Queeres Roadmovie „Crossing“ über die Suche nach einer jungen trans Frau
Der Film „Crossing – Auf der Suche nach Tekla“ von Regisseur Levan Akin zeigt, wie grundverschiedene Menschen ihre Grenzen und Vorurteile überwinden
International bei Festivals gefeiert, im Herkunftsland seiner Eltern, Georgien, aber geschmäht. Regisseur Levan Akin, in Schweden geboren, sah sich für seine queere Liebesgeschichte „Als wir tanzten“ (2019) Anfeindungen und Protesten ausgesetzt. Schwules ist nicht erwünscht und mittlerweile bahnt sich in Georgien eine weitere Verschärfung der Situation für LGBTIQ*-Menschen an. Die regierende Partei „Georgischer Traum“ wirbt für ein Gesetz, das jede Form von „LGBT-Propaganda“ unterbinden soll, ganz nach russischem Vorbild ...
„Als wir tanzten“ war 2019 als schwedischer Oscar-Beitrag eingereicht worden und lief in Cannes. Akins aktueller Film „Crossing: Auf der Suche nach Tekla“ hatte bei der Berlinale seine Weltpremiere. Er zeichnet wieder als Regisseur und Drehbuchautor verantwortlich. Ausgangspunkt für die Suche nach Tekla in „Crossing“ ist die georgische Küstenstadt Batumi, wo am felsigen Strand die beiden Hauptpersonen Lia (Mzia Arabuli) und Achi (Lucas Kankava) einen Reiseplan eintüten.
Die pensionierte, spröde Lehrerin Lia will nach Istanbul, um dort ihre Nichte Tekla aufzuspüren, die von der Familie verstoßen wurde. Tekla, eine junge trans Frau, floh aus der Enge der kleinen Stadt. Achi wiederum sieht für sich die Chance, der gemeinsamen Wohnung mit seinem Bruder und dessen Partnerin zu entkommen. Als er mehr über Lias Vorhaben erfährt, bietet er sich großspurig als Übersetzer an: „Hello!“, „How are you“, „How much?“ sind seine Bewerbungssätze. Außerdem meint er zu wissen, wo ungefähr Tekla sich aufhalten könnte: bei den trans Sexarbeiterinnen.
Aussichtslos scheinende Suche
Es beginnt die Reise eines äußerst ungleichen Paars, das zunächst eine ziemlich fragile Allianz bildet, aber später zueinanderfindet. Am Bosporus angekommen, irrt Lia etwas planlos durch die Gassen, steigt schiefe Stiegen hinauf und trifft auf mögliche Kolleg*innen von Tekla, die freilich nicht wirklich weiterhelfen können. Ob es stimmt, dass Istanbul die Stadt ist, in die Menschen kommen, um zu verschwinden? Das jedenfalls sagt die Anwältin und Aktivistin Evrim (Deniz Dumanlı), eine trans Frau und ehemalige Sexworkerin, die sich jetzt für trans Rechte einsetzt. Sie weiß auch, dass manche Personen nicht unbedingt gefunden werden wollen. Misstrauen bestimmt die Begegnungen der unterschiedlichen Charaktere, aber unmerklich kommen sie sich näher und machen den Film zu einem Lehrstück darüber, wie man grenzüberschreitend und generationsübergreifend zueinanderfinden kann, wenn man es zulässt.
„Ein Lehrstück darüber, wie man grenzüberschreitend und generationsübergreifend zueinanderfinden kann, wenn man es zulässt.“
Fast schon dokumentarisch ist die Darstellung der Istanbuler Szene. Angesichts der hier erlebten Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft wird Lias Haltung allmählich durchlässiger, auch als sie beginnt, sich Achi gegenüber zu öffnen. Widerstände hat sie indessen genug zu überwinden: im Kampf mit sich selbst und der aussichtslos scheinenden Suche. Eine wunderbare Szene mit Tanz gibt es auch, und es ist schön anzusehen, wie Lia für Momente aus ihrer Versteinerung heraustritt. Was so ein Zufallskavalier und ein paar Schnäpse in Istanbuls Gassen alles bewirken können! Natürlich folgt ein Kater, aber die Suche nach der verlorenen Nichte geht weiter. Wie sie endet, sollte man sich im Kino ansehen. Es lohnt sich.
Mzia Arabuli ist das Herz des Films. Als Profischauspielerin zieht sie alle Register, um die Entwicklung ihrer Figur zu zeigen. Und spielt dennoch keine der anderen beiden Hauptpersonen an die Wand. Lucas Kankava als ewig hungriger Achi und Deniz Dumanlı als starke Kämpferin Evrim geben beide ihr Leinwanddebüt und das mit großer Überzeugungskraft. Der Regisseur hat wirklich ein Händchen dafür: Auch in „Als wir tanzten“ war die Hauptrolle mit dem erstmals schauspielenden Tänzer Levan Gelbakhiani besetzt.
Der Teddy Award der Jury ging an die Besetzung des Films. „Jede Figur dieses Ensembles, ob Haupt- oder Nebenfigur, wird mit unglaublicher Tiefe behandelt, ohne vorgefasste Meinungen und filmische Stereotype zu bedienen“, hieß es in der Begründung für diese Auszeichnung. Stimmt!
Crossing – Auf der Suche nach Tekla,
Schweden/Dänemark/Frankreich 2024,
Regie und Drehbuch: Levan Akin.
Mit: Mzia Arabuli, Lucas Kankava, Deniz Dumanlı u. a.
Ab 18.07. im Kino
Folge uns auf Instagram
#Kinostart#Film#Teddy Award#Levan Akin#Roadmovie#Kino