Premiere von „Ellen Babić“ am 24.02.

Kammerspiel mit lesbischen Figuren am Berliner Ensemble

21. Feb. 2024 Carsten Bauhaus
Bild: Moritz Haase
Die Schauspielerinnen Lili Epply (li.) und Bettina Hoppe (re.) in den Hauptrollen

Seltsamerweise stellt ein Frauenpaar auf der Bühne immer noch eine Rarität dar. Besserung verspricht die deutsche Erstaufführung von Marius von Mayenburgs „Ellen Babić“ am Berliner Ensemble

Astrid und Klara sind ein Paar mit großem Altersunterschied. Die attraktive Lehrerin hat die sehr viel jüngere Klara kennengelernt, als diese noch Schülerin in ihrer Klasse war. Nun, Jahre später, ist der Besuch von Astrids Vorgesetztem angekündigt, den auch Klara noch als fiesen Schuldirektor kennt. Das spontan anberaumte Treffen schmeckt Klara gar nicht. Warum lässt Astrid ihn in ihre wohlgehütete Privatsphäre eindringen? Und welche Rolle spielt die titelgebende Ellen Babić? Der abendliche Besuch wird zum knisternden Psychokrimi. Die Zutaten: sexuelles Begehren, zwischenmensch­liche Abhängigkeiten und Machtmissbrauch. „Das Stück berührt Themen, die durchaus Konfliktstoffe sind, etwa Sex mit Minderjährigen“, erzählt der Intendant des Berliner Ensembles, Oliver Reese, der bei „Ellen Babić“ selbst Regie führt. „Es wird also sicher Diskussionen beim Publikum hervorrufen.“

„Das Stück berührt Themen, die durchaus Konfliktstoffe sind, etwa Sex mit Minderjährigen.“

Obwohl der Autor des Stücks, Marius von Mayenburg, in Berlin lebt und unter anderem Hausautor an der Schaubühne ist, entdeckte Oliver Reese das Stück eher zufällig – bei einem Aufenthalt in Reykjavík. Vor einem Jahr besuchte er dort spontan ein Theaterstück – die Uraufführung von „Ellen Babić“. „Ich wusste kaum, worum es geht“, erinnert sich der Intendant. „Es wurde natürlich auf Isländisch gespielt, Übertitel gab es nicht, und so war ich darauf vorbereitet, mich vielleicht zu langweilen und irgendwann rauszuschleichen.“ Stattdessen aber war er sehr begeistert: „Das Spiel war so intensiv, dass ich wusste, dass ein starker dramatischer Text dahinterstehen muss. Das hat sich dann nach der späteren Lektüre bewahrheitet. Auf der formalen Ebene ist es einfach ein enorm gut gebautes, raffiniertes Kammerspiel: Drei Figuren und mehrere interessant verknotete Konflikte. Einfach durch und durch Theater.“ Eines, das ausnahmsweise eine lesbische Beziehung ins Zentrum stellt. Spontan fällt einem ansonsten nur „Mädchen in Uniform“ und Fassbinders „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ ein.

„Man kann sicher sagen, dass es im Theater eine ziemliche Leerstelle gibt, was lesbische Themen angeht“

„Man kann sicher sagen, dass es im Theater eine ziemliche Leerstelle gibt, was lesbische Themen angeht“, findet auch Oliver Reese. Schon vor längerer Zeit hatte er mit seiner Schauspielerin Bettina Hoppe eine Diskussion, bei der sie ihm aufzählte, wie viele Heterofrauen, wie viele Männer – und wie wenige Lesben sie in ihrer Bühnen­karriere gespielt hätte: Es waren gerade mal ein oder zwei lesbische Charaktere. „Deswegen habe ich gleich an sie gedacht“, so Reese. „Es war klar, dass ich es mit ihr machen wollte, wenn sie der Text entflammt.“ Hoppe zeigte sich komplett begeistert. „Solche Überzeugungsschauspieler*innen brauche ich für diese Arbeit“, betont der Regisseur. Neben Bettina Hoppe fand er Lili Epply als selbstbewusste junge Freundin und Tilo Nest als übergriffigen Direktor.

„Wie ein guter Krimi geschrieben“

Außer der Dynamik der lesbischen Beziehung gibt es im Stück noch ein weiteres großes Thema: Gleich mehrere miteinander verzahnte Me-too-Vorgänge werden an dem Abend verhandelt. „Dabei hat mich sehr begeistert, dass ich beim ersten Lesen des Textes wirklich nicht wusste, wie es ausgehen würde“, betont Reese. „Es ist wie ein guter Krimi geschrieben.“ Mayenburg lässt seine Figuren kunstvoll um den heißen Brei herumreden. Die Konversationen schlagen Kapriolen, das Publikum bleibt durchgängig unter Spannung. Geschrieben hat Mayenburg das Stück mitten im Lockdown – und zwar bewusst so, dass es sehr einfach aufzuführen ist: Es gibt kein aufwendiges Bühnenbild, keinen Szenenwechsel. „Licht an. Eineinhalb Stunden spannendes Theater. Licht aus“, fasst es Oliver Reese zusammen. Das Stück bleibt bis zum Schluss spannend: Beim finalen Showdown dreht Marius von Mayenburg den Spieß überraschend noch mal um. Wie in einem japanischen Martial-Arts-Drama lässt er die scheinbar hoffnungslos Unterlegene nochmals aus­holen – zum diesmal finalen Schlag.

SIEGESSÄULE präsentiert:
Ellen Babić
22.02. (öffentliche Probe), 20:00,
23.02. (Voraufführung), 20:00,
24.02. (Premiere), 20:00,
25.02., 19:00, Berliner Ensemble

berliner-ensemble.de

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