Queeren Bildungsprojekten droht das Aus – Petition an Senat überreicht

Mehrere queere Bildungs- und Beratungsprojekte stehen ab dem 1. April vor dem Aus, weil der Senat die Finanzierung streichen will. Besonders gefährdet sind Angebote für trans*, inter* und nicht binäre Kinder und Jugendliche. Die betroffenen Initiativen fordern die Rücknahme der Kürzungen und eine langfristige Planungssicherheit
Am 20. Februar wurde bekannt, dass die Senatsverwaltung für Bildung zum 1. April die Finanzierung mehrerer queerer Bildungs- und Beratungsprojekte streichen will. Gekürzt werden außerdem rund 100 weitere Projekte im Bildungsbereich. Damit will die Berliner Bildungsverwaltung 39 Millionen Euro einsparen.
Betroffen sind folgende Berliner LGBTIQ*-Initiativen: Queerformat – Fachstelle Queere Bildung (Kürzungen von rund 335.000 Euro), Inter*Trans*Beratung der Schwulenberatung (ca. 116.000 Euro), das Konsultationsangebot des LSVD Berlin-Brandenburg (ca. 38.000 Euro), Queer History Month des Spinnboden-Archivs (ca. 52.000 Euro), i-PÄD – Kompetenzstelle intersektionale Pädagogik (rund 132.000 Euro). Zu den weiteren betroffenen Projekten gehören BIG Prävention (Initiative gegen häusliche Gewalt), meet2respect (Projekt zur Förderung von Inklusion und Antidiskriminierung) sowie die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus e. V.
Die Entscheidung, bei der Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) federführend war, wurde ohne vorherige Kommunikation mit den betroffenen Organisationen getroffen. Dem Koalitionspartner SPD zufolge war die Entscheidung nicht abgesprochen: Die SPD-Bildungspolitikerin Maja Lasić warf der CDU „Wortbruch“ vor. Auch die Berliner SPDqueer-Gruppe meldete sich zu Wort: „Statt Gesprächen mit Betroffenen und Koalitionspartner SPD gab es Schweigen,“ kritisierte die Arbeitsgemeinschaft in einer Pressemitteilung. „Für diese mangelnde Transparenz und einen solchen Umgang mit Menschen und ihrer wichtigen Arbeit haben wir kein Verständnis!“
Scharfe Kritik erntete die CDU-Politikerin insbesondere von den betroffenen Projekten. In einer gemeinsamen Pressemitteilung betont Jarred Kennedy-Loving von Queerformat, dass die Streichung der „Fachstelle Queere Bildung“ überlastete Fachkräfte in einem zunehmend queerfeindlichen Klima allein lassen würde und den Schutz queerer Kinder und Jugendlicher gefährde.
Marcel de Groot, Geschäftsführer der Schwulenberatung, schreibt: „TIN* Kinder und Jugendliche sind die verletzlichsten Glieder – ihre Unterstützung einzufrieren, erinnert an schlimmste Verhältnisse in den USA.“ Er bezieht sich auf die geplante Kürzung der Inter*Trans*Beratung, einem Angebot für TIN* Kinder und Jugendliche. TIN* steht für trans*, inter* und nicht binär.
„TIN* Kinder und Jugendliche sind die verletzlichsten Glieder – ihre Unterstützung einzufrieren, erinnert an schlimmste Verhältnisse in den USA.“
„Ein Aufbruch sieht anders aus“, kommentiert auch Spinnboden-Vorstandsmitglied Stefanie Pöschl. „Statt Erneuerung und Verlässlichkeit gibt es Kürzungen – der Queer History Month wird gestrichen. Damit verliert Berlin ein wichtiges Bildungsangebot, das queere Geschichte sichtbar macht und jungen Menschen Vorbilder gibt.“
Edwin F. Greve von der Kompetenzstelle Intersektionale Pädagogik kritisiert, dass die Schwarz-rote Koalition Anfang des Jahres verkündet habe, „wichtige Projekte der Antidiskriminierungslandschaft ‚gerettet' zu haben“, es jedoch wenige Monate später zu erneuten Kürzungen kam. Er bezieht sich in der Aussage auf die Haushaltskürzungen im vergangenen Herbst, von denen insbesondere queere Jugendprojekte bedroht waren.
In seiner Kritik verweist er auf den Migrationsrat e. V., Träger der Kompetenzstelle Intersektionale Pädagogik, der „seit 2023 vor den Absichten des Senats“ warne. Dennoch habe ihm das Parlament „mit dem Haushaltsbeschluss freie Hand gelassen, (...) den ideologisch motivierten Kahlschlag gegen das soziale und inklusive Berlin weiter zu verfolgen.“
Die betroffenen Akteur*innen fordern deshalb die Rücknahme der Kürzungspläne und finanzielle Sicherstellung für queere Bildungs- und Antidiskriminierungsarbeit. Darüber hinaus verlangen sie langfristige Planungssicherheit vom Berliner Senat, um die Stabilität ihrer Projekte gewährleisten zu können. Sie fordern direkt Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch dazu auf, ihre Entscheidung zu revidieren und „endlich Verantwortung für die queere Bildungslandschaft in Berlin zu übernehmen.“
Offener Brief an die Bildungssenatorin
Die Akteur*innen von Inter*Trans*Beratung Queer Leben verfassten am 21. Februar einen Offenen Brief für den Fortbestand des Projekts. Darin argumentieren sie, dass ihr TIN*-spezifisches Beratungsangebot „eine immense Versorgungslücke“ schließe und es deshalb „falsch und kontraproduktiv“ sei, die Beratungsstelle durch einen Kürzungsplan zu gefährden, denn: „Dieses Angebot ist unverzichtbar.“
Das Schreiben, das nach eigenen Angaben in kurzer Zeit bereits über 2.500 Unterzeichner*innen hat, überreichten sie am heutigen 25. Februar an die Bildungssenatorin Günter-Wünsch sowie die Staatssekretär*innen Christina Henke und Falko Liecke.
Zu den Unterzeichnenden zählen über 300 (Kinder-)Therapeut*innen, Ärzt*innen, über 100 Eltern sowie zahlreiche Fachkräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe sowie Bildungsarbeit.

Die Initiative informiert zusammen mit der Schwulenberatung auf Instagram über die geplante Kürzung und den offenen Brief. Die Petition, die in einem Google Doc erstellt wurde, kann weiterhin unterschrieben werden – die Initiative freut sich über jede Unterstützung.
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