Berliner Ensemble

Neues Stück von Axel Ranisch und Paul Zacher: „Mutti, was machst du da?“

11. Dez. 2023 Ecki Ramón Weber
Bild: Jörg Brüggemann
v.l. Stefanie Reinsperger, Constanze Becker, Tilo Nest

Neu am Berliner Ensemble: ein Bühnenwerk wie ein Ranisch-Film – prall aus dem Leben gegriffen, selbstironisch, skurril, mit liebevollem Blick auf menschliche Macken. Autor und Regisseur Axel Ranisch und sein Mann Paul Zacher haben in „Mutti, was machst du da?“ Autobiografisches verarbeitet. Ecki Ramón Weber sprach mit den beiden

Plattenbau in Lichtenberg, Wohnungsnot, Verlust, Sehnsucht, Begehren: Antons Vater ist gestorben, allein kann sich seine Mutter die Wohnung nicht mehr leisten, die Großmutter ist dement. Anton sehnt sich danach, endlich Liebe, Zuneigung, Geborgenheit, Sex zu haben. „Und dann sucht er sich ausgerechnet Pepe aus“, bemerkt Paul Zacher trocken im Interview mit SIEGESSÄULE. Und er und Axel Ranisch lachen los.

Denn mit Pepe wird es noch turbulenter. Pepe hat eine Bipolar-II-Störung, die mildere Form von Bipolarität. Das Perfide dabei: Diese Form wird zunächst weder von ihm noch von seinem Umfeld als solche erkannt. Pepe ist gerade ständig gut gelaunt und voller Elan, dabei steht er vor der Obdachlosigkeit. Wie zu erwarten, folgt bald die depressive Phase. Zeit für Pepe, für sich und seine Lieben einiges zu klären und sich Hilfe zu holen. Das ist nur eine der Baustellen in „Mutti, was machst du da?“, das Ranisch und Zacher aus ihrer autobiografisch inspirierten Hörspielserie „Anton und Pepe“ des NDR fürs Berliner Ensemble entwickelt haben.

„Es ist nicht schwer, mich in der Figur Anton wiederzuerkennen und Paul in der Figur Pepe.“

„Es ist nicht schwer, mich in der Figur Anton wiederzuerkennen und Paul in der Figur Pepe“, bemerkt Ranisch. Das Bühnenwerk verhandelt Lebensentwürfe und Familienkonstellationen. Der Titel ist Programm: „Diese Mütter im Stück sind manchmal übergriffiger als es den Söhnen lieb ist“, erklärt Zacher, „vieles dreht sich darum, wie sich die Familienmitglieder aneinander reiben, am Ende aber zusammenhalten.“ Das Rezept dafür? „Diese Reibungen, die muss man halt aushalten, das hat auch etwas mit Liebe zu tun“, findet Ranisch. Zacher fügt hinzu: „Das Rezept ist Humor.“

Wie war es für ihn, als Quereinsteiger mit einem berühmten und sehr produktiven Autor und Regisseur wie Ranisch zusammenzuarbeiten? „Na ja, dieser berühmte und sehr produktive Autor und Regisseur ist ja mein Ehemann“, antwortet Zacher, „so habe ich täglich auch mit allen anderen Dingen von ihm zu tun, mit diesen süßen, lieb gewonnenen Eigenheiten und vor allem Macken, über die wir uns ja auch lustig machen. Das führt zu einer selbstironischen und harmonischen Zusammenarbeit.“

„Das Geschlecht war völlig egal für uns“

Axel Ranisch bezeichnet das gemeinsame Stück als „musikalische Dramödie“. Die Musik stammt von der Komponistin Martina Eisenreich. Sie betont gegenüber SIEGESSÄULE: „Immer wenn Worte nicht mehr reichen, kommt aus dem Innersten der Figuren die Musik heraus.“ Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn die Charaktere spielen in der Handlung Instrumente, Anton etwa Akkordeon, Großmutter Evelyn Klavier und selbst der Hund Blümchen, dargestellt von Jonathan Kempf, spielt Geige.

Der Coup: Dieses Musizieren ist oft sogar wahrhaftiger und konkreter als das, was die Figuren sich im Stück sonst mitteilen. Ranisch zeigt sich von den Proben begeistert: „Die Schauspieler*innen spielen alle Musikinstrumente selbst. Wir haben sie vorher gefragt, wer was zupfen, streichen, blasen kann. Und dann hat Martina ihnen alle Stücke auf den Leib geschrieben.“

Gleichzeitig wird die Kategorie Gender ausgehebelt: „Das Geschlecht war völlig egal für uns“, sagt Ranisch, „Stefanie Reinsperger ist unsere Traumbesetzung für die Figur des Anton. Und es war uns auch völlig klar, dass Tilo Nest die beste Evelyn, Antons Großmutter, ist. Wir haben einfach geguckt, wer uns am allermeisten zu den Figuren inspiriert.“

Gespielt wird auf einer Drehbühne, realistische Szenen finden im Warteraum einer Hausverwaltung statt, außerdem gibt es einen musikalischen Raum und einen „bipolaren Raum“ sowie einen Sandsack. Axel Ranischs Eindruck bislang: „Flott ist unser Stück, flott!“

SIEGESSÄULE präsentiert:
Mutti, was machst du da?
15.12., 20:00;
16.12., 20:00;
17.12., 19:00,
Berliner Ensemble
berliner-ensemble.de

Bild: privat
Paul Zacher (li) und sein Ehemann Axel Ranisch

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