Queerfeministische Wohngenossenschaft sucht Investor*innen
2019 gründeten queere BIPoC-Personen die Wohngenossenschaft CRCLR Living. Ihr Ziel: sozial gerechte, nachhaltige und gemeinschaftsorientierte Wohnmöglichkeiten. 2023 sollten die ersten 19 Wohnungen fertig werden. Doch Pandemie und Ukrainekrieg machen den Bau teurer. Jetzt werden Investor*innen gesucht
Es klingt perfekt: Die Stiftung Edith Maryon kauft ein Grundstück in Neukölln, um es dem gewinnorientierten Immobilienmarkt zu entziehen. Sie vergibt es auf Zeit an die gemeinwohlorientierte Baugenossenschaft TRNSFRM. Die baut dort Arbeitsräume für gemeinnützige Gesellschaften. In den oberen Stockwerken entstehen 19 Wohnungen für die queerfeministische Wohngenossenschaft CRCLR Living, deren 20 Mitglieder alle queer und/oder BIPoC sind.
Dann schlägt die Wirklichkeit zu: Erst bricht die Pandemie aus, dann fällt Russland in die Ukraine ein. Der Nachschub mit Baustoffen stockt, die Preise steigen, und CRCLR Living muss zwei Millionen Euro mehr aufbringen – bis Anfang 2023. „Das ist für uns ein Supergau – so kurz vor der Fertigstellung“, klagt Alice. „Aber wir wollen die Kosten eben nicht auf alle Mitglieder umlegen. Viele können das gar nicht stemmen.“ Die Hälfte der Wohnungen soll weiterhin für 6,50 Euro pro Quadratmeter vermietet werden. Das ist die Obergrenze für alle, die Wohngeld bekommen.
Gesucht werden daher Leute mit Geld auf dem Konto, das sie an CRCLR Living eG verleihen können. Mindestsumme: 5500 Euro. „Es geht nicht um Spenden“, betont Genoss*in Dounia, „das ist eine rechtlich solide Anlagemöglichkeit.“ Die Genossenschaft zahlt bis zu zwei Prozent Zinsen und Tilgung.
„Wir sehen uns als Schutzraum, in dem neue Formen des Zusammenlebens erprobt werden können."
Im Gespräch wirken Alice und Dounia bestürzt. Nicht nur weil es um ihr künftiges Zuhause geht, sondern auch weil ihre großen Ideen auf den letzten Metern scheitern könnten. Seit 2016 verfolgen sie mit rund 20 Verbündeten das Projekt. 2019 haben sie CRCLR Living mitgegründet. Die Großbuchstaben stehen für Circular: Leben im Kreislauf statt im ewigen Wachstum.
Beide wissen, dass sie als Genoss*innen privilegiert sind. „Aber das Haus ist nicht nur unser privates Wohnglück, sondern politische Arbeit“, sagt Dounia. „Wir kämpfen gegen die Spaltung der Gesellschaft durch steigende Mieten. Wir tun uns als Queers und/oder BIPoC zusammen, um das schöne Wohnen zu demokratisieren.“ Bei Abstimmungen habe jedes Mitglied eine Stimme, egal wie viel Kapital es eingebracht hat.
Und die vielen Gemeinschaftsräume, ergänzt Alice, sollen den Zusammenhalt stärken: „Wir sehen uns als Schutzraum, in dem neue Formen des Zusammenlebens erprobt werden können. Gerade als queere BIPoC-Community brauchen wir sie, um uns zu supporten und um Kraft zu tanken. Wir stellen uns der Frage: Wie können wir gemeinschaftlich wohnen – und zwar mitten in Berlin und nicht vereinzelt am Rand der Stadt.“
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