Premiere im Theater des Westens

Neues Musical mit schwulem Twist: „Romeo & Julia“

15. März 2023 Ecki Ramón Weber
Bild: Ferran Casanova
Das Regie- und Songwriterduo Peter Plate und Ulf Leo Sommer

Am 16. März feiert „Romeo & Julia – Liebe ist alles“ Premiere im Theater des Westens. Das Regie-Duo Peter Plate und Ulf Leo Sommer präsentiert seine persönliche Lesart des zeitlosen Liebesdramas und verleiht dem Musical einen schwulen Twist

Fans wissen natürlich sofort Bescheid: Der Titel des neuen Musicals „Romeo & Julia – Liebe ist alles“ verweist auf den Rosenstolz-Hit von 2004 und dessen Videoclip mit lesbischen und schwulen Paaren. Wie kam es zu dieser Verknüpfung? Nachgefragt bei Peter Plate: „In der Vorbereitungsphase stellten wir fest: Wir brauchen für den zweiten Akt ein Eröffnungsstück, etwas wie ,Liebe ist alles‘. Dieser Gedanke hat sich mit der Zeit verselbstständigt, sodass wir beschlossen haben: Dann nehmen wir es doch.“

Neue Klänge, alte Verse

Ansonsten haben Peter und Ulf für ihr Musical brandneue Musik geschrieben: wuchtige Balladen, zärtliche Liebeslieder, exaltierte und auch humorvolle Songs, Rock und opernhafte Stücke ... Bringt die Musik eine heutige Perspektive in die berühmte Liebesgeschichte, sind die Dialoge dagegen Shakespeare pur: „Wir haben uns bei den Dialogen für die alte Standardübersetzung von August Wilhelm Schlegel entschieden. Die Verse in dieser wunderbaren Sprache haben wir nur geringfügig bearbeitet“, erklärt Peter Plate.

„Wir leben ja in einer Zeit der Vereinfachung und Verflachung, wo den anderen gar nichts mehr zugetraut wird. Weil uns das so auf den Zeiger geht, haben wir entschieden, dass wir genau das Gegenteil machen. Wir verlangen dem Publikum etwas ab. Vielleicht verstehst du nicht jedes Wort in den Versen vom Sinn her, aber du verstehst es vom Gefühl. Dafür kann ich garantieren!“ Bei den Proben habe sich gezeigt, dass die Darsteller*innen, ein sehr junges Ensemble, die alten Verse genauso lieben.

„Wir machen weder ein historisches Musical noch eine Modernisierung im Stil von Leonard Bernsteins ,West Side Story‘“, warnt Ulf Leo Sommer. „Der Blick auf die Handlung ist losgelöst von der Epoche, aber es gibt Verweise darauf. Man könnte es vielleicht ein bisschen mit dem vergleichen, was Baz Luhrmann in ,William Shakespeares Romeo + Juliette‘ 1996 gemacht hat: die alte Zeit plus MTV-Aspekte. Wir merken gerade bei den Proben, wie reizvoll das ist mit dieser alten Sprache im Wechsel mit unserer Musik und der modernen Choreografie.“ Die hat erneut Jonathan Huor kreiert, der schon beim Musical „Ku’damm 56“ für Furore sorgte. Ulf verspricht „Tanzszenen zum Niederknien“, Jonathan lasse beispielsweise Elemente aus Renaissance-Tänzen ins Voguing übergehen. Auch für die Kampfszenen habe er geniale Stilisierungen gefunden.

Mercutio ist in Romeo verliebt

Neu ist die Charakterisierung von Mercutio: Er ist in der Musical-Version in seinen Freund Romeo verliebt. „Mercutio weiß einfach nicht, was in ihm vorgeht. Er hat einen Song darüber, ,Kopf sei still‘, in dem er sich fragt, warum seine Welt nur in Ordnung ist, wenn Romeo da ist. Das finde ich sehr schön als Bild für Liebe“, sagt Peter Plate. Selbst diese Charakterisierung ist nah bei Shakespeare, findet Ulf Leo Sommer: „Bei Shakespeare ist Mercutio wirklich eifersüchtig. Während der Balkonszene von Romeo und Julia wartet er auf Romeo und ist richtig sauer, dass dieser zu spät zu ihm kommt, vor allem als er erfährt, dass Romeo bei einer Frau war.“

„Bei Shakespeare ist Mercutio wirklich eifersüchtig. Während der Balkonszene von Romeo und Julia wartet er auf Romeo und ist richtig sauer, dass dieser zu spät zu ihm kommt.“

Die Partie des Mercutio, der im Originalcast vom schwulen Musical-Darsteller Nico Went verkörpert wird, sei auch als Statement gedacht, betont Peter Plate: „Als ich anfing mit Rosenstolz, hatte ich einen Produzenten, der mich sehr mochte, hetero, mittlerweile 81 Jahre alt. Als ich ihm damals sagte, ich werde bei Rosenstolz von Anfang an offen schwul sein, wollte er mich davon abhalten, aus Angst um mich. Ich habe mich aber durchgesetzt, weil es mir wichtig war. Und ich denke, 2023 ist es doppelt wichtig, wo wir doch alle sehen, wie schnell sich so etwas gesellschaftlich zurückbewegen kann.“

Eine Verbeugung vor Klaus Nomi

Ein weiterer queerer Aspekt ist mit der neu eingefügten Figur des Todesengels verbunden. Die Partie wurde Countertenor Nils Wanderer auf den Leib geschrieben. „Das ist unsere Verbeugung vor Klaus Nomi“, verrät Peter Plate, Fan des legendären Stimmkünstlers. „Wir wollen Klaus Nomi ein Denkmal setzen mit unserem Musical. Damit er auch wieder mehr ins Gespräch kommt“, erklärt Peter.

Das Ganze ist also ein richtiges Herzensprojekt. Dazu passt, dass es nicht nur eine relativ große Besetzung im Orchestergraben gibt, sondern auch, dass sich Peter und Ulf speziell für die Produktion aus eigener Tasche eine Drehbühne angeschafft haben. Inspiriert wurden sie dazu, als sie eine Aufführung der Operette „Clivia“ an der Komischen Oper in Barrie Koskys Inszenierung mit den Geschwistern Pfister sahen. Queere Bezüge also überall beim neuen Musical …

Romeo & Julia – Liebe ist alles,
16.03. (Premiere),
17.+18.03., 19:30,
ab dem 21.03. immer
Di–Fr 19:30,
Sa 15:00+19:30,
So 14:30+19:00,
Theater des Westens

stage-entertainment.de

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