Neue LGBTIQ*-Weihnachtsbücher
Als in den letzten Jahren Filme wie „Single All the Way” oder „The Christmas Setup” erschienen und im Weihnachtsuniversum plötzlich schwule Figuren als zentrales Liebespaar im Familienkontext auftauchten, war die Aufregung groß. Inzwischen haben sich aber selbst Konservative daran gewöhnt – und der Buchmarkt zieht nun nach, um das Themenspektrum zu erweitern
Alle Jahre wieder werden wir vom Heile-Welt-Weihnachtskitsch überrollt, der für die „richtige“ Festtagsstimmung sorgen soll. Jahrzehntelang lief dabei alles maximal heteronormativ ab. Bis plötzlich schwule cis Männer im Christmas-Angebot des Hallmark Channels oder bei Netflix auftauchten. Die Geschichten mit den neuen Hauptfiguren waren allerdings genauso vorhersehbar wie die Weihnachtsstorys zuvor. Und so verflüchtigte sich die mediale Aufregung schnell. Inzwischen zählt Male-Male-Xmas-Romance zum neuen Standardrepertoire. Da drängt sich die Frage auf, wo in diesem Weihnachtsuniversum eigentlich die Lesben und Enbies, trans* und inter Charaktere sind?
„Weihnachten – nur du und ich“
Bemerkenswert ist, dass bei einem Großverlag wie Harper Collins „Weihnachten – nur du und ich“ von dem*der nicht binären Autor*in Lizzie Huxley-Jones als queere Weihnachts-RomCom für kalte Wintertage angekündigt wird. Worum geht’s? Haf droht, die Weihnachtsfeiertage allein verbringen zu müssen. Auf einer Party küsst sie versehentlich Christopher vor den Augen seiner Exfreundin. Um ihm einen Gefallen zu tun, begleitet sie ihn über Weihnachten zu seiner Familie nach Südengland. Dort verliebt sie sich jedoch nicht in Christopher, sondern in seine mysteriöse Schwester Kit. Das soll der queere Twist des Buches sein. Sucht man allerdings auf den ersten 100 Seiten nach Queerness, wird man nicht fündig. Unter anderem Sätze wie „Selbst im Winter lieben queere Leute nackte Fußknöchel“ lassen zudem eher das Gefühl aufkommen, der*die Autor*in hätte wenig bis gar keine Ahnung von der queeren Szene.
Lizzie Huxley-Jones: „Weihnachten – nur du und ich“ (a. d. Engl. v. Christine und Anna Julia Strüh), Harper Collins, 368 Seiten, 17 Euro
„Mit dem Schnee kommt der Tod“
Nicola Upsons Krimi „Mit dem Schnee kommt der Tod“ ist da ein anderes Kaliber. Die fiktive Handlung, in der reale historische Persönlichkeiten auftreten, spielt Weihnachten 1938 auf der Burg von St. Michael’s Mount vor der Küste Cornwalls. Dort treffen die Krimi-Bestsellerautorin Josephine Tey und ihre Partnerin Marta ein – und als Überraschungsgast Marlene Dietrich. Die Beziehung von Josephine und Marta ist liebevoll und gefestigt. Die beiden Frauen werden von ihrem Umfeld voll akzeptiert, allen voran von Inspektor Archie Penrose. Dass die Dietrich durch die Mordgeschichte auf der eingeschneiten Insel geistert, gibt dem Buch den besonderen Kick.
Nicola Upson: „Mit dem Schnee kommt der Tod“ (a. d. Engl. v. Anna-Christin Kramer), Kein & Aber, 336 Seiten, 20 Euro
„Pink Christmas 13 – Etwas andere Weihnachtsgeschichten“
Weil Sex in Weihnachtsbüchern und -filmen meist nicht existent ist, verdient die 13. Ausgabe der „Pink Christmas“-Reihe beim Himmelstürmer Verlag Erwähnung. Allerdings sind die Kurzgeschichten literarisch so abenteuerlich schlecht, dass man schon ein großes Herz für Trash braucht. Immerhin hätte „Feliz Navidad – Das kommt Christian Spanisch vor“ von Robin Cruiser das Potenzial, einen wunderbaren ZDF-Sonntagabendfilm abzugeben, mit einem geouteten Bundesliga-Profifußballer, der seinem Freund in einem verunglückten Gran-Canaria-Urlaub einen Heiratsantrag machen will.
Matt Cruiser & Co.: „Pink Christmas 13 – Etwas andere Weihnachtsgeschichten“, Himmelstürmer, 264 Seiten, 17,90 Euro
„You‘re a Mean One, Matthew Prince“
Sprachlich geschliffener geht‘s im (leider noch nicht ins Deutsche übersetzten) Roman „You‘re a Mean One, Matthew Prince“ von Timothy Janovsky zu. Der handelt vom Sohn reicher Eltern, der wegen verantwortungslosen Umgangs mit Geld über Weihnachten zu seinen Großeltern aufs Land geschickt wird. Dort trifft er auf den mittellosen Studenten Hector, der Matthew für ein verwöhntes Arschloch hält. Die Enemies-to-Lovers-Story bietet mit dem Thema manische Depression eine ungewöhnliche Entwicklung der Ereignisse. Sex, bei dem die Wände des großelterlichen Hauses wackeln, gibt’s auch, aber witziger in Szene gesetzt als bei Himmelstürmer, von Huxley-Jones verklemmter Lesben-Lovestory ganz zu schweigen.
Timothy Janovsky: „You‘re a Mean One, Matthew Prince“ (engl.), Sourcebooks Casablanca, 320 Seiten, 9,20 Euro
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