Oberkörperfrei für alle: Keine falsche Scham!
Letzte Woche ging es durch die Medien: Die Berliner Bäderbetriebe erlauben oberkörperfreies Schwimmen für alle. Ein Grund zur Freude, aber: Eigentlich war das nie verboten, sagt Gabrielle Lebreton. Sie löste 2021 in Berlin einen Polizeieinsatz aus, als sie sich oberkörperfrei an der Plansche sonnte. Daraufhin rief sie die Initiative „Gleiche Brust für alle“ ins Leben. Lebreton kommentiert für SIEGESSÄULE
Die Nachricht verbreitet sich mit großer Freude in feministischen und progressiven Kreisen und trifft auf viel Hass in anderen, eher konservativen: Angeblich wäre es Frauen nun erlaubt, in allen Schwimmbädern in Berlin ohne Oberteil zu schwimmen. Das ist schön, jedoch: Es gab nie ein gesetzliches Verbot!
Vereinfachung in den Medien
Ich warte immer noch darauf, dass das Gericht die Diskriminierung der Polizei gegen mich anerkennt, als ich im Juni 2021 an der Plansche mit nacktem Oberkörper lag und deshalb des Wasserspielplatzes verwiesen wurde.
In Erwartung einer vollständigen Anerkennung meiner Rechte vor Gericht – der Prozess im Plansche-Fall befindet sich in Berufung, beobachte ich, wie die großen Medien die Frage nach der nackten, weiblich gelesenen Brust in der Öffentlichkeit vereinfachen. So sehr, dass der Eindruck entsteht, Frauen hätten nun mit der Entscheidung der Berliner Bäderbetriebe plötzlich neue Rechte erworben.
Überall lese ich „Frauen haben jetzt das Recht“ oder „Es ist jetzt erlaubt“. Dabei werden wir in Wirklichkeit vielmehr permanent in unserem Grundrecht beschnitten: Wir sind Diskriminierungen ausgesetzt und kämpfen dafür, als gleichwertig anerkannt und als Menschen respektiert zu werden. Wir fordern Gerechtigkeit, nicht neue Rechte, wie es die meisten Medien schreiben.
Die größte Verantwortung trägt die Justiz
Es ist wichtig daran zu erinnern, dass es auch heute noch ein Risiko für weiblich gelesene Personen ist, sich mit nacktem Oberkörper in der Öffentlichkeit zu bewegen, ganz besonders für Einzelpersonen. Die Einschüchterungsversuche reichen von freundlichen Aufforderungen, uns wieder anzuziehen über fragwürdige Witze und Fotos ohne Zustimmung bis hin zu Vergewaltigungsdrohungen. Ich muss zugeben, dass die Nachricht aus den Berliner Bäderbetrieben für mich auch mit viel Angst behaftet ist, der Angst vor verbalen und körperlichen Angriffen.
In diesem Kontext trägt die Justiz die größte Verantwortung: Sie muss diejenigen sanktionieren, die versuchen, unsere Freiheit zu beschneiden. Und nicht mehr umgekehrt Personen für ihren freien Oberkörper kriminalisieren.
Ich will keine Genehmigung von unseren Zensor*innen und Unterdrücker*innen, ich fordere vor allem Gerechtigkeit vor Gericht! Erst nachdem die Gerechtigkeit in meinem Fall, in dem ich für meine nackte Brust kriminalisiert wurde, gesiegt hat, kann ich mich über die guten Nachrichten in den Zeitungen freuen.
„Diejenigen Menschen sollten sich schämen und konsequent bestraft werden, die uns unsere Rechte verwehren wollen.“
Generell wünsche ich mir, dass die Scham die Seite wechselt: Diejenigen Menschen sollten sich schämen und konsequent bestraft werden, die uns unsere Rechte verwehren wollen.
Lassen wir die Frauen in Ruhe. Sie kleiden sich, wie sie wollen. Aber verwarnen wir unsere Unterdrücker*innen, sich gefälligst zu benehmen.
„Oberkörperfrei in Schwimmbädern: Die Scham hat die Seite gewechselt!“ Das ist ein Artikel, den ich jetzt gern in Zeitungen lesen würde.
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#Kommentar#Berliner Bäderbetriebe#Gleiche Brust für alle