Kylie Divon vs. McDonald's

McDonald's zahlt Abfindung an trans Mitarbeiterin – keine Entschädigung

17. Jan. 2025 Sascha Suden
Bild: Sascha Suden
Kylie Divon, Anwältin Leonie Thum, McDonald's-Anwältin Monika Zehetmair, Andreas Hertzfeld von der McDonald's-Personalstelle (v.l.n.r.)

Nachdem der trans Frau Kylie Divon, die bei McDonald's arbeitete, der Zugang zur Damenumkleide verwehrt wurde, reichte sie Klage ein (SIEGESSÄULE berichtete). Nun einigte sie sich mit McDonald's vor dem Berliner Arbeitsgericht auf eine Zahlung von 16.500 Euro. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine Entschädigung. Sascha Suden berichtet

„Wir danken Frau Divon für ihre stets guten Leistungen und bedauern ihr Ausscheiden sehr. Für ihre private und berufliche Zukunft wünschen wir ihr alles Gute und weiterhin viel Erfolg“. So oder so ähnlich wird der Schlusssatz im Arbeitszeugnis von Kylie Divon stehen, ausgestellt von McDonald's. Vor dem Arbeitsgericht endete nun am gestrigen 16. Januar der Prozess wegen Diskriminierung mit einem Vergleich – das Arbeitszeugnis ist Teil des Vergleichs.

Ein Vergleich im rechtlichen Sinne ist eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen den betreffenden Parteien, um einen Rechtsstreit zu beenden, ohne dass das Gericht ein Urteil fällen muss.

Im Dezember 2023 wurde Kylie Divon untersagt, sich in der Damenumkleide umzuziehen. Als sie Hilfe bei ihrem Vorgesetzten suchte, sprach dieser ihr die Weiblichkeit ab, was auch das Gericht als eine Diskriminierung wertete. Weitere Diskriminierungen durch die Personalstelle folgten, weshalb Kylie dann Klage nach dem Antidiskriminierungsgesetz (AGG) einreichte.

Die Güteverhandlung im letzten Sommer scheiterte, da die Anwältin von McDonald's nicht bereit war, die Diskriminierung zuzugeben. Hatte die Vorsitzende Richterin Kirsten Miehe in der Güteverhandlung noch zu verstehen gegeben, dass sie eine Diskriminierung von Kylie sehe, machte sie während der gestrigen Verhandlung deutlich, dass dies aber wohl nicht ausreiche, um eine Entschädigung nach dem Gesetz zu bekommen.

Vorwurf des Pinkwashing

90 Minuten lang gaben sich die Richterin und Kylies Anwältin Leonie Thum Wortgefechte über juristische Details, während die Anwältin von McDonald's gelangweilt ihren Kopf auf die verschränkten Hände legte und zu hoffen schien, dass der Prozess bald vorbei sein möge.

Munter wurde sie erst als sie darlegen konnte wie McDonald's angeblich Kylie in ihrem Kampf für queere Rechte unterstützen wollte: „McDonald's gibt ihr die Chance, dass sie so leben darf wie sie will“. Um das zu zeigen hätte die PR-Abteilung mit Kylie ein Promovideo gedreht und „wir hätten sie auch finanziell unterstützt“. Und nicht nur das, „auch an einer Operation hätten wir uns beteiligt“. Gemeint war wohl eine geschlechtsangleichende Operation. McDonald's würde, so die Anwältin, „die queere Szene unterstützen, zum Beispiel eine Spendenzahlung an eine queere Organisation“ leisten, allerdings nicht als Schuldanerkenntnis.

Das alles würde McDonald's also tun – nur nicht zugeben, dass eine Diskriminierung vorlag. Teile der LGBTIQ*-Community werfen auch deshalb der Restaurantkette Pinkwashing vor.

Weder Entschädigung noch Urteil

Schließlich war es das Drängen der Richterin Miehe, das zu einem Vergleich führte. Dies war wohl auch darauf zurückzuführen, dass sie der Klägerin zu verstehen gab, dass sie eine Diskriminierung nach AGG nicht anerkennen würde.

So finde sie die Nutzung des Deadnames bei Schreiben „unproblematisch“ und sehe keine Diskriminierung im Rechtsverkehr, solange es „keine Änderung im Personenstandsregister gibt“. Allerdings ließ sie dabei außer Acht, dass Geflüchtete mit Asylgrund – Kylie war 2017 aus Libyen wegen der Verfolgung aufgrund ihrer Identität geflohen – keine Möglichkeit haben, ihren Personenstand zu ändern und Kylie somit nicht anders handeln konnte. Die Richterin blieb dabei: „Ich sehe nicht, dass wir zu einer Diskriminierung kommen“. Damit gebe es auch keine Entschädigungszahlungen oder ein Urteil wegen Diskriminierung.

Nach einer kurzen Pause hatte sich Kylie entschieden, einem Vergleich zuzustimmen. Ihre Anwältin erklärte warum: „Der Klägerin ging es nie ums Geld, sondern nur darum, dass anerkannt wird, dass es ein Problem gab.“ Und diese Anerkennung verweigert McDonald's weiterhin.

„Der Klägerin ging es nie ums Geld, sondern nur darum, dass anerkannt wird, dass es ein Problem gab.“

Im Diskurs und in der Berichterstattung zu diesem Vorfall wurde darüber hinaus häufig erwähnt, dass es sich bei der Mitarbeiterin, die Kylie den Zugang zur Damenumkleide verwehrte, um eine gläubige Muslima handelte – somit würden Bedürfnisse verschiedener Minderheiten einander gegenüberstehen und es sei aus intersektionaler Sicht wichtig, auch die religiösen Gefühle der Mitarbeiterin zu berücksichtigen.

Die Achtung religiöser Bedürfnisse sollte jedoch da aufhören, wo das Recht auf physische und psychische Unversehrtheit einer anderen Person verletzt wird. Dies ist hier der Fall: Die Diskriminierung und die verweigerte Anerkennung hatte Kylie krank gemacht, sodass sie im letzten Jahr kaum in der Lage war zu arbeiten.

Teil der Abfindung geht an LesMigraS

Am Anfang hatte Kylie noch Kraft für den anstrengenden Prozess. „Ich rate Mandanten nicht zu klagen. Denn man braucht die Kraft wie Kylie, um auch eine traumatisierende Verhandlung wegen Diskriminierung durchzustehen“, so die Anwältin. Diese Kraft hat sie mittlerweile nicht mehr. Einen Teil ihrer Abfindung in Höhe von 16.500 Euro wird sie an die Organisation LesMigraS spenden, die sich vor allem für die Rechte queerer Migrant*innen, Geflüchteter und BIPoC einsetzt. LesMigraS hatte Kylie bei der Klage auch finanziell unterstützt.

Was denkt Kylie jetzt über McDonalds? „Sie sind der Teufel“. Dazu passt, dass der Mutter-Konzern in den USA letzte Woche angab, Diversity-Programme aufgeben zu wollen, die sich der Förderung der Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration verpflichten. Es scheinen ungemütliche Zeiten auf queere Menschen bei McDonald's zuzukommen.

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