Kommentar

Neuer Chef der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld: Verspäteter April-Scherz?

12. Apr. 2022 Christoph R. Alms
Bild: Caro Kadatz / LSVD
Helmut Metzner

Das FDP-geführte Bundesjustizministerium gab letzte Woche den neuen geschäftsführenden Vorstand der Bundestiftung Magnus Hirschfeld bekannt. Die Stelle ging an FDP-Politiker Helmut Metzner. Warum das eine schlechte Wahl ist, erklärt Christoph R. Alms

Es mutete fast wie ein verspäteter Aprilscherz an! Am Freitag, den 08. April 2022, verkündete das Justizministerium, dass FDP-Politiker und ehemaliger LSVD-Bundesvorstand Helmut Metzner vom Kuratorium der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld zum neuen geschäftsführenden Vorstand der Stiftung gewählt wurde. Nach Jörg Litwinschuh-Barthel und seinem im Oktober 2021 gewählten Nachfolger Gero Bauer, der seine neue Stelle allerdings nicht antrat, ist mit Helmut Metzner also schon wieder ein weißer, schwuler, cis-geschlechtlicher Mann an der Spitze der Organisation. So viel zum Thema Vielfalt als Ergebnis eines nach Worten des Bundesjustizministers, Dr. Marco Buschmann (FDP), angeblich „anspruchsvollen und aufwändigen Auswahlverfahrens“.

Wer jetzt meint, darin bestände das einzige Problem, irrt leider. Denn Helmut Metzner ist kein unbeschriebenes Blatt. Bereits ein oberflächlicher Blick auf die Social-Media-Kanäle von Metzner zeigt mitunter ein höchst fragwürdiges Bild, das nicht nur die Eignung des designierten Stiftungsvorstands in Frage stellt, sondern auch die am Auswahlverfahren selbst Beteiligten in Erklärungsnot bringen sollte. So zeigen die verschiedenen Plattformen wie Instagram und Facebook einen Boomer, der sich für politisch höchst unsensible Kommentare nicht zu schade ist. Belege gefällig? Hier eine kleine Auswahl an Peinlichkeiten:

Besonders unwürdig ist ein Posting vom März 2020, das Metzner zu Beginn der weltweiten Covid-19-Pandemie verkleidet in einer Niqab zeigt. Spöttisch-verachtend witzelt Metzner, dass „der arabische Verkäufer” die Frage nach Schutzkleidung wohl falsch verstanden haben muss. Eine fremdenfeindliche Entgleisung, die womöglich ein Versehen war? Wohl kaum, denn Metzner gefiel diese „Verkleidung” offenbar so gut, dass er sie mindestens ein zweites Mal für seine eifrigen Follower*innen hervorkramte und ein ganz ähnliches Bild am 8. März 2021, dem Internationalen Frauenkampftag, postete. Bereits hier muss man sich fragen: Geht’s eigentlich noch?

Problematisch ist auch das Best-Buddy-Bild mit Komiker Dieter Hallervorden vom Juni 2019. Hallervorden, der sich gegen eine geschlechtergerechte Sprache einsetzt, hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Stellung gegen „Gender-Neusprech" bezogen und u. a. die Petition „Schluss mit dem Gender-Unfug" des Vereins Deutsche Sprache unterstützt. Metzner kritisiert das nicht, sondern nutzt stattdessen seine Reichweite, um seinem Idol Hallervorden „ewiges Leben” zu wünschen. Eine fragwürdige Reaktion eines Mannes, der sich nach eigenem Verständnis doch für die Rechte von LSBTIQ* und für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt einsetzt.

Ähnlich „unglücklich“ wirken die bis heute auf seinem Facebook-Account sichtbaren Glückwünsche an den Parteikollegen Thomas Kemmerich (FDP), der im Februar 2020 zum Ministerpräsidenten Thüringens gewählt wurde und damit eine Regierungskrise auslöste. Zur Erinnerung: Kemmerich ließ sich neben den Stimmen von FDP und CDU auch von den rechtsextremen Landtagsabgeordneten der AfD wählen. Sich mithilfe antidemokratischer Kräfte ins Amt zu heben, stellte einen Tabubruch dar und kam einem politischen Erbeben gleich. Dies löste einen bundesweiten Skandal aus und führte auch auf Metzners Facebook-Account zu einem Shit-Storm.

Nun mag man meinen, dass diese Fehltritte ja der Vergangenheit angehören und damit nicht ausreichen, um Helmut Metzner die Eignung für die Ausübung der Tätigkeit als geschäftsführender Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld abzusprechen. Doch nicht nur seine Ignoranz gegenüber den Bedürfnissen von marginalisierten Gruppen und sein eindeutig fehlendes Gespür für politisch womöglich brisante Themen und Fragestellungen, auch sein Umgang mit (berechtigter) Kritik in der medialen Öffentlichkeit zeugen nicht von einer ausreichenden Qualifikation und Reife zur Ausübung des leitendes Amts der Bundesstiftung. Denn Metzner selbst beharrt kontinuierlich und unbeirrt darauf, derartige Postings im Sinne der Verteidigung liberaler Werte wie „Freiheit” und freie Meinungsäußerung zu tätigen. Nach dem Motto: Das wird man doch wohl noch posten dürfen? Erst kürzlich schrieb er auf Facebook: „Ich bedaure nichts, was ich hier gepostet habe, weil ich erst denke und dann poste.”

So geht dieser verspätete Aprilscherz leider insbesondere auf Kosten queerer Communities, auf Kosten von Mehrfachdiskriminierten und auch auf Kosten der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld selbst. Das wiederum kann doch niemand wirklich lustig finden.

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#Community#FDP#Bundesjustizministerium#Bundesstiftung Magnus Hirschfeld#Helmut Metzner

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