Nachbericht: Drag-Sommerfest im Botanischen Garten

Queens & Flowers: Der Garten Eden liegt in Steglitz

2. Sept. 2024 Sascha Suden
„Queens & Flowers“ im Botanischen Garten Berlin am 31. August 2024

Am 31. August fand erstmals das Drag-Sommerfest „Queens & Flowers“ im Botanischen Garten Berlin statt, organisiert von Place2Be.Berlin, dem queeren Tourismus- und Eventportal der SIEGESSÄULE. Das Outdoor-Event für Groß und Klein vereinte Berliner Szenegrößen mit den Stars von „RuPaul's Drag Race Germany“. SIEGESSÄULE-Autor Sascha Suden war vor Ort und berichtet von seinen Eindrücken

Obwohl es nach Sonnenuntergang kühler im Botanischen Garten wurde, war den Anwesenden warm ums Herz: In den Abendhimmel stiegen bunte Seifenblasen auf, mehr als 700 Menschen (von insgesamt knapp 2000 Besucher*innen) tanzten ausgelassen und auf der Bühne sang die „RuPaul's Drag Race Germany“-Finalistin Kelly Heelton mit den Gästen „Freed from desire“. Sie war einer der Höhepunkte eines sechsstündigen Spektakels – zusammen mit den anderen Drag-Race-Stars Nikita Vegaz, die eine Lipsync- und Line-Dance-Nummer zu Beyoncés „Texas Hold 'em” zum Besten gab sowie der Gewinnerin Pandora Nox.

Mit atemberaubender Akrobatik und Spagatsprung lieferte Pandora Nox den Schlussmoment nach einem rundum gelungenen Auftakt der „Queens & Flowers“ – dem neuen Drag-Sommerfest im Botanischen Garten.

Pandora Nox bei ihrer Performance zu „Be Italian“

Queeres Familienfest

Die grandiose Veranstaltung endete nicht nur mit Tanz, sie begann auch damit: Bei der Dragqueen-Reading-Hour für Kinder am Nachmittag forderten die Berliner Szene-Queens Antina Christ und Kaey die Eltern dazu auf, gemeinsam mit ihren Kinder „Tschu, tschu, wa“ zu singen und zu tanzen. Das erste Drag-Sommerfest im Botanischen Garten war also auch ein wunderbares Familienfest. Vorleserin Kaey überzeugte mit ihrem rührenden Einsatz für die Kinder und las zusammen mit Antina Christ unter anderem aus den Kinderbüchern „Anton will Prinzessin werden“ und „Der Löwe wird bunt“. Eltern und Kinder waren begeistert.

Es sei eine tolle Entscheidung gewesen, das Drag-Sommerfest so familienfreundlich zu gestalten, meint auch Jacqueline Boy von den Kinderschutzengeln: „Es ist schön zu sehen wie wenig Berührungsängste Kinder haben.“ Kindern solle viel häufiger queeres Leben nahegebracht werden, damit sie ohne Vorurteile aufwachsen, findet die zweifache Mutter.

„Es ist schön zu sehen wie wenig Berührungsängste Kinder haben.“

Die Umweltpädagogin Anne-Charlotte Viriot zeigte den Kindern außerdem, wie man aus Pflanzen Farbe machen kann. Johura, die mit ihren beiden Kindern da war, schwärmte von der Veranstaltung: „Ich finde es schön, dass ich den Kindern einmal Drag zeigen kann.“ Sohn Leander (12) war auch ganz angetan, noch mehr aber vom Botanischen Garten: „Das ist so schön hier, ich habe schon tausende Fotos gemacht.“

Das erleuchtete Gewächshaus im Botanischen Garten Berlin

Nachtschattengewächse ins Tageslicht!

Wie schön der Botanische Garten ist, stellten auch die Künstler*innen auf der Bühne fest. Viele mussten gestehen, dass sie noch nie hier waren: Auch Moderatorin Jurrassica Parka entpuppte sich als Berliner Großstadtpflanze, die noch nie im Botanischen Garten war. Jade Pearl Baker, für die es auch das erste Mal war, wurde poetisch: „Das ist der Garten Eden von dem alle reden, warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt in... Steglitz!“

Das dachte sich wahrscheinlich auch Michael Pawlik, der Chef der Wirtschaftsförderung von Steglitz-Zehlendorf. Er hatte noch Fördergelder, die er in eine queere Veranstaltung stecken wollte. „Wir sind nicht so bekannt als queerer Stadtteilbezirk, das wollte ich ändern“, so Pawlik. Mit dem Bestreben ging er auf Place2be.Berlin, dem queeren Tourismus- und Eventportal der SIEGESSÄULE, zu.

Nach erfolgreichem Brainstormen präsentierte Place2be.Berlin dann das Konzept für ein Drag-Sommerfest im Botanischen Garten. Michael Pawlik war sofort begeistert. Die Idee: Queere Nachtschattengewächse aus den dunklen Clubs raus ans Tageslicht bringen!

„Biodiversität, Klima, all das, was die Rechten nicht mögen, mögen wir und deshalb sind wir hier.“

Für den Direktor des Botanischen Gartens Thomas Borsch lag die Verbindung zwischen Drag und dem Botanischen Garten auf der Hand. In einem kurzen Interview auf der Bühne sagte er: „Wir freuen uns über jede Form der Diversität, das liegt uns am Herzen.“ Er konkretisierte: „Biodiversität, Klima, all das, was die Rechten nicht mögen, mögen wir und deshalb sind wir hier.“ Die Antwort war tosender Applaus aus dem bunten Publikum: Szenegrößen, ältere Herrschaften und viele Familien waren zu sehen.

Wiese vor der Bühne im Botanischen Garten

Wie groß der Zuspruch schon im Vorfeld war, zeigen die 1200 Tickets, die bereits Tage vorher ausverkauft waren. Neben dem Bühnenprogramm mit Drag-Shows und einem Konzert von Jade Pearl Baker, konnten Besucher*innen Streetfood sowie Cocktails am Stand der Hafen-Bar genießen, sich vor einer Fotowand mit den Dragqeens fotografieren lassen oder zu den All-Time-Favorites von DJ Gitti Reinhardt auf der Terrasse am Großen Tropenhaus tanzen.

DJ Gitti Reinhardt auf der Terrasse am Großen Tropenhaus

„Drag is not a crime!“

Das grelle Sonnen- und Tageslicht war mitunter eine Herausforderung für die Performer*innen, denn Kostüme und Maske sind meist aufs nächtliche Scheinwerferlicht ausgerichtet. Das meisterten die Performer*innen jedoch mit Bravour: Ob Foxglove, Lola Rose, Prince Emrah oder Vivienne Lovecraft, sie alle zogen das Publikum auch bei grellstem Sonnenlicht in ihren Bann.

Nachdem die Berliner All-Stars im ersten Showblock auftraten, mussten bei einem queeren Bildungsquiz Marsha P. Johnson, Melitta Sundström und RuPaul erraten werden. Perfekte Überleitung, denn im zweiten Showblock traten schon die Stars von „RuPaul's Drag Race Germany“ Pandora Nox, Nikita Vegaz und Kelly Heelton auf.

Foxglove moderiert den Showblock mit den Berliner Szene-Queens

In einer kurzen Ansage brachte Kelly auf den Punkt, worum es bei „Queens & Flowers“ geht: „Drag is not a crime!“ Damit bezog sie sich auf die Bestrebungen von Rechtspopulist*innen in Florida, aber auch in Österreich und Bayern, Drag zu verbieten.

„Es ist notwendig zu zeigen, dass es uns gibt.“

Kellys Fazit: „Es war wunderschön. Wir als Drags ans Licht und aus der Nische. Es ist auch notwendig zu zeigen, dass es uns gibt. Auch an diesem tollen Ort. Ich hoffe, das gibt es jedes Jahr!“ Sollte „Queens & Flowers“ im nächsten Jahr wieder stattfinden, wird auch Jade dabei sein: „Icke komme wieder!“ Alle, die bei der gelungenen Premiere dabei waren, sicher auch.

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