Lage für Sexarbeiter*innen verschärft sich
Der „Lockdown Light“ gilt auch für die Sexarbeit. Durch den erneuten Verdienstausfall stehen viele in der Branche vor großen Problemen. Ein eigens eingerichteter Nothilfe-Fonds des Berufsverbands für erotische und sexuelle Dienstleistungen ist bereits aufgebraucht
Nach dem ersten Corona-bedingten Lockdown hatten Sexarbeiter*innen vielerorts mit am längsten warten müssen: Erst nach und nach konnten sie ihrer beruflichen Tätigkeit wieder nachgehen. In Berlin wurden sexuelle Dienstleistungen erst seit August schrittweise wieder ermöglicht.
Mit dem Teil-Lockdown seit Anfang November müssen nun auch Prostitutionsstätten erneut ihre Türen schließen – anders als andere „körpernahe“ Branchen wie z. B. Friseurgeschäfte, die weiter offen bleiben dürfen.
Nothilfen von 150.000 Euro ausgezahlt
Beim ersten Lockdown rief der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V. (BesD) einen eigenen Hilfsfonds ins Leben. Dieser sollte Sexarbeitende unterstützen, die durch die Coronakrise in Not geraten sind. Über 150.000 Euro wurden bereits ausgezahlt, der Topf sei allerdings jetzt leer, wie der BesD in einer aktuellen Pressemitteilung schreibt. Der Verband bittet darum um Spenden für den Fonds.
„Abwärtsspirale“
André Nolte, Pressesprecher des Berufsverbands, erklärt gegenüber SIEGESSÄULE, das Arbeitsverbot und die Schließung von Prostitutionsstätten verstärkten die „Abwärtsspirale, indem Sexarbeitende in die Illegalität rutschen“. Gerade weibliche Personen, die in der Sexarbeit tätig sind, seien dadurch häufiger mit Zwang oder Gewalt konfrontiert, zugleich wird es für sie schwieriger, erlebte Ausbeutung oder Übergriffe zur Anzeige zu bringen. Ein weiteres Problem: Durch Corona sinke die Nachfrage und somit auch die Preise in der Branche.
Staatliche Hilfen erreichen nicht alle
Zwar gelten Sexarbeitende mit Wohnsitz in Deutschland als Soloselbständige und können genauso wie andere Branchen nun Coronahilfen beantragen. Anspruch auf staatliche Hilfen haben aber nicht alle: Durch das Netz fallen etwa die, die über keine gültige Meldeadresse verfügen. Das sei fatal, so André Nolte – seien es doch gerade „diejenigen ohne Wohnung oder Obdach, die dringend Hilfe benötigen.“
Hilfsangebote müssten insgesamt niedrigschwelliger und die Beratungsstellen personell besser ausgestattet werden, sodass sie z. B. auch Beratungen in verschiedenen Sprachen anbieten können. Außerdem müssten mehr Unterbringungsplätze für obdachlose Sexarbeitende geschaffen werden.
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