Schwule Prinzen erobern den Buch- und Filmmarkt
Ab dem 11. August ist der Film „Red, White & Royal Blue“ bei Amazon Prime verfügbar. Er basiert auf dem Bestseller von Casey McQuiston über einen schwulen, britischen Prinzen. Der Erfolg führte zu weiteren Romanen, die das Thema variierten. Marlon Brand mit einem Überblick
Egal, wo man hinschaut, überall findet man Belege für die seltsame Faszination unserer Gesellschaft fürs britische Königshaus: „The Royals“, „Spencer“, „The Crown“, Harry und Meghans Interview mit Oprah ... Wenn man „Young Royals“ mitrechnet, geht‘s sogar über Großbritannien hinaus. Meist wird dabei suggeriert, wertkonservative Unterstützer*innen der Monarchie würden alles ablehnen, was von der Heteronorm abweicht. Auch wenn Prinz William kürzlich sagte, dass er kein Problem damit hätte, wenn eines seiner Kinder queer sei, hat sich bislang niemand in den vorderen Reihen der Royals als offen queer zu erkennen gegeben, egal wie viele Gerüchte kursieren.
Beim Sex im Weißen Haus wackeln die Wände
Wie ein entsprechendes Coming-out aussehen könnte, beschreibt Casey McQuiston in „Red, White & Royal Blue“ (2019). Es geht um den britischen Thronfolger Prinz Henry, der auf Wunsch seiner PR-Berater*innen seine Sexualität vor der Öffentlichkeit verstecken muss. Das geht so lange gut, bis er den Sohn der US-Präsidentin bei einem Staatsbesuch trifft: den Playboy Alex Claremont-Diaz, mit smartem Latinx-Look. In klassischer Enemies-to-Lovers-Manier kommen sie sich näher. Aber: Würde das Bekanntwerden ihrer Beziehung die Wiederwahl der Präsidentin gefährden? Würde es dazu führen, dass Henry auf den Thron verzichten müsste? Können zwei Menschen im Blitzlichtgewitter der Paparazzi überhaupt eine „normale“ Beziehung führen, bei der sie erst mal nicht wissen, wie stabil sie sein wird?
Das sind Grundsatzfragen, die McQuiston mit leichter Hand abhandelt. Dabei lässt sie einen utopischen Wind durch die Geschichte ziehen, allein schon deshalb, weil wir uns in einer Welt befinden, wo Donald Trump nie Präsident geworden ist und eine Frau ganz selbstverständlich die größte Wirtschaftsnation der Welt regiert. Neben vielen amüsanten Szenen ist ein Höhepunkt der Moment, wo Alex und Henry im Weißen Haus Sex haben und die Ölporträts der Ex-Präsidenten an den Wänden anfangen gefährlich zu wackeln.
Auf den Erfolg von „Royal Blue“ folgte eine wahre Flut von Veröffentlichungen, die mit ähnlichen Topoi spielen. Eric Geron lässt in „A Tale of Two Princes“ (2023) gleich zwei schwule Prinzen als Zwillinge auf Leser*innen los (und eine*n nicht binäre*n beste*n Freund*in). In „Playing the Palace“ (2021) von Paul Rudnick verliebt sich ein merklich erwachsenerer Prinz von Wales in einen leicht verpeilten US-Journalisten. Überall wird durchgespielt, wie man die erzkonservative Welt von Monarchieanhänger*innen queer aufmischen könnte.
LGBTIQ*-Sichtbarkeit auf breiter Front
Dass die Verfilmung solcher Unterhaltungsliteratur im Fall von „Royal Blue“ (so der deutsche Buchtitel) mit Matthew Lopez einer der wichtigsten schwulen Dramatiker der Jetztzeit übernommen hat, zeigt, dass der Autor des Aids-Dramas „Das Vermächtnis“ erkannt hat, wie wichtig es ist, den Mainstream zu erobern – um LGBTIQ*-Sichtbarkeit auf breiter Front zu erzeugen und gesellschaftspolitische Themen „spielerisch“ unters Volk zu bringen.
Die Filmversion kommt am 11. August bei Amazon Prime als Stream raus, mit Uma Thurman als Präsidentin und Stephen Fry als König. Und mit Nicholas Galitzine („Handsome Devil“) sowie Taylor Zakhar Perez „(The Kissing Booth 2“) als Liebespaar.
Natürlich kann man fragen: Interessiert uns das Schicksal zweier Vertreter imperialistischer Großmächte, gefangen in einem goldenen Käfig? McQuiston scheint sich dieser Frage bewusst zu sein und lässt die Figuren im Buch genau solche Themen diskutieren. Nachdem ihr mit „Royal Blue“ der Durchbruch gelang, hat McQuiston zwei weitere Romane veröffentlicht – über lesbische Paare ohne jeden Adelskontext.
Die deutschen Übersetzungen von allen McQuiston-Büchern hat der Großverlag Knaur herausgebracht, wo man dank McQuiston entdeckt hat, was für ein Verkaufspotenzial in solchen LGBTIQ*-Themen steckt, wenn sie massenkompatibel verpackt sind. Die Prinzenromanze von Henry und Alex funktionierte dabei als Türöffner.
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