Proteste nach homophobem Mord: „Gerechtigkeit für Samuel“
In der Nacht von Freitag, dem 02.07., auf Samstag wurde in Spanien der 24-jährige Samuel Luiz zu Tode geprügelt, vermutlich wegen seiner Homosexualität. Tausende Menschen sind deshalb in spanischen Städten gegen Homophobie auf die Straße gegangen. Mit Sprechchören, auf Plakaten, Transparenten und T-Shirts forderten sie „Gerechtigkeit für Samuel“.
Die Gewalttat ereignete sich in der galicischen Küstenstadt A Coruña. Laut Medienberichten sei Samuel auf der Hafenpromenade mit Fremden aneinandergeraten. Die Angreifer*innen hätten angenommen, dass Samuel sie mit seinem Handy filmen würde. Stattdessen habe er aber per Video mit einer Freundin telefoniert. Diese berichtete, sie habe über das Telefon die Auseinandersetzung zum Teil mit angehört. Die Angreifer*innen sollen ihren Angaben zufolge gesagt haben: „Wir töten Dich, weil Du schwul bist.“ Der junge Mann wurde bei der Schlägerei lebensgefährlich verletzt und starb noch in der Nacht in einem Krankenhaus. Die ersten Autopsieberichte weisen daraufin, dass er an einem Fußtritt gegen den Kopf starb.
Überwachungskameras zeichneten das Geschehen auf, derzeit werden die Aufnahmen ausgewertet und Zeug*innen befragt. Laut Angaben der spanischen Polizei vom 9. Juli befinden sich mittlerweile drei Personen als mutmaßliche Täter in Untersuchungshaft. Sie seien zwischen 20 und 25 Jahre alt und leben in A Coruña. Insgesamt waren 6 Personen festgenommen worden, darunter auch zwei minderjährige Verdächtige, die ebenfalls vorläufig in Gewahrsam bleiben. Eine Anfang der Woche festgenommene Frau, bei der es sich wohl um die Freundin des Hauptverdächtigen handelt, ist mittlerweile wieder entlassen worden. Keiner der Tatverdächtigen habe das Opfer laut Polizeiangaben gekannt.
Die an der Tat beteiligte Gruppe könne aus bis zu zwölf Personen bestehen. Bisher sollen 15 Personen Statements über das Geschehen abgegeben haben. Die Polizei teilte mit, dass die Ermittlungen so lange dauern würden, bis alle Fakten des Falls geklärt seien. Dabei werde auch geprüft, ob der Angriff durch Homophobie motiviert war. Trotzdem Zeug*innen berichteten, dass Samuel mit dem Begriff „Faggot" („Schwuchtel") beschimpft wurde, hat die Polizei bislang noch nicht bestätigt, dass es sich um ein aus Homophobie begangenes Verbrechen handelt.
Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez schrieb auf Twitter, dass er auf die polizeilichen Ermittlungen vertraue, durch die diese „grausame und niederträchtige Tat“ aufgeklärt werde. „Wir werden bei den Rechten und Freiheiten keinen Rückschritt machen. Spanien wird das nicht tolerieren.“ Er sprach den Angehörigen sein Beileid aus.
Im Innenhof des Sitzes des Europäischen Parlaments in Straßburg legten am Montag einige Parlamentarier*innen eine Schweigeminute für Samuel ein. Die Teilnehmer*innen trugen eine Regenbogenflagge und Plakate mit dem Slogan „Gerechtigkeit für Samuel“.
„Wir möchten, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird“
Am Tatort in A Coruña wurde ein improvisierter Altar mit Blumen und Botschaften aufgestellt, berichtet die LGBTIQ* Organisation ALAS A Coruña gegenüber SIEGESSÄULE. „Dies unterstreicht die Haltung und den Geist unserer offenen und einladenden Stadt,“ sagt Ana G. Fernández, Vorstandsmitglied von ALAS A Coruña. „Wir möchten, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird. Samuel wurde Opfer eines Hassverbrechens und seine Mörder müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“
In mehreren Städten, darunter Madrid, Barcelona und Valencia, riefen LGBTI*-Organisationen zu Protesten auf. Tausende folgten dem bereits am Montag. Bei einer Demonstration in Madrid kam es zu Auseinandersetzungen: Am Montagabend ging die spanische Polizei mit Schlagstöcken gegen Teilnehmer*innen vor. Auf sozialen Medien vielfach geteilte Videos zeigen, wie Polizeibeamte ohne ersichtlichen Anlass auf Demonstrant*innen einprügeln. Im staatlichen TV-Sender RTVE wurde am Dienstag kritisiert, dass Teile der Polizei auf dem rechten Auge blind seien. Die Chefin der linken Partei Más Madrid, Mónica García, forderte eine Erklärung der Polizeiführung und der konservativen Regionalregierung für die unverhältnismäßige Härte des Einsatzes. Die Polizei begründete ihr Vorgehen damit, sie seien von einigen Teilnehmer*innen der Demo mit Gegenständen beworfen worden und es habe einige Zerstörungen im öffentlichen Raum gegeben – auf den Videobildern war dies allerdings nicht zu erkennen. Die Regionalregierung kündigte eine Untersuchung an.
Mahnwache in Berlin
Am Freitag, den 09.07., um 18 Uhr soll eine Mahnwache vor der Spanischen Botschaft anlässlich der Ermordung von Samuel Luiz stattfinden. Gastgeber der dazugehörigen Facebook-Veranstaltung ist u. a. Wolfgang Beyer, der auch Co-Organisator des East Pride Berlin im Rahmen der Stern-Demo am 26. Juni war.
Im Aufruf auf Facebook heißt es: „Wir wollen endlich öffentlich unsere Betroffenheit ausdrücken und nicht mehr schweigen, wenn wir permanent physische und psychische Gewalt erleben müssen. Es beginnt nun auch nach dem Mord von Samuel Luiz die Diskussion, ob es denn wirklich antihomosexuelle Gewalt war. Was muss noch passieren, dass unsere Gesellschaft und die mediale Öffentlichkeit beginnt, über die tief eingegrabenen Gewaltstrukturen zu sprechen. Wir wollen vor der Spanischen Botschaft in Berlin um 18:00 eine Andacht für Samuel halten. Wir tun dies im Gedenken an alle Opfer von zwangsheterosexueller Gewalt und ihrer totalitären Ideologie. Für sie aber auch für uns wollen wir beten, damit wir beginnen zu sprechen und das Schweigen endlich aufhört."
Die Organisator*innen bitten Teilnehmende Kerzen, Blumen und Botschaften des Gedenkens mitzubringen, um sie vor der Botschaft abzulegen. Zudem solle coronabedingt eine Mund- und Nasenbedeckung getragen und auf genügend Abstand geachtet werden.
Im Gedenken an Samuel Luiz,
09.07., 18:00-19:30
Spanische Botschaft,
Lichtensteinallee 1, 10787 Berlin
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