Vernissage am 05.07.

Porträt-Ausstellung der queeren Künstler Jimmy DeSana und Paul P.

3. Juli 2024 Carsten Bauhaus
Bild: Jimmy DeSana
Jimmy DeSana Portrait mit Hund, ohne Datum.

Der Fotograf Jimmy DeSana war Teil der queeren Punk-, New-Wave und Fetisch-Szene im New York der 70er- und 80er-Jahre. Im KW Institute for Contemporary Art lässt der scheidende Direktor Krist Gruijthuijsen das Werk DeSanas mit den jüngeren Porträtmalereien von Paul P. korrespondieren

„In den letzten acht Jahren, in denen ich die KW als Direktor leitete, gab es einen Fokus auf verschiedene Künstler*innen, die alle mehr oder weniger aus einer Community aus Gleichgesinnten stammten“, erklärt Krist Gruijthuijsen gegenüber SIEGESSÄULE. „Sie alle setzten sich mit dem Thema HIV/Aids auseinander und lebten und arbeiteten in den 80er-Jahren in Downtown Manhattan oder im East Village – und Jimmy DeSana ist eine dieser Figuren.“

Es scheint, als wäre die Ausstellung ein persönlicher Abschiedsgruß des scheidenden Direktors: Fast zeitgleich mit der Eröffnung der neuen Ausstellung verlässt Krist Gruijthuijsen die KW. In den letzten acht Jahren schenkte er in einer Ausstellungsserie queeren Künstlern wie Martin Wong, David Wojnarowicz oder AA Bronson von General Idea die gebührende Aufmerksamkeit.

Bild: Jimmy DeSana
Jimmy DeSana, Stitches, 1984

Durch die Titelfotografien für die Underground-Magazine des Künstlerkollektivs General Idea wurde auch Jimmy DeSana bekannt: etwa durch sein Foto der Blondie-Sängerin Debbie Harry, die wie er Teil der New Yorker Avantgarde der 70er-Jahre war. Oder sein Selbstporträt, das ihn erhängt im Türrahmen zeigt – samt einer Erektion. Auf einem weiteren Foto präsentiert er sich halb nackt, mit einer Hantel in der Hand diagonal gegen eine Flurwand voller Bücher lehnend – möglicherweise auch genutzt als Werbemotiv für seinen Nebenjob als Escort. Dennoch – und das ist typisch für DeSana – wirkt das Foto zwar sehr inszeniert, aber nicht explizit erotisch. „Es ging bei ihm nie um Sexualität, Gesichter sind selten zu sehen, es geht rein um den ästhetischen Blick auf den Körper als reines Objekt“, erzählt Krist Gruijthuijsen.

„Es ging bei ihm nie um Sexualität, Gesichter sind selten zu sehen, es geht rein um den ästhetischen Blick auf den Körper als reines Objekt.“

Das Brooklyn Museum widmete DeSana im letzten Jahr eine Soloausstellung. In den KW treten DeSanas Arbeiten nun mit den Porträts des erst 1977 geborenen Paul P. in Dialog. Auch hier zeigt sich der sehr persönliche Ansatz in Gruijthuijsens Arbeit.

Kaleidoskop queerer Generationen

Auf Paul P. traf der Kurator bei der Recherche für die angedachte DeSana-Ausstellung in New York: „Paul P. zieht seine Inspiration von derselben Generation von Künstler*innen wie ich. Es geht ihm um die Sichtbarmachung von vergessenen Gesichtern, vergessenen Identitäten.“ Das erinnert tatsächlich stark an Gruijthuijsens eigenen kuratorischen Auswahlprozess: „Jimmy DeSanas eher schmales Werk etwa läuft normalerweise unter dem Radar. Es ist mir wichtig, Künstler*innen wie ihm Sichtbarkeit zu verschaffen, weil es sonst niemand tun würde.“ Paul P.s Porträts basieren auf Fotografien unbekannter junger Männer, die der kanadische Künstler im LGBTIQ+-Archiv in Toronto aufgestöbert hat. Meist sind es Bilder aus schwulen Magazinen der 60er- bis 80er-Jahre. Durch die flamboyante Malweise, die Techniken der vorletzten Jahrhundertwende nachahmt, zieht er eine weitere queere Ebene ein: „In meiner Arbeit kombiniert sich die Energie der halb legalen schwulen Pornoindustrie der 70er-Jahre mit der trotzigen Haltung der Dandys aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert“, so Paul P.

Bild: Paul P.
Paul P., untitled, 2020

Die Ausstellung wird so zu einem Kaleidoskop verschiedener queerer Generationen. Als Jimmy DeSana 1990 an den Folgen von Aids starb, stand Paul P. gerade mal kurz vor der Pubertät. In den letzten Schaffensjahren hatte sich die 1983 erfolgte HIV-Diagnose stark auf DeSanas künstlerischen Ausdruck ausgewirkt: Statt Körper rückten nun tatsächliche Objekte in den Fokus: „Seine Arbeiten wurden nun malerischer und farbiger, weniger queer, dafür symbolischer und esoterischer“, so Gruithuijsen, der der Ausstellung den vieldeutigen Titel „Ruin of Rooms“ gab. „Die Ausstellung ist eine Ode an eine verlorene Generation und der Abschluss meines Programms für die KW, mit dem ich mich für die Marginalisierten, Übersehenen und Radikalen eingesetzt habe.

SIEGESSÄULE präsentiert Jimmy DeSana & Paul P.
Ruins of Rooms
06.07.–20.10., Mi–Mo 11:00–19:00, Do 11:00–21:00
KW Institute for Contemporary Art
Auguststr. 69, Mitte
kw-berlin.de

Vernissage
05.07., 19:00

Talk auf Englisch: The catastrophe that has already happened
14.07., 16:00

Folge uns auf Instagram

#KW#Porträt#Paul P.#Jimmy DeSana#Ruins of Rooms#queere Kunst#Ausstellung

Das Siegessäule Logo
Das Branchenbuch mit Haltung
Queer. Divers. Überzeugend.