Wie sieht die Zukunft der queeren Clubkultur aus?
Im Oktober hat das Programm der Festivalwoche „Tag der Clubkultur“ vielen Akteur*innen und Kollektiven aus der Clubszene eine Bühne geboten. Der Elefant im Raum, das Clubsterben, blieb jedoch wenig beachtet. SIEGESSÄULE hat bei den queeren Institutionen SchwuZ und Connection nachgehakt
Ein Schatten hängt über der Clubszene. Der „Tag der Clubkultur“ war zwar ein großes Vernetzungstreffen und Fest der Berliner Partylandschaft, doch das Clubsterben bedroht diese Orte der Entfaltung und einige kommen schmerzlich abhanden. Die Hoffnung schwindet, sich über die zunehmende soziale Anerkennung der Clubkultur in den vermeintlichen Himmel der Staatsförderung aufzuschwingen: Im September kündigte die Senatsverwaltung Einsparungen von 10 Prozent auf geförderte Kulturbetriebe an – die gravierendsten Sparmaßnahmen im Kulturbereich seit Jahrzehnten. Daraufhin veranstaltete das Aktionsbündnis #BerlinIstKultur verschiedene Proteste, sammelte Unterschriften und brachte am 13. November an die tausend Demonstrierende auf die Straße.
Vorbei seien die Nächte des Durchfeierns. Statt weiterzuziehen, fiele um 4:30 Uhr der Hammer und es gehe für die meisten Gäste nach Hause.
Abgesehen davon haben die Clubs schon jetzt einiges zu schultern. Dirk Maschke vom Schöneberger Traditionsclub Connection in der Motzstraße erzählt, die Corona-Krise habe er genutzt, um „alles umzubauen, zu modernisieren und auf Stand zu bringen für alle Menschen.“ Der ehemals schwule „Men only”-Club hat sich für alle LGBTIQ* geöffnet. Doch das Ausgehverhalten der Besucher*innen habe sich geändert, berichtet Maschke. Vorbei seien die Nächte des Durchfeierns. Statt weiterzuziehen, fiele um 4:30 Uhr der Hammer und es gehe für die meisten Gäste nach Hause. Im Kontrast dazu hätten die Leute früher im Sommer vor dem Connection auf der Straße gestanden. „Die Polizei ist gekommen und hat die Straßen geräumt”, so Maschke. Heute sei „der Schöneberger Kiez halt kein Ausgehort mehr”. Es fehle das Publikum, um die Geschäfte wie früher am Leben zu erhalten.
Laut SchwuZ-Geschäftsführer Florian Winkler-Schwarz kommt „eine neue Generation nach, die in der Corona-Zeit gelernt hat, dass es auch ohne Clubbing andere Möglichkeiten zur Vernetzung und zum gemeinsamen Feiern gibt”. Außerdem seien die Clubs auch beeinflusst von der sinkenden Kaufkraft in Deutschland. „Die Menschen haben einfach weniger Geld. Und gleichzeitig werden die Kosten für unsere Räume immer teurer, zum Beispiel Mieten, aber auch Energie- und Personalkosten steigen”, so Winkler-Schwarz zur SIEGESSÄULE.
Neben schon laufenden Einsparungen will das SchwuZ mit Maßnahmen gegensteuern, die den Zugang zum Ausgehen erleichtern, beispielsweise über vergünstigte Preise für Studierende. Mit dem Berlin-Pass, auf den Bezieher*innen von Sozialleistungen Anspruch haben, feiern Besucher*innen übrigens schon seit Jahren für 6 Euro in der Neuköllner Disco. „Wir sind gerade in der Vorbereitung, eine SchwuZ-Abo-Card noch in diesem Jahr einzuführen, die für einen Festpreis einen dauerhaften Besuch im Club ermöglicht”, kündigt er an.
Support your local disco!
Von den Berliner*innen wünscht sich Winkler-Schwarz mehr Solidarität für die Clubs. Hilfreich sei auch, sich bei Demos für die Berliner Clubszene stark zu machen. Insbesondere queere Orte seien von Verdrängung bedroht – nicht zuletzt Clubs wie die Wilde Renate, About Blank oder Oxi durch den geplanten Ausbau der Autobahn A100. Die Clubbetreibenden des Connection und SchwuZ begegnen den Herausforderungen mit Sorgen, aber auch Lösungsansätzen. Sie sind gefragt, sich anzupassen an die neuen Bedürfnisse von Partygänger*innen. Doch auch das Publikum ist gefragt und sollte sich überlegen, die Piepen in queere Läden zu stecken, statt in die Hetero-Ökonomie zu wirtschaften. Wer queere Orte und Arbeitsstellen will, muss dort investieren, besonders dann, wenn staatliche Förderprogramme schrumpfen statt ausgebaut zu werden.
Connection
connection-berlin.de
SchwuZ
schwuz.de
Tag der Clubkultur
tagderclubkultur.berlin
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