„Die russischsprachige Community in Berlin hält zur Ukraine!“

Marzahn Pride 2022

7. Juni 2022 Paula Balov
Bild: Quarteera
Marzahn Pride 2020

Am 18. Juni zieht zum dritten Mal die von Quarteera organisierte Pride-Demo durch Marzahn. Im Zentrum des CSDs steht in diesem Jahr die Solidarität mit der Ukraine. Paula Balov berichtet

2020 wurde der Marzahn Pride ins Leben gerufen – organisiert von dem in Berlin ansässigen Verein Quarteera, der sich seit 2011 für die Rechte und Sichtbarkeit der russischsprachigen LGBTIQA*-Community einsetzt. Die Demonstration richtet sich auch in erster Linie an Menschen mit Migrationsgeschichte. Sie entstand, weil in dem Stadtteil rund 30.000 russischsprachige Menschen leben und es im Vergleich mit anderen Bezirken wie Schöneberg oder Neukölln nur wenige queere Strukturen gibt. Deshalb sei es wichtig, so Quarteera-Vorständin Svetlana Panteleeva, in Zeiten des Krieges deutlich zu machen: „Die russischsprachige Community in Berlin hält zur Ukraine!“

Wie ein roter Faden ziehen sich Solidaritätsbekundungen durch den gesamten Verlauf des Marzahn Pride. Das beginnt bereits beim Motto: „Bunt*уй“ ist ein Wortspiel, das sich aus dem russischen und ukrainischen Wort für „Aufstand“ (бунтуй) und dem deutschen Wort „bunt“ zusammensetzt, einem Verweis auf die Vielfalt der queeren Szene.

„Wir wünschen uns, dass die ganze russische Gemeinschaft – in Russland, aber auch in Deutschland – aufwacht und auf die Straße geht.“

„Kurz gesagt bedeutet das: Leistet Widerstand! Schweigt nicht, sondern hört auf ukrainische Stimmen“, erklärt Svetlana. Das Demo-Konzept sei aus einem „Gefühl der Ohnmacht“ entstanden: „Viele von uns sind aus Russland. Es war sehr schmerzhaft zu sehen, wie die Mehrheitsgesellschaften die Unterdrückung queerer Menschen dort lange ignoriert haben“, erzählt Svetlana. Auch die Proteste in Russland gegen den Ukraine-Krieg seien von geringem Ausmaß. „Wir wünschen uns, dass die ganze russische Gemeinschaft – in Russland, aber auch in Deutschland – aufwacht und auf die Straße geht.“

Vor allem die queere Community solle daran erinnert werden, dass Diktaturen meist mit der Unterdrückung von Minderheitenrechten beginnen. Gleichzeitig wird auch die deutsche Politik kritisiert, bei der Solidarität oft nicht über Lippenbekenntnisse hinausgehe.

Obwohl Quarteera in erster Linie als russischer Verein wahrgenommen wird, sieht er sich auch als Teil einer „PostOst-Community“. Der Begriff ist vor wenigen Jahren entstanden und beschreibt ein neues Selbstbild von Menschen mit postsowjetischem oder osteuropäischem Background, das nicht an nationale Grenzen gebunden ist. Dieser antinationalistische Zusammenhalt erscheint vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs als besonders bedeutsam.

Route

Der Startpunkt der Demo ist um 12 Uhr am Platz vor dem S-Bahn-Ausgang der Raoul-Wallenberg-Straße. Sie endet wie gewohnt am Victor-Klemperer-Platz. Als Redner*innen werden ukrainische Geflüchtete und Aktivist*innen erwartet.

Google Maps © 2022 GeoBasis-DE/BKG(© 2009)

Straßenfest ab 14 Uhr

Anders als in den letzten Jahren wird es am Victor-Klemperer-Platz ein kleines Straßenfest geben, das von 14:00 bis 19:00 dauern wird. Organisationen wie LesLeFam, Queer Amnesty, AHA oder die Akteur*innen des runden Tischs für queere Fragen in Marzahn-Hellersdorf werden mit eigenen Infoständen vertreten sein – gemeinsam mit anderen Organisationen ohne Queer-Schwerpunkt.

Bei der Eröffnung des Festes werden die Senatorin der Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung Prof. Dr. Kreck, der Bezirksbürgermeister des Bezirksamts Marzahn-Hellersdorf Gordon Lemm und die Gleichstellungsbeauftragte des Bezirks Maja Loeffler Begrüßungsreden halten. Außerdem gibt es ein Bühnenprogramm, auftreten wird z.B. Olha Rubtsova, Leiterin des queeren Chors QwertyQueer aus Odessa.

Anfang des Jahres gab es Streit um die Frage, wer nun den Marzahn Pride organisieren soll. Konstantin Sherstyuk, ehemaliger Vorstandsvorsitzender bei Quarteera und jetzt bei dem neu gegründeten Verein WostoQ-Regenbogen, hatte angekündigt, dass der Marzahn Pride in diesem Jahr aus den Strukturen des von ihm mitinitiierten runden Tischs heraus organisiert werden solle. Svetlana nennt dies einen künstlichen Streit, der inzwischen beigelegt sei: Der Marzahn Pride werde auch in diesem Jahr von Quarteera durchgeführt. „Wir distanzieren uns weiterhin von einzelnen Akteur*innen und den neu gegründeten Vereinen WostoQ-Regenbogen und The LGBT Life e. V. Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht in demselben Bündnis oder am selben Tisch sitzen können.“

Marzahn Pride
18.06., 12:00, S-Bahnhof Raoul-Wallenberg-Straße

Bühnenprogramm

14:00 – 14:15 Kindertanzgruppe „Tanzmäuse der Frauensporthalle“

14:15 – 14:30 Olha Rubtsova, Leiterin des queeren Chors QwertyQueer aus Odessa

14:30 – 15:00 Offizielle Eröffnung: Grußworte von der Senatorin der Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung Prof. DR. Kreck und vom Bezirksbürgermeister des Bezirksamts Marzahn-Hellersdorf Gordon Lemm und der Gleichstellungsbeauftragten des Bezirks Maja Loeffler

15:00 – 15:10 Performance von Cassandra Who’s Gurls Band (Cassandra Who aka Zmicier Karol, Queer-Aktivist aus Belarus) „Wir verbinden das Spirituelle mit dem Physischen, das Angenehme mit dem Nützlichen. Wir geben Liebe und besiegen das Böse. Friede der Welt“

15:10 – 15:50 Set von DJ ANAMOT (DJ aus Charkow mit armenischer Migrationsgeschichte), Er beschreibt seine Musik als politisierten Techno, der Freiheit, Vielfalt und Solidarität in einer konservativen, giftigen patriarchalischen Gesellschaft fördert.

15:50 – 16:00 Auftritt von Cassandra Who’s Gurls Band

16:00 – 16:30 Salome, „experimentelle Opernsängerin, Performerin, Schauspielerin, Dichterin und Improvisationskünstlerin", Performance „Religion der fröhlichen Fotzen"

16:30 – 17:00 Deenara Rasulewa, poetische Performance

17:00 – 17:30 „Armenische Hochzeit“, Performance von Mischa Badasyan (queerer Aktivist und Künstler)

17:30 – 18:00 Rostyslav Mazurkevich, ukrainischer Minnesänger, Liedermacher. Sänger und Gitarrist, singt von der Liebe des Lebens. Lebt seit 3 Monaten seit dem Kriegsbeginn in Berlin, aktiver Teilnehmer an Benefizkonzerten.

18:00 - 19:00 Set der DJ vom St. Petersburger Kollektiv Wild Disco

Spendenaktion von Quarteera e. V. für queere Geflüchtete aus der Ukraine

Kontoinhaber: Quarteera e. V.
IBAN: DE08120300001020013189,
BIC: BYLADEM1001,

oder via PayPal an info@quarteera.de

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