CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet: „Vielfalt ist die Stärke unserer Partei“
CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet stand auf Anfrage von SIEGESSÄULE leider nicht für ein Gespräch zur Verfügung. Im Rahmen unserer Berichterstattung zur Bundestagswahl veröffentlichen wir deshalb ein Interview, dass unsere Kolleg*innen vom Fresh-Magazin mit Laschet geführt haben
Herr Laschet, wie wichtig sind schwul-lesbische Wähler für die Christdemokraten? Warum sollen Schwule und Lesben die CDU und damit Sie zum Bundeskanzler wählen? Schwul-lesbische Wählerinnen und Wähler sind mir genauso wichtig wie alle anderen auch – denn Vielfalt ist die Stärke unseres Landes. Und die unserer Partei. Ich bin froh, dass das Netzwerk Lesben und Schwule in der Union fester Bestandteil der CDU ist. Das beweist, dass unsere Volkspartei offen für Veränderungen ist. Dafür trete ich persönlich ein. Das werde ich
auch als Bundeskanzler tun.
Als Integrations-Minister unter der CDU/FDP-Landesregierung 2005-2010 in NRW waren Sie auch für die Belange der Schwulen und Lesben zuständig und haben das Themenfeld kennengelernt. Berührungsängste scheinen Sie nicht zu haben, schließlich besuchten Sie schon das Sommerfest der Lesben und Schwulen (LSU) der Union in NRW. Welche Erfahrungen bringen Sie hier mit und können diese als möglicher zukünftiger Bundeskanzler miteinbringen? Die CDU repräsentiert die gesamte Breite der Gesellschaft. Ich bin stolz darauf, dass wir die LSU in Nordrhein-Westfalen als erstes Flächenland offiziell in die Parteifamilie aufgenommen und durch einstimmigen Beschluss des CDU-Landesvorstands als Netzwerk der Partei anerkannt haben. Die Landesregierung kennt keinerlei Toleranz für jene, die Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität diskriminieren. Das sehe ich auch als meine Aufgabe als Bundeskanzler.
„Die Differenzen mit der SPD zum Transsexuellengesetz ließen sich bislang nicht ausräumen, daher konnte eine Reform in dieser Legitslaturperiode nicht mehr auf den Weg gebracht werden“
Die große Koalition hat die Entschädigung unehrenhaft entlassener schwuler Bundeswehrsoldaten und die Entschädigung der Opfer des § 175 auf den Weg gebracht. Aber CDU, CSU und SPD hatte in ihrem Koalitionspapier auch die Reform des Transexuellengesetzes versprochen. Daraus wurde nichts. Worin sehen Sie die Ursachen und was können die Betroffenen von der CDU mit ihnen als Bundeskanzler hier konkret erwarten? Das Transsexuellengesetz ist Jahrzehnte alt, eine Reform unbestritten sinnvoll. Wir haben andere Vorstellungen als die SPD bei der Frage der Beratung. Wir wollen eine sinnvolle Balance zwischen Schutz und Recht auf Selbstbestimmung finden. Der Wunsch nach einer rechtlichen Veränderung des Geschlechts sollte plausibel gemacht werden, ohne unzumutbare Hürden. Die
Differenzen mit der SPD ließen sich bislang nicht ausräumen, daher konnte eine Reform in dieser Legitslaturperiode nicht mehr auf den Weg gebracht werden. Doch wir werden das Transsexuellengesetz unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf eine zeitgemäße Grundlage stellen.
Die Ehe für Alle wurde 2017 im Bundestag beschlossen, die Bundeskanzlerin hat dagegen gestimmt, etwa ein Viertel der Unionsabgeordneten stimmten dafür. Wie hätten Sie abgestimmt? Wie wird die CDU hier in Zukunft agieren, wenn es um exakte Gleichstellung wie z.B. bei der Adoption geht, wie es auch die LSU fordert? Ich freue mich für alle, die ihr Leben mit geliebten Menschen verbringen und füreinander eintreten. Und ich glaube, ich hätte es so gemacht wie Angela Merkel – nicht nur bei der Abstimmung, sondern auch zuvor: Sie hat den Fraktionszwang aufgehoben. Mit den Stimmen der Union wurde auch das gemeinsame Adoptionsrecht beschlossen. Allen Menschen steht es frei, sich um die Adoption eines Kindes zu bemühen. Die Entscheidung der Jugendämter oder Familiengerichte werden wir jedoch nicht beeinflussen – sie richtet sich immer nach dem Einzelfall. Grundsätzlich lebt unsere Gesellschaft von Verantwortung füreinander. Das drücken Ehe und Familie aus. Und das ist die DNA der Union.
„Grundsätzlich lebt unsere Gesellschaft von Verantwortung füreinander. Das drücken Ehe und Familie aus. Und das ist die DNA der Union“
Der erschütternde Mord in Dresden war ein Hinweis aufsteigende Gewalt gegen queere Menschen in Deutschland. Wie will die CDU der Gewalt gegen Homosexuellen entgegenwirken? Wie kann man mehr Respekt und Akzeptanz für Lesben, Schwule und Trans* Menschen erreichen? Der Angriff in Dresden ist abscheulich, die homophoben Motive des Täters machen mich fassungslos. Ob lesbisch, schwul oder trans: alle Menschen müssen sich bei uns sicher bewegen können, händchenhaltend, knutschend, völlig egal. Hassdelikte gehören hart bestraft. Schulen und Integrationskurse müssen Toleranz und Respekt vermitteln. Auch bei der Gewaltprävention muss das Thema sein. Wir kennen die düsteren Kapitel der deutsche Geschichte, in der Minderheiten schutzlos waren. Das darf sich nie wiederholen.
Die CDU wendet sich deshalb auch außenpolitisch unmissverständlich gegen Diskriminierung aufgrund sexueller Ausrichtung oder Geschlechtsidentität. Aktuell werden vielerorts LSBTIQ-Rechte in Frage gestellt. Wir werden unsere Kooperationen mit den Mitgliedstaaten der EU offensiv dafür nutzen, um für Offenheit und Toleranz zu werben.
Die Europäische-Kommission unter Ursula von der Leyen ist wehrhaft gegen illiberale Tendenzen. 2020 hat sie erstmals eine Strategie aufgelegt, um die Lebenssituation von LSBTIQ zu verbessern: Der rechtliche Schutz vor Diskriminierung soll gestärkt werden, vor allem im Berufsumfeld. Hassdelikte und Hetze gegen LSBTIQ sollen in die Liste von EU-Straftaten aufgenommen werden. EU-Staaten sollen Partner- und Elternschaft wechselseitig anerkennen. Ferner verpflichtet sich die Kommission dazu, sich weltweit für die Rechte von LSBTIQ einzusetzen. Das unterstütze ich aus vollem Herzen.
Sind Sie für eine Erweiterung des Artikel 3 um die Worte „sexuelle Orientierung“ im Grundgesetz? Immerhin fordern dies die Grünen mit großem Nachdruck, also der Partei, mit der sie vermutlich in eine Koalition nach der Bundestagswahl eingehen werden. Das Grundgesetz, einfaches Recht, die Europäische Menschenrechtskonvention und die EU-Grundrechte-Charta verbieten Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Identität. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Schutz in den letzten Jahren richtigerweise konsequent ausgebaut. Der Diskriminierungsschutz aufgrund der sexuellen Orientierung ist also rechtlich verwirklicht. Wir müssen uns darauf konzentrieren, dass nicht allein der rechtliche, sondern auch der tatsächliche Schutz gewährleistet ist.
Dieses Interview erschien zuerst in der September-Ausgabe und auf der Website des Fresh Magazin!
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