Lady Gaga ist zurück und bringt die 2010er-Jahre mit

Lady Gaga ist zurück: Ihr siebtes Studioalbum „Mayhem“ erschien am 7. März. Der Titel lässt Chaos und Weltuntergang erwarten, stützt sich musikalisch aber doch auf den Pop-Sound der 2010er-Jahre. SIEGESSÄULE-Autorin Antonia Augsbach hinterfragt das Kulturphänomen, auch mit Blick auf die US-Politik
Ein neuer Trend-Zyklus ist angebrochen: Vor kurzem prägten noch die frühen 2000er mit trashiger Britney-Ästhetik sowohl die Berliner Straßen, als auch die digitale For-you-Pages von TikTok. In diesem Jahr sollen allerdings die 2010er-Jahre wieder ganz groß werden. Auf den sozialen Netzwerken sind solche Trend-Cycles, bei denen sich alle paar Jahre alte Trends wiederholen, quasi Naturgesetz. Wer genau hinsieht, kann schon jetzt Statement-Ketten, Sneaker mit Absätzen und die lange verhassten Skinny-Jeans wiederentdecken. Das siebte Studioalbum von Pop-Ikone Lady Gaga ist da keine Ausnahme. Auch die Künstlerin scheint in „Mayhem“ zurück zu ihren Wurzeln im frechen und glamourösen Pop vom Beginn der 2010er zu finden.
Den Little Monsters – so nennen sich die Fans von Lady Gaga – freut diese Rückkehr mit Sicherheit. Immerhin stammt der Großteil ihrer ikonischen Songs aus dieser Zeit. Die queere Hymne „Born This Way“ veröffentlichte Gaga etwa 2011 auf ihrem zweiten Album. Stefani Joanne Angelina Germanotta, wie Gaga eigentlich heißt, scheint sich nach ihren unterschiedlichen Äras wieder gefunden zu haben. Gegenüber Them machte sie klar: „With this album, I really wanted to put my priorities in the right place once and for all, put the music in the front.“
Postpunk-Sample in „Abracadabra“
Großes Hitpotential haben von den insgesamt 14 neuen Songs auf „Mayhem“ vor allem die ausgelagerten Singles. Zu „Abracadabra“ tanzen schon seit dem 2. Februar tausende Fans auf TikTok. Präsentiert hat die mittlerweile 38-Jährige den magischen Hit bei den Grammys. Im Musikvideo zu „Abracadabra“ inszeniert sich Lady Gaga in exzentrischem Outfit mit zackenbesetztem Hut und Krallenhandschuhen. Umringt ist sie dabei von einer diversen Gruppe an Profi-Tänzer*innen. Sowohl die Ballroom-Culture als auch die LGBTIQ*-Community haben sie für dieser Inszenierung inspiriert.
„I feel really blessed to have learned so much from this community, and I think that that comes out in the artwork as my church. It’s the thing that I believe in the most, and it’s so different from the way I was raised.“
Im Gespräch mit Them erklärt sie die katholische Ästhetik des Vidos: „I feel really blessed to have learned so much from this community, and I think that that comes out in the artwork as my church. It’s the thing that I believe in the most, and it’s so different from the way I was raised.“
Neben den gewohnten wilden Lyrics steckt in dem Lied aber auch noch ein spannendes Sample. Bei genauem Hinhören fällt ein echter 80s Postpunk-Klassiker auf: Lady Gaga hat „Spellbound“ von Siouxsie & The Banshees gesampelt. Deren Erfolge als Goth-Pioniere liegen deutlich weiter zurück als die poppigen Zehnerjahre. Schon Mitte der 70er-Jahre gründete sich die Band um Sängerin und Stil-Ikone Siouxsie Sioux, die übrigens immer wieder betonte, nicht hetero zu sein.
Lady Gaga, ein heimlicher Swiftie?
Besonders ein Song sorgt auf TikTok für wilde Spekulationen. Denn „How Bad Do U Want Me“ erinnert mit seinem 80s-Synth-Sound viele an eine andere Pop-Künstlerin. Es sind vor allem die Melodie und Backing Vocals, die verdächtig nach Taylor Swift klingen. Die Spekulationen reichen von einer Hommage auf den Swift-Sound bis hin zu Mutmaßungen über eine heimliche Beteiligung von Taylor als Sängerin. In den Credits taucht sie allerdings nicht auf und ein geheimer Swift-Part ist eher unwahrscheinlich.
Lady Gaga wird nicht nur für ihren erstklassigen Pop, krasse Outfits und polarisierenden Auftritte geliebt. Sie setzt sich seit Beginn ihrer Karriere immer wieder für die queere Community ein. So sprach Gaga sich auch im Vorfeld zum „Mayhem“-Release gewohnt kraftvoll für Trans*-Rechte aus. Bei den Grammys nutzte sie etwa die Bühne und sagte: „Trans people are not invisible (…) trans people deserve love.“ Momente wie diese Rede sind ein kleiner Hoffnungsschimmer für queere Menschen in den USA, seit unter Präsident Donald Trump eine repressive und diskriminierende Anordnung die nächste jagt.

Der Titel „Mayhem“ bedeutet soviel wie Chaos und Verwüstung – wer dabei eine Parabel auf die aktuelle Weltlage in Albumlänge erwartet, kann allerdings lange nach politischen Takes suchen. Das Album ist vielmehr eine Reise in das Innenleben der Künstlerin. Sie gibt eine musikalische Rückschau auf die letzten 20 Jahre als Popstar. Dass es um innere Zerrissenheit geht, deutet auch das Cover an, auf dem sich Lady Gaga in einem verzerrten und zersprungenen Spiegel widerspiegelt.
„I think right now is a time for community and togetherness and to stand up for each other.“
Dass „Mayhem“ ohne plakative Messages oder politische Hymnen auskommt, hat sicherlich einige enttäuscht. Die momentane Situation in den USA erfordert klare Positionierung und mutige Stimmen. Vor allem wenn sich viele Artists mit politischen Statements eher zurückhalten – wie erst kürzlich bei den Oscars. Doch Lady Gaga glänzt wiederum an genau dieser Stelle und steht in öffentlichen Auftritten immer wieder für LGBTIQ* ein. So auch im Interview mit Them: „I would just say I love you so much and I’m so sorry for all the pain that you’re going through. I love you. This is not fair. I think right now is a time for community and togetherness and to stand up for each other.“
In gewisser Weise steht „Mayhem“ mit seinem wilden Genre-Mix, den musikalischen Anleihen bei Lady Gagas großen Hits und der Zerrissenheit doch für etwas Politisches und Schützenswertes. Ähnlich wie die Künstlerin selbst lässt sich das Album nicht einfangen, bleibt komplex und vielschichtig und lädt dazu ein, sich darin zu verlieren und wiederzufinden.
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