Kinostart von „Sisi & ich“ am 30.03.

Queer, komisch und wild: Neuer Film über Kaiserin Sisi

29. März 2023 Frank Hermann
Bild: DCM / Bernd Spauke

Am 30. März kommt „Sisi & ich“ in die Kinos. Der Film von Regisseurin Frauke Finterwalder erzählt die letzten Lebensjahre von Elisabeth von Österreich aus der Sicht der schwärmerisch verliebten Hofdame Irma

Nach seiner Premiere bei der Berlinale kommt der Film „Sisi & ich“ nun in die Kinos. Nur kurze Zeit nach Marie Kreutzers „Corsage“. Gutes Timing, schlechtes Timing? Anders als die Sisi-TV-Serien der letzten Zeit wagen die beiden Kinofilme radikale Neuinterpretationen der Ikone Elisabeth. Wer der Sisi-Mania noch nicht müde ist, wird auch bei diesem Film seinen Spaß haben. Zum Glück ist von der Kitsch-Sisi der Weihnachtsprogrammfilme nichts übrig. Dafür sorgt die Regisseurin Frauke Finsterwalder („Finsterworld“) mit ihrer Entzauberung des Mythos und weiß doch auf neue Weise zu verzaubern.

Spartanische Sitten

Im Mittelpunkt der Erzählung stehen die Hofdame Irma (Sandra Hüller), eine ungarische Gräfin, und deren Sicht auf ihre Beziehung zu Sisi (Susanne Wolff). Es ist eine Freundschaft mit Ungleichgewicht zwischen der Regentin und ihrer Untergebenen, wie schnell deutlich wird. Irma Gräfin von Sztáray stellt sich nach einem misslungenen Verheiratungsversuch seitens ihrer rigiden Mutter bei Hofe vor.

Hofdame ist schließlich besser als „alte Jungfer“ ... Dort wird die Anwärterin von ihrer Vorgängerin, der Gräfin Festetics (Johanna Wokalek), begutachtet, vermessen und gewogen. Die Gräfin lässt dabei in ihrer Erscheinung ganz in Schwarz und mit ihrem kühlen Gebaren an Mrs Danvers aus „Rebecca“ denken. Das setzt erste Akzente. Irma besteht den Test und begibt sich nach Korfu, Sisis Aufenthalts- und Sehnsuchtsort, jenseits der höfischen Wiener Etikette. Dort angelangt, wird sie vom kaiserlichen Adjutanten, Graf von Berzeviczy (Stefan Kurt als herrlich spröd-devote Hofschranze wie aus dem Bilderbuch), erst einmal zu einem sportlichen Parcours genötigt. Ohne Fleiß kein Preis und wenn es nur Wassersuppe ist. Denn es herrschen spartanische Sitten.

Asketisch, athletisch und ein bisschen lesbisch ist diese Elisabeth, die keine dicken Menschen um sich haben möchte und erst recht keine Männer. Außer ihrem schwulen Schwager, dem Erzherzog Ludwig Viktor von Österreich (Georg Friedrich, „Große Freiheit“, „Sparta“), denn der ist amüsant, und der Graf von Berzeviczy zählt eh nicht. „Der hat aber einen kleinen Popo“, findet Victor zumindest und schwadroniert vom Offizierssamen in seinem eigenen Hintern. Sisi ist amüsiert, kommandiert ansonsten ihren Minihofstaat herum. Neben strammen Spaziergängen ohne Frühstück und strikter Diät kommt es mitunter zu einer bizarren Theateraufführung, bei der auch Irma mitspielen darf. Sie ist ja auch fit dank Hürdenlauf mit gerafften Röcken und Gymnastik an den Ringen. Beides absolviert Irma gehorsam und Sandra Hüller verleiht ihr dabei ihren typischen trocken-stoischen Humor.

Unterschwellige Erotik

Grotesk, albern, komisch ist das alles. Aber nie Klamauk, es bleibt distinguiert. Nicht zuletzt dank Sandra Hüller und Susanne Wolff, die virtuos aufspielen. Dabei klingt auch unterschwellig Erotik an. Sei es in Szenen mit den beiden androgynen Hofdamen, die Sisi dekorieren – oder ist da doch noch mehr? Sei es in Irmas zunehmender Schwärmerei für ihre kaiserliche Freundin, die freilich keine Erfüllung findet. Elisabeth entscheidet letztlich immer, wie nah ihr die Menschen kommen dürfen in ihrer Narretei und Rastlosigkeit. Irma folgt ihr auf diverse Reisen, ebenso wie bei der Kokaindiät und den bulimischen Exzessen. Aber auch wunderbar verkicherte Dünenwanderungen in Algier nach dem Genuss von Drogen gibt es. Auf kaiserliche Anordnung zurück am österreichischen Hof hat das lichte Leben ein Ende. Das Protokoll zwingt Sisi in die Knie und der Film zeigt düsterere Farben. Irma begleitet sie auch jetzt unbeirrt. Bis zu Sisis Tod am Genfer See, der anders ist als in der historisch überlieferten Wirklichkeit.

Abgerundet wird das Filmerlebnis durch die feinen Kurzauftritte von Sibylle Canonica und Angela Winkler in den Rollen der Mütter von Irma und Sisi sowie durch die anachronistische Indie-Rock-Untermalung mit Hits von Portishead, Le Tigre oder Nico.

Sisi & ich, Deutschland/Schweiz/Österreich 2023, Regie: Frauke Finsterwalder. Mit Sandra Hüller, Susanne Wolff, Stefan Kurt u. a. Ab dem 30.03. im Kino

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