Neues Musical von Ulf Leo Sommer und Peter Plate

„Ku’damm 59“ im Theater des Westens: „Ein politisches Stück“

6. Mai 2024 Ecki Ramón Weber
Bild: Olaf Blecker
Philipp Nowicki (li.) als Wolfgang und Alexander Auler (re.) als Hans

Nach ihren Musical-Erfolgen „Ku’damm 56“ und „Romeo und Julia – Liebe ist alles“ bringen Peter Plate und Ulf Leo Sommer jetzt „Ku’damm 59“ auf die Bühne, das am vergangenen Wochenende Premiere feierte. Im Stück geht es wieder um das Erkämpfen von Emanzipation

Die Konflikte im Beziehungsgeflecht der Tanzschulchefin Caterina Schöllack und ihren drei Töchtern, Helga, Eva und Monika, spitzen sich in „Ku’damm 59“ drastisch zu. Ebenso das Ringen um Selbstbestimmung. Wie sein Vorgänger „Ku’damm 56“ basiert das Musical „Ku‘damm 59“ auf dem gleichnamigen ZDF-Dreiteiler. Die Handlung: Monika, die weiter an ihrer Musikkarriere arbeitet, bringt eine Tochter zur Welt – als ledige Frau in den 1950ern ein Stigma. Mutter Schöllack weist Monika erst eiskalt ab, um ihr dann die Neugeborene zu entreißen. Diese kommt als Pflegekind zu Helga und ihrem versteckt schwul lebenden Mann Wolfgang, um die Fassade einer Hetero-Ehe festzuzurren. Monika wird zur „Tante“ degradiert, darf ihre Tochter nur noch selten sehen.

Versteckte schwule Liebe, toxische Männlichkeit

Wolfgang verliebt sich währenddessen in seinen Kollegen Hans aus der DDR, der in den Westen gehen will. Helga fürchtet um ihre gesicherte Position als Staatsanwaltsgattin und verrät deshalb Hans an die Stasi. Die dritte Schöllack-Tochter Eva bricht aus der Ehe mit dem Arzt Jürgen aus, der sie demütigt und einengt. Sie nimmt sich ein eigenes Apartment und finanziert ihr Leben als Sexarbeiterin. Als Jürgen sie findet, misshandelt er sie so schwer, dass sie Wochen im Koma liegt. Zur Bigotterie in den toxischen Beziehungen kommen das Verschweigen und Verharmlosen der NS-Vergangenheit. Monika hält die gesellschaftliche Heuchelei nicht mehr aus und macht öffentlich, dass ihr Freund, der Musiker Freddy, ein Überlebender aus einem KZ ist. Ernste Themen werden hier im Musical verhandelt.

„Ich glaube, dass Theater hier sehr viele Impulse geben kann, gerade auch was queere und vor allem nicht binäre Figuren angeht.“

„,Ku‘damm 59‘ ist absolut ein politisches Stück“, erklärt Peter Plate im Interview mit SIEGESSÄULE, „wenn man sieht, was gerade politisch bei uns los ist, wie leicht es den Leuten heute fällt, offen zu sagen, sie wählen jetzt AfD, ist es umso wichtiger, Flagge zu zeigen. Und sie daran zu erinnern, welche gefährlichen Konsequenzen das haben kann.“ Philipp Nowicki, der Darsteller des schwulen Wolfgang, betont die Notwendigkeit, die Geschichte der Unterdrückung und Verfolgung von Queers zu zeigen: „Sichtbarkeit ist generell wichtig, dass man solche Themen auf die Bühne bringt und Leute zum Nachdenken anregt. Ich glaube, dass Theater hier sehr viele Impulse geben kann, gerade auch was queere und vor allem nicht binäre Figuren angeht. Da ist noch viel zu tun.“

Bild: Brigitte Dummer
Das Autor*innen-Trio Ulf Leo Sommer, Annette Hess und Peter Plate (v.l.n.r.) bei der Premiere

Wie aber kann so eine derart vielschichtige Handlung, wie sie „Ku’damm 59“ hat, an einem Abend auf der Musicalbühne verhandelt werden? Das war die Herausforderung. Als Librettistin konnte wieder Annette Hess gewonnen werden, die schon die Drehbücher zu den „Ku’damm“-TV-Filmen verfasst hatte. „Alle wichtigen Themenschwerpunkte kommen vor“, erläutert Ulf Leo Sommer, der gemeinsam mit Peter Plate und Joshua Lange wieder die Musik geschrieben hat, „Annette hat dies alles klug ins Libretto eingebracht. Aber auch unsere Musik hat dramaturgisch eine wichtige Bedeutung. Ein Lied kann manchmal ein großes Gefühl übernehmen, wo es im Fernsehfilm mehrere Szenen bräuchte. Außerdem ist ,Ku’damm 59‘ in starkem Maße ein Ensemblestück.“ Das unterstreicht auch Philipp Nowicki: „Wir haben alle unsere Momente. Das Besondere ist, dass alle Darsteller*innen an einem Strang ziehen und dadurch eine ganz besondere Energie entsteht. Das liegt auch an der Musik.“

Heimatfilm-Schmonzette

Hinzu kommt in der Inszenierung noch ein weiterer wichtiger Handlungsstrang: Die obsessiv ehrgeizige Caterina Schöllack drängt ihre Tochter Monika und deren Partner Freddy, die beide Rock ’n’ Roll lieben, in das Filmprojekt einer Heimatfilm-Schmonzette. Dieses Element der Geschichte war sogar der erste Impuls für Peter Plate, Ulf Leo Sommer und Librettistin Annette Hess, die Musicalfassung von „Ku‘damm 59“ zu entwickeln. Kitsch und Trash kommen dabei natürlich nicht zu kurz und bieten ein Gegengewicht zu den ernsten Elementen der Handlung. Wie aber soll so etwas klingen? Mit Stilanleihen an die Nachkriegsikone Connie Francis wurde eine viel charmantere Retro-Lösung gefunden. Peter Plate: „Ich bin aufgewachsen mit der Musik von Connie Francis. Diese Lieder habe ich wirklich geliebt. Herausgekommen sind jetzt Songs, mit denen man Spaß haben darf und die beim zweiten Hinhören auch böse sind und damit witzig.“

Auf der Bühne gibt es Schuhplattler-Einlagen, aber auch die haben einen besonderen Dreh. Ulf Leo Sommer erzählt begeistert: „Es gibt ja hier in Berlin eine schwule Schuhplattler-Gruppe, die Querplattler. Deren Leiter, fesch in Krachlederner, hat dies dem Ensemble beigebracht.“ Dieses Detail in der Choreografie von Jonathan Huor ist aber nicht die einzige queere Facette an der Heimatfilm-Episode im Musical: War in der TV-Vorlage von „Ku‘damm 59‘“ der Regisseur bei den Dreharbeiten ein Altnazi namens Kurt Moser, ist er jetzt in der Musicalversion eine Frau: Christa Moser – gespielt von Steffie Irmen, die schon in „Romeo und Julia“ als Amme mit Charakter und Starqualitäten brillierte. Die Figur Christa Moser, eine Art Leni Riefenstahl als Butch, ist das Idol der Mutter Schöllack, die den braunen Zeiten insgeheim nachtrauert. Was sich aus dieser Konstellation entwickelt? Wir dürfen gespannt sein.

SIEGESSÄULE präsentiert
Ku‘damm 59 – Das Musical,
07.–10.05., 19:30,
11.+12.05., 15:00+19:30,
14.–17.05., 19:30,
18.+19.05., 15:00+19:30,
21.–24.05., 19:30,
25.+26.5., 15:00+19:30,
28.–31.05., 19:30,
Theater des Westens
stage-entertainment.de

Exklusives SIEGESSÄULE-Fan-Event:

Meet & Greet mit den Macher*innen Annette Hess, Peter Plate und Ulf Leo Sommer sowie Mitgliedern des Casts von „Ku’damm 59“ mit anschließendem Besuch des Musicals. Inklusive Begrüßungssekt und einem kleinen Goodie. Termin: Do. 20.06., 18:30–19:00 im Theater des Westens

Wir verlosen 3 x 2 Tickets unter verlosung@siegessaeule.de (bitte E-Mail und Telefonnummer angeben). Die Deadline für die Teilnahme ist der 13. Juni.

Das Gewinnspiel endet am 13.06.2024 um 23.59 Uhr. Die*der Gewinner*in wird per Zufall ermittelt und per E-Mail informiert. Die Kontaktdaten werden zur Anmeldung für das Event an das Marketingteam des Musicals weitergegeben. Teilnahmeberechtigt sind alle Personen über 18 Jahren, die ihre Anschrift in der EU haben. Keine Barauszahlung. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Keine Haftung für Schäden. Datenschutzbedingungen: Daten der Gewinner*innen werden nur für die Zustellung der Gewinne verwendet und nicht gespeichert oder an Dritte weitergegeben.

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