerium. Mit der Einführung des Gesetzes soll es u. a. trans* Personen ermöglicht werden, ihren Namen und Geschlechtseintrag durch einen einfachen Verwaltungsakt zu ändern.
Buschmann hatte gegenüber der Zeit gesagt, dass damit allein das „Verhältnis zwischen Bürger und Staat“ gemeint sei. Als Begründung gab er an: „Wir haben wahrgenommen, dass es Sorgen gibt, die sich auf die Rechtsfolgen des Geschlechtswechsels beziehen.“ So müsse beispielsweise die Anrede in einem behördlichen Schreiben die geschlechtliche Identität, die ein Mensch für sich gewählt hat, respektieren und akzeptieren. „Aber die Betreiberin einer Frauensauna soll auch künftig sagen können: Ich will hier dem Schutz der Intimsphäre meiner Kundinnen Rechnung tragen und knüpfe daher an die äußere Erscheinung eines Menschen an. Die Betreiber dürfen dann beispielsweise nicht dem Risiko einer Klage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ausgesetzt sein.“ Das Beispiel bezieht sich auf ein u. a. von TERFS und Medien wie der Emma befeuertes transfeindliche Narrativ: Demnach werden trans* Frauen als verkleidete Männer diffamiert, die das Selbstbestimmungsgesetz nutzen, um sich Zugang zu Frauenräumen zu verschaffen.
Buschmann ergänzte: „Das müssen wir sauber regeln. Das ist technisch anspruchsvoll und muss gründlich erarbeitet sein.“ Damit erklärte er auch, warum zum jetzigen Zeitpunkt immer noch kein Gesetzesentwurf vorliegt. Gegenüber SIEGESSÄULE hatte das Justizministerium noch im Oktober betont, dass zumindest der Entwurf bis Ende des Jahres vorliegen würde. Auch eine Verabschiedung des Gesetzes bis zum Sommer 2023 sei laut Buschmann möglicherweise nicht zu halten. Familienministerin Lisa Paus von den Grünen hatte kurz zuvor gegenüber der Welt am Sonntag betont, dass man daran arbeite, das Gesetz noch vor der parlamentarischen Sommerpause 2023 zu beschließen.
Die Linke.queer: Schlag ins Gesicht
An Buschmanns Äußerungen gab es erhebliche Kritik, u. a. von Die Linke.queer. In einem Pressestatement warnten sie davor, dass das Selbstbestimmungsgesetz nicht zum Diskriminierungsschutzgesetz werden dürfe. „Die Ankündigung von Marco Buschmann, dass selbst die bereits verspätete Verabschiedung eines Selbstbestimmungsgesetz in diesem Sommer sich erneut verzögern könne, ist ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die auf die Ankündigung der Bundesregierung zu einer zeitnahen Regelung des Personenstandsrechts vertraut haben“, sagten die beiden Bundessprecher*innen von Die Linke.queer, Luca Renner und Frank Laubenburg.
„Schlimmer noch als die zeitliche Verzögerung ist aber die Ankündigung des FDP-Bundesjustizministers, dass das Selbstbestimmungsgesetz die Diskriminierung von trans Personen ausdrücklich ermöglichen soll, indem, so Buschmann, die ‚äußere Erscheinung eines Menschen‘ beispielsweise Hausverbote in privaten Einrichtungen ermöglichen und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) aushebeln soll.“
Dies stelle eine völlige Kehrtwende zumindest von Teilen der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien dar, erklärten Luca Renner und Frank Laubenburg. „Der Schutz vor Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität gehört ins Grundgesetz. Er muss ausnahmslos gelten. Im Rahmen des Selbstbestimmungsgesetzes darf es von daher keine Regelungen geben, die Diskriminierung von trans Personen schützt oder sogar explizit erlaubt. Entsprechende Überlegungen aus der Bundesregierung sind vollkommen absurd und ignorieren die gesellschaftliche Realität.“
Kritik des Queer-Beauftragten
Sven Lehmann (Grüne), der Ende letzten Jahres während einer Podiumsdiskussion in der Dänischen Botschaft noch das Engagement des Justizministers in der Sache gelobt hatte, meldete sich am Sonntag per Twitter wie folgt zu Wort: „Die Bundesregierung wird sich daran messen lassen müssen, dass ein #Selbstbestimmungsgesetz Diskriminierung *abbaut* und nicht neue *aufbaut*.“ Als Queer-Beauftragter versprach er darauf zu achten.
„Buschmann gießt weiteres Öl ins Feuer."
Transaktivistin Julia Monro zeigte sich irritiert von Buschmanns Äußerungen. Auf ihrem Instagram-Profil kommentierte sie: „Was auch immer mit ,äußere Erscheinung' gemeint ist, es darf nicht sein, dass Frauen ein bestimmtest Profil zu erfüllen haben: Das widerspricht jedem Gedanken einer vielfältigen Gesellschaft." Zudem sei auch die Realität von trans* Personen eine andere: „Viele trans Personen meiden seit Jahren Sauna, Schwimmbad & Co weil sie eben Angst vor derartigen SItuationen haben. Anstatt ihnen die Angst zu nehmen und Inklusion zu fördern, gießt Buschmann weiteres Öl ins Feuer."
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