Queerness ohne Dramen: Deutschlands erste lesbische Serie „Loving Her“
Nachdem ab Mai mit „All You Need“ erstmals eine schwule Serie eines deutschen TV-Senders zu sehen war, geht am 1. Juli mit „Loving Her“ die erste lesbische TV-Serie in der ZDF-Mediathek an den Start. Unter der Regie der Berliner Regisseurin Leonie Krippendorff („Kokon“), gedreht in Berlin, entstand eine überzeugende Produktion, in der Queerness oder Herkunft nicht als Probleme erzählt werden
Franzi war Hannas erste große Liebe. Vor fünf Jahren trennten sich ihre Wege. Als sie sich nun zufällig auf der Straße wieder begegnen, ist Franzi gerade mit ihrer neuen Freundin Doro unterwegs, Arm in Arm. So startet die deutsche Lesbenserie „Loving Her“, die damit eigentlich mit dem Ende der Ereignisse beginnt. Über mehrere Folgen erzählt die Instant-Geschichte rückblickend, was in der Beziehung zwischen Hanna und Franzi und auch in den weiteren Beziehungen von Hanna – in der Post-Franzi-Zeit – geschah, um schließlich bei der letzten Folge wieder am Anfang der ersten anzulangen.
17 Jahre nachdem die US-amerikanische Serie „The L Word“ (ab 2004) die Welt erobert hat, dackelt nun das deutsche Fernsehen hinterher (ab 1. Juli 2021). Und ja, das ist kein Scherz! „Loving Her“ ist Deutschlands erste lesbische Serie. Das muss man betonen, weil daraus eine große Verantwortung erwächst. Das jedenfalls findet Banafshe Hourmazdi, die die Hauptfigur Hanna verkörpert. „Wenn wir jetzt eine lesbische Serie produzieren und Menschen repräsentiert werden, die vorher kaum oder wenig repräsentiert wurden, denken wir als ganzes Team: Wir wollen keine Community enttäuschen.“
Die neue ZDF-Produktion ist eine Adaption der niederländischen Serie „Anne+“ und kommt kurz nach der ersten schwulen Serie „All You Need“ im öffentlich rechtlichen Fernsehen. Tatsächlich aber ist „Loving Her“ keine lesbische Variante von „All You Need“. Erzählform und Chronologie unterscheiden sich völlig. Während „All You Need“ vier Hauptfiguren hat, dreht sich bei „Loving Her“ im Grunde alles um die Eine.
„Es geht einfach um die Beziehungen zwischen den Frauen“
Ein weiterer wesentlicher Unterschied: Die schwule Serie thematisiert an vielen Stellen Rassismus, Klassismus und Sexismus und versucht, die Story intersektional zu erzählen. In „Loving Her“ dagegen werden Queerness oder die Herkunft der Darstellerinnen überhaupt nicht problematisiert. Dass eine Schauspielerin of Color die Hauptrolle übernimmt, ist hier verdammt normal. „Es geht einfach um die Beziehungen zwischen den Frauen“, sagt Hourmazdi. „Daher fand ich die Story auch so gut, weil bei queeren Geschichten oft die Diskriminierungserfahrungen explizit miterzählt werden müssen.“
„Loving Her“ ist dagegen eine ganz normale Liebesgeschichte, manchmal aufregend, manchmal langweilig. Die Besonderheit ist allein, dass die Beteiligten alle lesbisch sind – und es trotzdem ins queer-unfreundliche deutsche Fernsehen geschafft haben.
„Loving Her“
Buch: Marlene Melchior, Regie: Leonie Krippendorff,
mit Banafshe Hourmazdi, Lena Klenke, Bineta Hansen und Karin Hanczewski
ab 1. Juli 2021 in der ZDF-Mediathek
Der Text zu „Loving Her“ von Negin Behkam erschien zuerst in der Juli/August-Ausgabe unseres Schwestermagazins L-MAG!
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