Queere Wagner-Satire: „Ab in den Ring!“ in der Deutschen Oper
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Das Operettenkollektiv tutti d*amore bringt an der Deutschen Oper mit „Ab in den Ring!“ eine Wagner-Satire, die sich als hochaktuell erweist. Am 28. Februar findet die Uraufführung statt
Pathetisch, schwülstig, verschwurbelt, exzessiv lang, nervös, hysterisch – so sind die Musikdramen Richard Wagners. Damit auch Steilvorlagen für Verballhornungen. Etwa „Götterdämmerung“ aus dem Vierteiler „Der Ring des Nibelungen“: Loriot hatte dazu Ulkiges zu sagen. Und lange vor ihm schon Librettist Rideamus aka Fritz Oliven und Komponist Oscar Straus. In Berlin ist Straus bekannt durch seine Operetten „Die Perlen der Cleopatra“ und „Eine Frau, die weiß, was sie will“, Dauerbrenner an der Komischen Oper.
Jetzt bringt die Deutsche Oper an ihrer Experimentalbühne Tischlerei Oscar Straus‘ Operette „Die lustigen Nibelungen“. Da werden die Mythen aufs jämmerlich Alltägliche gestutzt: Siegfried hat sein Gold auf der Rheingoldsandbank, die pleitegeht, das Bad in Drachenblut geschieht in Sanitärkeramik, es wird bis zum Umfallen gesoffen, Brünhilde verprügelt am liebsten cis Männer. Deshalb schlottern Angsthase König Gunther auch heftig die Glieder, eine Geld heirat mit ihr steht nämlich an. In der Tischlerei der Deutschen Oper wird die Satire noch weitergedreht. Dafür sorgt das queerfeministische Kollektiv tutti d*amore, bekannt dafür, dass es Operetten in neue Kontexte bringt: auf Technofestivals, in Berliner Clubs oder auf Dorfplätze in Brandenburg. Dabei werden gern Aspekte des Aufführungsorts in die Produktionen eingebaut. Bei „Ab in den Ring!“, einer Überschreibung von „Die lustigen Nibelungen“, sind der Hof von König Gunther, Brünhilde und Siegfried Akteur*innen der Theaterszene.
Zwangsheirat wegen Kürzungen des Berliner Senats
Die Ausgangssituation: Dieser Hof, in der Lesart von tutti d*amore die Deutsche Oper, muss „wegen Kürzungen des Berliner Senats eine Zwangsfusionierung mit der gefürchteten Freie-Szene Gruppe ‚Die wilde Brünhilde‘ eingehen“, erklärt Regisseurin Anna Weber von tutti d*amore. Bei dieser institutionellen Zwangsheirat wird genüsslich mit Klischees gespielt: selbstgefällige, biestig-antipatriarchale Freie-Szene Guerilla gegen biestig-verkrustete Staatstheaterhierarchie. „Unsere Erzählung zielt darauf ab, wie beide Gruppen am Ende zusammenarbeiten und wie sie Überzeugungen voneinander annehmen können.“ Sparmaßnahmen? Kommt einem angesichts der aktuellen, so empathie- wie planlosen Kürzungswut des Berliner Senats bekannt vor. Dabei sei das Inszenierungskonzept zu „Ab in den Ring!“ lange vorher entwickelt worden, sagt Anna Weber: „Die Relevanz von Kunst und Kultur ist seit den Theaterschließungen während der Corona-Lockdowns ein Thema. Aber dass wir jetzt so den Nagel auf den Kopf treffen, das hätten wir auch nicht gedacht.“
„Die Relevanz von Kunst und Kultur ist seit den Theaterschließungen während der Corona-Lockdowns ein Thema. Aber dass wir jetzt so den Nagel auf den Kopf treffen, das hätten wir auch nicht gedacht.“
Das Hinterfragen von Genderstereotypen, das schon in der Vorlage von Oscar Straus angelegt ist, erfährt bei tutti d*amore ebenfalls eine Zuspitzung: „In unserer Fassung geht es noch weiter, dass zum Beispiel die Sopranhauptpartie, die ‚minnige Maid‘ Kriemhild, also die Schwester von König Gunther und Siegfried-Gattin, von mir, einem Tenor, verkörpert wird. Das führt zu sehr schönen Momenten, wenn die Liebesduette mit Siegfried zu Tenorwettkämpfen werden ...“, erzählt Tenor Ludwig Obst von tutti d*amore. „… oder zu einer Tenorliebesszene“, fügt Anna Weber hinzu.
SIEGESSÄULE präsentiert „Ab in den Ring!“
28.02. (Premiere)
02.+06.+07. +09.+15.+16.03.,20:00,
Deutsche Oper (Tischlerei)
deutscheoperberlin.de
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