Queere Geschichten aus dem Nahen Osten: Soura Film Fest

Das „Soura Film Fest“ geht in die zweite Runde. Anfang Oktober sind im Neuköllner Kulturzentrum Oyoun vor allem queere Dokus, Spiel- und Kurzfilme aus dem Nahen Osten und Nordafrika zu sehen.
Nach einer erfolgreichen ersten Ausgabe im vergangenen Jahr ist das „Soura Film Fest“ zurück! Und das viertägige Festival ist in diesem Jahr um einige Highlights reicher. Präsentiert werden aktuelle Filme u. a. aus dem Nahen Osten und aus Nordafrika. Viele von ihnen können in ihren Produktionsländern nicht gezeigt werden. Das Festival wurde 2019 gegründet, um queeren Filmschaffenden einen sicheren und wertschätzenden Rahmen für ihre Arbeiten zu geben.
„Ich denke, es gibt in Europa eine Nische für ein Festival wie dieses. Daher war meine größte Motivation, eine Plattform zu schaffen und ein Licht auf die queeren Geschichten aus dem Nahen Osten und aus Nordafrika zu werfen – wo diese meist zum Schweigen gebracht und unterdrückt werden“, sagt der libanesische Filmemacher Robert Moussa, Gründer und Direktor des Festivals.
Im Festivalprogramm finden sich diesmal 17 Kurzfilme aus Marokko, Aserbaidschan, Afghanistan, Ägypten, Tunesien, Israel, der Türkei, dem Sudan und Libanon. „Wir haben dieses Jahr viele Filme zugeschickt bekommen und ich war angenehm überrascht. Wir recherchieren außerdem viel, um Filme zu finden, die manchmal wegen politischer Sanktionen gegen Länder, aus denen sie stammen, nicht über unsere Plattform eingereicht werden können.“

Eine dieser Überraschungen sei für ihn der Kurzfilm „The Art of Being a Sinner – A Conversation with My Gay Friend“ aus dem Sudan. Neben queerer Repräsentation sind auch Rassismus, Privilegien und Exotisierung zentrale Themen des Programms. Womit sich vor allem der Eröffnungsfilm „Futur Drei“ von Faraz Shariat, ein Coming-of-Age-Film, befasst. Wichtig ist auch die aserbaidschanische Kurzdoku „All Monsters Are Human“, die von einem transphoben Mord erzählt.

Hinzu kommt ein vom „Xposed Queer Film Festival“ kuratiertes Kurzfilmprogramm. Und um den Blick von der Gegenwart hin zur queeren Geschichte des Nahen Ostens zu lenken, sollen auch Filme aus den 1990er-Jahren im Rahmen einer Retrospektive gezeigt werden.
Wichtige Bestandteile des Festivals sind außerdem Gesprächsrunden, bei denen es die Möglichkeit gibt, sich über die Hintergründe, Bedingungen und historischen Entwicklungen des queeren Films im Nahen Osten zu informieren und auszutauschen. So wurde etwa die Wissenschaftlerin Rasha Younes von der Organisation Human Rights Watch eingeladen, um über die Forderungen der LGBTI*- Community im Libanon, die 2019 in die Proteste gegen Korruption und Staatsverschuldung eingebunden war, zu sprechen. Younes spricht im Rahmen des Panels „Revolting Queers“, das sich mit der Darstellung revolutionärer Bewegungen im Kino und Queerness als ein Zentrum von Rebellion auseinandersetzt. Ein weiteres Gespräch geht der Frage nach, was queeres Kino überhaupt ausmacht: Geht es dabei einfach um Filme, die Geschichten über LGBTI* erzählen, oder um Werke, die die Normen des Kino und seine Produktionsbedingungen in Frage stellen?

„Soura“ bedeutet auf Arabisch „Bild“, und der Name des Festivals spiegelt damit die Erzählweise der gezeigten Filme, die starke Bilder von mitunter harten Realitäten enthalten. Robert Moussa ist sich der Heftigkeit seines Programms bewusst: „Nach dem letzten Festival wurde ich gefragt, warum es keine Happy Ends gibt und warum die Protagonist*innen immer leiden müssen. Das liegt daran, dass diese Filme die Realität von queeren Menschen in der MENA-Region zeigen, und die ist die meiste Zeit leider hart.“

SIEGESSÄULE präsentiert
Soura Film Fest – Queer Middle East & North African Film Festival, 01.–04.10., Oyoun, Neukölln
Text wurde am 29.09. geändert: In der ersten Version des Textes wurde synonym zum englischen Begriff „Middle East" von Filmen aus dem „Mittleren Osten“ gesprochen. Da im Deutschen der Begriff „Naher Osten" allerdings die gängigere Bezeichnung für die gemeinte Region ist, hat die Redaktion die entsprechenden Textstellen nachträglich geändert.
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